Riester-Rente : So geht Riestern ohne Risiko
Gerade wurden die Renten wieder einmal erhöht: Über 4,57 Prozent mehr Geld können sich die Älteren seit Anfang Juli freuen. Und die Jungen? Für sie dürften in den kommenden Jahren leider nur die Beiträge steigen. Junge Menschen werden deutlich mehr Geld in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen müssen, um die wachsende Zahl an Rentnerinnen und Rentnern zu finanzieren. Private Altersvorsorge wird daher wichtiger denn je. Aber was ist sinnvoll, und sollte man trotz aller Kritik doch noch auf die Riester-Rente setzen? Wir zeigen, was zu beachten ist.
Was können junge Menschen unter 40 Jahre von der gesetzlichen Rente noch erwarten?
Rentenexperten sind sich einig: Eine Grundabsicherung wird es im gesetzlichen Umlagesystem auch in Zukunft für die Menschen geben, die viele Jahrzehnte eingezahlt haben. Aber die Basisabsicherung reicht nicht, um den Lebensstandard zu halten. Schon das heutige Rentenniveau von 48 Prozent reicht für viele nicht aus: 2022 bekamen Rentner durchschnittlich 1.278 Euro gesetzliche Rente pro Monat und Rentnerinnen im Schnitt 1.072 Euro. Bei diesen Angaben handelt es sich um den sogenannten Rentenzahlbetrag, bei dem die Eigenbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentnerinnen und Rentner bereits abgezogen sind. Auch Jüngere unter 40 Jahre können mit einer gesetzlichen Rente in dieser Höhe rechnen. Eine Studie des Berliner Prognos-Instituts im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft prognostiziert etwa, dass die Durchschnittsrente im Jahr 2040 bei knapp 1.600 Euro liegen könnte, was, berücksichtigt man die Kaufkraftverluste, etwa dem heutigen Niveau entspricht – allerdings ohne Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern. Denn wer 2040 in Rente geht, muss seine Rente voll versteuern. Die heutigen Rentner sind davon noch (teilweise) befreit.
Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Nach dem Renteneintritt der Babyboomer entspannen sich die demografische Entwicklung und das Verhältnis von Rentnerinnen und Beitragszahlenden in den Jahren ab 2045 voraussichtlich wieder. Sprich: Derzeit deutet vieles darauf hin, dass das gesetzliche Umlagesystem nur temporär eine demografische Schieflage haben wird. Für junge Menschen bedeutet dies, dass sie einerseits Vertrauen in die gesetzliche Rente haben können. Sie müssen aber trotzdem mehr Beiträge bezahlen als ältere Generationen vor ihnen. Und sie werden wohl zusätzlich eine Versorgungslücke haben, die sie privat ausgleichen sollten. Die Deutsche Rentenversicherung beziffert die Rendite im gesetzlichen Umlagesystem übrigens auf durchschnittlich drei Prozent.
Wie berechnet man seine Rentenlücke?
Um die Versorgungslücke berechnen zu können, muss man wissen, welche monatliche Rente man erwarten kann und wie viel Geld die anderen Altersvorsorgeprodukte einbringen. Die erste Zahl ist schnell ermittelt: Die Deutsche Rentenversicherung verschickt einmal im Jahr automatisch eine Renteninformation an alle Versicherten, die mindestens 27 Jahre alt sind und fünf Jahre Beitragszeit erworben haben. Wer eine staatlich geförderte Altersvorsorge abgeschlossen hat, also eine sogenannte Riester- oder Rürup-Rente bei Selbstständigen, wird ebenfalls einmal im Jahr informiert; auch nicht geförderte private Rentenversicherungen versenden einmal im Jahr so eine Übersicht. Wer außerdem eine betriebliche Altersvorsorge hat, sollte ebenfalls regelmäßig informiert werden – oder man fragt bei seinem Arbeitgeber nach.
Es gibt zahlreiche Rentenlückenrechner, die auf Basis dieser Informationen ausrechnen, wie viel Geld im Alter fehlt, um den gewünschten Lebensstandard zu halten. Die Tools funktionieren alle ähnlich und beziehen auch Steuern und die voraussichtlich zu erwartenden Rentenhöhen aus der gesetzlichen Altersvorsorge mit ein. So lässt sich dann auch berechnen, wie viel man monatlich sparen müsste, um auf die Wunschrente zu kommen. Bei der Berechnung sollte man beachten, dass einige Rentenlückenrechner künftige Kaufkraftverluste nicht abbilden. Und wer das Tool einer Versicherung oder einer Bank benutzt, sollte daran denken, dass diese Angebote auch dem Vertrieb der eigenen Produkte dienen.
Wie kann man privat vorsorgen?
Private Altersvorsorge ist auf verschiedene Weise möglich und vor allem über kapitalgedeckte Finanzprodukte, sofern man nicht eine Immobilie kaufen will. Das können private Rentenversicherungen – meist Lebensversicherungen – oder ETF-Sparpläne sein.
Bei einer Lebensversicherung entscheidet man sich für ein Finanzprodukt, das von einer Versicherung angeboten wird. Hier kann man wählen, ob man die angesparte Summe am Ende der Ansparphase auf einen Schlag oder monatlich als Rente erhalten möchte – ist Letzteres der Fall, spricht man von einer privaten Rentenversicherung. Die Produkte sind nicht staatlich gefördert, was das Ganze flexibler macht. Man kann sich zum Beispiel kurz vor Rentenbeginn bei der Auszahlung doch noch umentscheiden und sich statt einer monatlichen Rente die gesamte Summe oder einen Teil sofort auszahlen lassen. Flexibel ist diese Form, weil man in der Ansparzeit zum Beispiel die Einzahlungen reduzieren und oft auch schon vor Vertragsende über einen Teil des Kapitals verfügen kann. Die Anbieter lassen sich die Flexibilität aber etwas kosten. Bei den Steuern gibt es eher Vorteile: Weil man aus dem Nettogehalt anspart, muss man das Kapital im Alter nicht nochmals versteuern – sondern nur die Erträge.
Wer sich für die monatlichen Rentenzahlungen entscheidet, muss rechnen: Die meisten Anbieter verwenden niedrige Rentenfaktoren, sprich: Man bekommt nur wenig raus und müsste recht alt werden, um das eingezahlte Geld wieder rauszubekommen. Auf die Details kommt es auch bei der Form der Rentenversicherung an. Es gibt immer noch klassische Versicherungen auf dem Markt, die mit fixen Zinssätzen arbeiten. Weil diese meist sehr niedrig sind, ist das eher nicht zu empfehlen. Verbreiteter sind mittlerweile fondsgebundene Versicherungen, bei denen man darauf achten sollte, dass eine Garantie enthalten ist.
ETFs sind vor allem für jüngere Menschen interessant, denn man sollte sich schon 20 Jahre Zeit zum Ansparen nehmen. ETFS sind Aktienindexfonds, sie bilden also einen Börsenindex nach. Daher profitiert man bei langen Zeiträumen vom Zinseszinseffekt. Das geht so: Fondsgesellschaften kaufen mit dem Geld der Anlegerinnen und Anleger Wertpapiere der Unternehmen, die in einem Index enthalten sind – zum Beispiel dem Dax oder Weltaktienindex MSCI World. Mit einem ETF-Sparplan spart man monatlich automatisch eine bestimmte Summe. Einmal eingerichtet, funktioniert das Ganze wie ein Dauerauftrag. Viele Anbieter wollen allerdings eine feste Mindestsparrate von bis zu 50 Euro monatlich. Wenn man auf eine breite Zusammensetzung des ETF achtet, sollten sich Risiken und Verluste ausgleichen. Der große Vorteil am ETF-Sparen ist neben dem Zinseszinseffekt auch die Flexibilität. Man kann schnell über das Geld verfügen. Allerdings müssen die Gewinne aus dem ETF-Sparplan als Einkommen versteuert werden, sofern sie über dem Freibetrag von 1.000 Euro liegen. Beachten sollte man auch, dass man das Depot nicht auf einen Schlag verkaufen sollte – denn auf Veräußerungsgewinne werden ebenfalls Steuern fällig.
Für wen lohnt sich noch eine Riester-Rente?
Die staatlich geförderte Riester-Rente ist trotz aller Kritik immer noch eine beliebte private Altersvorsorge. Aktuell gibt es rund 15,2 Millionen Riester-Verträge. Ein Riester-Vertrag lohnt sich für Menschen mit geringem Einkommen und mehreren Kindern wegen der hohen Zulagen, die mit der Zahl der Kinder steigen. Auch ein Riester-Vertrag beinhaltet in der Regel einen Fondssparplan oder eine Rentenversicherung. Es gibt aber einige Regeln, die das Ganze unflexibel machen: Man kann zum Beispiel nur maximal 30 Prozent der angesparten Summe auf einen Schlag zum Rentenbeginn ausgezahlt bekommen. Und obwohl man die Riester-Rente aus dem Nettogehalt anspart, muss man sie später versteuern. Der Grund dafür ist die staatliche Förderung. Weil die Produkte kompliziert, in der Regel teuer, nicht flexibel und oft renditeschwach sind, sollten insbesondere junge Menschen, die noch keine Kinder haben, keinen Riester-Vertrag in Betracht ziehen. Sie profitieren mehr vom ETF-Sparen oder dem Kauf einer Immobilie. Sinnvoll ist ein Riester-Vertrag für Menschen mit geringem Einkommen und mehreren kleinen Kindern. In diesem Fall hat man von den hohen Zulagen einen finanziellen Vorteil.
Woran erkennt man einen schlechten Riester-Vertrag?
Man sollte seinen Vertrag gründlich prüfen und auch die Abrechnungen der vergangenen Jahre checken. Die jährlichen Mitteilungen enthalten Angaben darüber, was man bisher eingezahlt hat, wie hoch das bisherige Guthaben ist und welche Zulage gewährt wurde. Wichtig ist auch ein Blick auf die Auflistung der Kosten und Gebühren. Man sollte immer mehr Guthaben haben, als man bislang eingezahlt hat. Schrumpft das Kapital hingegen, ist das ein Zeichen für einen ungünstigen Vertrag – dann sind die Kosten des Anbieters zu hoch.
Eine Rolle spielt dabei auch, wie lange man den Riester-Vertrag schon hat. Gerade bei neueren Verträgen werden zu Beginn der Ansparphase hohe Gebühren fällig. Skeptisch sollte man werden, wenn das Produkt ein Minus erwirtschaftet, obwohl man die Riester-Rente schon seit über zehn Jahren bespart. Beitragzahler sollten außerdem in die sogenannten Produktinformationsblätter schauen, die seit einigen Jahren einheitlich und auch vorgeschrieben sind. Wer die Übersicht aus den vergangenen Jahren nicht mehr hat, kann sie vom Anbieter erneut anfordern – in der Regel ist das kostenlos.
Wann ist es sinnvoll, die Riester-Rente stillzulegen, und wann, zu kündigen?
Viele Sparer stellen ihren Vertrag irgendwann beitragsfrei. Das kommt zum Beispiel infrage, wenn die Kinder groß sind (also man kein Kindergeld mehr für sie bekommt) und die Zulagen daher wegfallen und ein Weitersparen des Vertrags zu wenig abwirft. Stillegen ist dann oft die beste Option. Man kann die bisherige Sparrate anderweitig anlegen, etwa in Aktien. Aber man verliert das bisher angesparte Kapital aus der Riester-Rente nicht. Dann erhält man zwar keine Förderung mehr, aber die bereits erhaltenen Zulagen und Steuervergünstigungen gehen nicht verloren. Auch das eingezahlte Kapital wird weiter verzinst, und meistens kann der Vertrag auch später wieder fortgeführt werden, wenn man es sich anders überlegt. Risikolos ist die Stilllegung aber nicht: Es fallen unter Umständen Jahr für Jahr weiter Gebühren an, die die angesparte Summe aufzehren können. Eine Kündigung ist meistens die schlechteste Variante. In diesem Fall muss man alle gewährten Zulagen und Steuervorteile an den Staat zurückzahlen – oft hat man dann sogar ein Minus gemacht. Mitunter schlagen die Anbieter aber auch vor, den Riester-Vertrag umzuwandeln, zum Beispiel in einen Wohn-Riester oder einen Riester-Fondssparplan. Davon sollte man derzeit aber eher die Finger lassen, da eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge noch in dieser Wahlperiode erfolgen soll. Eine Arbeitsgruppe hatte dazu auch schon vor einigen Monaten im Finanzministerium Vorschläge gemacht.
Welche private Altersvorsorge lohnt sich für wen?
Die gesetzliche Rentenversicherung wird auch in Zukunft eine Basisabsicherung bieten. Zugleich sollte man zusätzlich privat vorsorgen. Menschen mit geringem Einkommen und mehreren Kindern können eine Riester-Rente abschließen. Wer nur wenig Geld hat, kann meist sowieso kaum sparen, aber bei der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge bekommt man für den Mindestbeitrag von 60 Euro im Jahr die Grundzulage in Höhe von 175 Euro. Für jedes kindergeldberechtigte Kind, das ab 2008 zur Welt kam, gibt es 300 Euro Zulage, für noch ältere Kinder 185 Euro.
Ein ETF-Sparplan ist sinnvoll für alle, die mindestens 15 Jahre lang anlegen können und 50 Euro oder mehr pro Monat zurücklegen möchten. Alles, was man dafür braucht, ist ein Aktiendepot, das es entweder kostenlos oder zu günstigen Konditionen bei Direktbanken gibt. Eine einfache Anleitung, wie die private Rentenvorsorge mit ETFs funktioniert, gibt es auf den Seiten der Stiftung Warentest und bei Finanztip. Im Schnitt bringt ETF-Sparen zwischen sieben bis acht Prozent Rendite, es kann aber auch mehr – allerdings auch weniger sein. Man muss sich außerdem etwas in das Thema Steuern und Kapitalanlage einlesen.
Eine private Rentenversicherung kann sinnvoll sein für Menschen, die bereits mehrere Bausteine für die Altersvorsorge haben, also eine Immobilie besitzen oder erben, eine Betriebsrente haben und vielleicht auch schon ETF-Sparpläne. Wer sich für die Rentenversicherung entscheidet, muss die Angebote gut vergleichen und braucht etwas Zeit, um das Beste zu finden. Alternativ kann man einen unabhängigen Honorarberater beauftragen. Die Verbraucherzentralen helfen, einen Berater zu finden. Die Rendite bei privaten Lebensversicherungen zur Altersvorsorge ist oft aber nicht sehr hoch.