Rezession: Deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 erneut – Bundesregierung senkt Konjunkturprognose – WELT

Die Bundesregierung rechnet für 2024 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Damit korrigiert sie ihre Prognose für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts deutlich nach unten, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin sagte. Noch im Frühjahr war sie von einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent ausgegangen.

Bereits im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft preisbereinigt um 0,3 Prozent geschrumpft, nun dürfte das Jahr erneut in der Rezession enden. „Neben konjunkturellen Risiken schlagen jetzt die strukturellen Probleme Deutschlands zu Buche, und das inmitten großer geoökonomischer Herausforderungen“, erklärte Habeck dazu und nannte Faktoren wie die Folgen des demografischen Wandels, eine schwierige Wettbewerbsposition Deutschlands sowie die „anhaltend schwache Nachfrage aus dem In- und Ausland“.

Zu Beginn des kommenden Jahres rechnet die Regierung dann wieder mit einer Belebung des privaten Konsums, einer Erholung der Nachfrage nach Industriegütern und mehr Investitionen. Positiv zu bewerten seien bereits jetzt die deutlich abgeschwächte Inflation, gestiegene Einkommen und sinkende Zinsen. Das alles werde den Konsum ankurbeln.

Für 2025 rechnet die Regierung mit einem Wachstum von 1,1 Prozent – statt 1,0 Prozent in ihrer Frühjahrsprognose. Im Jahr 2026 dürften es dann 1,6 Prozent sein.

Entscheidend sei, „dass die Wachstumsinitiative jetzt voll umgesetzt wird“, erklärte Habeck mit Blick auf das geplante Wirtschaftspaket der Bundesregierung. „Auch die Bundesländer sind aufgerufen, hier ihren Beitrag zum Wachstum zu leisten.“ Die „Wachstumsinitiative“ umfasst 49 Maßnahmen, etwa finanzielle Anreize für Überstunden, Verlängerungen von Maßnahmen für niedrigere Strompreise, eine bessere Betreuung von Kindern und eine Neuregelung der Steuerklassen.

Das reiche aber noch nicht, „damit Deutschland nachhaltig auf den Wachstumspfad zurückkehrt“, sagte der Vizekanzler. Deshalb setze er sich etwa für eine deutliche und verlässliche Senkung der Netzentgelte ein. Nicht zuletzt müsse neben der Bundesregierung auch die neue EU-Kommission den Bürokratieabbau anpacken.

So reagieren die Wirtschaftslenker

Aus der deutschen Wirtschaft selbst kommen angesichts der Prognose Rufe nach einem Befreiungsschlag durch die Bundesregierung. „Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es in Deutschland bislang nur einmal. Das war 2002 und 2003, während der letzten Strukturkrise“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), in Berlin. „Faktisch tritt die Wirtschaftsleistung seit fünf Jahren auf der Stelle.“ Das Bruttoinlandsprodukt liege gerade mal einen halben Prozentpunkt über dem Wert vor der Corona-Pandemie. „Die Investitionen haben noch nicht einmal das Niveau von 2019 erreicht.“

Die Regierung müsse deswegen kraftvoll gegensteuern. „Die Wachstumsinitiative kann hier nur der Auftakt sein.“ Sie umfasst 49 Einzelmaßnahmen, um den Standort zu verbessern, zum Beispiel stärkere Abschreibungsmöglichkeiten und mehr Arbeitsanreize. „Weitere umfassende Reformpakete sind nötig, damit die Investitionen anspringen.“

Ähnlich äußerte sich der Verband der Familienunternehmer. Die Unternehmenssteuern müssten gesenkt, die Energiepolitik neu aufgestellt und die Sozialversicherungen reformiert werden. „Keine andere Industrienation steckt in der Rezession fest, dieser Niedergang ist hausgemacht“, sagte Verbands-Präsidentin Marie-Christine Ostermann. Die Bilanz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei größtenteils desaströs. Er dürfe nicht schweigen zu der „Explosion der Lohnzusatzkosten“, also steigenden Beitragssätzen in der Pflegeversicherung und für das Rentensystem.

Die Bundesregierung rechnet damit, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 0,2 Prozent schrumpfen wird – und nicht wie bislang von der Ampel erwartet um 0,3 Prozent wachsen. 2023 war die Wirtschaftsleistung bereits um 0,3 Prozent zurückgegangen.

Source: welt.de