Riesiger Kupferbedarf: Warum China Europas Schrott-Markt leerkauft

Die Nachfrage nach Kupfer wird in den nächsten Jahren weiter kräftig wachsen. Für den Hamburger Kupferkonzern Aurubis ist das eine gute Prognose, zumal alle Analysten auch eine stark steigende Nachfrage für Silber, Gold, Zinn und Tellurium vorhersagen. Diese Metalle fallen in Prozessen der Kupferherstellung quasi als wertvolles Nebenprodukt an. Diese besondere Kompetenz als Multimetall-Spezialist will Aurubis in den nächsten Jahren noch weiter ausbauen, wie der Vorstandsvorsitzende Toralf Haag bei der Vorlage der Jahreszahlen betonte.

Einfach ist das Wirtschaften in Zeiten solch kräftiger Nachfrage aber nicht. Vor allem die Marktmacht Chinas macht Aurubis zu schaffen – weil die Chinesen selbst so viel Kupfer brauchen, dass sie ihren Bedarf auch mithilfe von Schrott aus Europa decken. Von hier aus wurden nach Analystenschätzungen im vorigen Jahr 640.000 Tonnen Recyclingmaterial exportiert, 60 Prozent davon nach China.

„Wir fordern Zölle ein, denn die Recyclingmaterialien werden dringend hier gebraucht“, sagte Haag gegenüber Journalisten und verwies auf den hohen Bedarf, etwa für die Energiewende. Für ein einziges Windrad seien bis zu 40 Tonnen Kupfer nötig. Die Gespräche mit der EU liefen zäh, berichtete Haag: „Aber wir lassen nicht nach.“ Es gelte, die Resilienz zu stärken, denn nicht nur China, sondern auch Indien baue den Einfluss auf die Rohstoffmärkte aus.

Börsenwert um 60 Prozent gestiegen

Die Rohstoffversorgung sei aber beherrschbar, betonte Finanzvorstand Steffen Hoffmann. Aurubis profitiere von lang laufenden Verträgen. Die im M-Dax notierte Aktie, deren Kurs seit Januar von gut 70 Euro auf 120 Euro gestiegen ist, legte in der Spitze um mehr als vier Prozent auf den Rekordwert von 123,50 Euro zu. Der Börsenwert der Hamburger beträgt jetzt rund 5,5 Milliarden Euro, das sind 60 Prozent mehr als zu Beginn des Jahres. Damit haben die Aurubis-Aktien mehr als dreimal so stark zugelegt wie der europäische Sektor der Rohstoffproduzenten. Zu den großen Aktionären von Aurubis gehört der als Drogerie-Unternehmer wie auch als Buchautor bekannte Dirk Roßmann, der nach zwischenzeitlichen Verkäufen zuletzt ein Aktienpaket von mehr als 20 Prozent meldete.

Die Aktionäre profitieren nicht nur von Kursgewinnen. Sie dürften für das Geschäftsjahr 2024/2025, das am 30. September endete, auch mit einer von 1,50 auf 1,60 Euro steigenden Dividende rechnen – obwohl das Vorsteuerergebnis um 14 Prozent auf 355 Millionen Euro schrumpfte. Auch das operative EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) ging um fünf Prozent zurück. Deutlich schlechter ist auch die Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE), die von 11,5 auf 8,8 Prozent zurückging. Der Umsatz stieg um sieben Prozent auf 13,4 Milliarden Euro. Dank eines milliardenschweren Investitionsprogramms sieht sich Aurubis für die Zukunft deutlich besser aufgestellt. Von den Vorhaben, die insgesamt 1,7 Milliarden Euro kosten, ist mittlerweile der größte Teil abgearbeitet, betonte Finanzvorstand Hoffmann. Aus Investorensicht bedeutet das: Der Geldabfluss für diese Agenda wird nach diesem Geschäftsjahr so gut wie beendet sein. Dann soll die Ernte eingefahren werden. Vom Geschäftsjahr 2028/29 an soll dann das operative Ergebnis um jährlich etwa 260 Millionen Euro höher liegen.

Einer der Meilensteine in dem Kontext war für Aurubis der Produktionsstart am neuen US-Standort in Richmond, wo künftig 180.000 Tonnen Recyclingmaterial im Jahr verarbeitet werden sollen. Aktuell importieren die USA die Hälfte des eigenen Kupferbedarfs von zwei Millionen Tonnen, heißt es in Hamburg. Man prüfte daher gezielt weitere Expansionsmöglichkeiten in Nordamerika. In den angestammten Märkten investiert Aurubis vorwiegend in Effizienz und Nachhaltigkeit. Im Hamburger Werk, wo Aurubis jahrelang von Betrügern und Dieben ausgenommen wurde, wurde die Produktprüfung automatisiert und somit sicherer gemacht. Ebenfalls in Hamburg entsteht eine neue Recyclinganlage.

Für künftige Investitionen in Hamburg zeigte sich Aurubis-Chef Haag aber zurückhaltend. Der Hintergrund: In einem Volksentscheid haben die Hamburger die Weichen dafür gestellt, dass die Stadt schon bis zum Jahr 2040 CO2-neutral aufgestellt ist, fünf Jahre früher als bisher geplant. Die dafür notwendigen Technologien – etwa in der Wasserstoffanwendung – seien aber teilweise gar nicht rechtzeitig verfügbar, erläuterte Haag seine Vorbehalte. Das Hüttenwerk von Aurubis habe einen um 60 Prozent niedrigeren CO2-Fußabdruck als der Durchschnitt der Branche, fügte er hinzu. Zusatzaufwendungen könne man im globalen Markt aber nicht an die Kunden weitergeben.