Reichsbürgerprozess: Weitere Razzia im Zusammenhang mit Reichsbürgergruppe um Prinz Reuß

Kurz vor Auftakt des Prozesses gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und
acht weitere Angeklagte wegen mutmaßlicher Putschpläne hat es erneut
eine Razzia gegeben. Der Generalbundesanwalt ließ am Donnerstag zwei
Wohnungen im niedersächsischen
Landkreis Harburg durchsuchen. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde
auf Nachfrage.

Die Bundesanwaltschaft wirft einer Gruppe um Prinz Reuß vor, einen
bewaffneten Umsturz vorbereitet zu haben, um „die bestehende staatliche
Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene,
bereits in Grundzügen ausgearbeitete
Staatsform zu ersetzen“. Um den Frankfurter Geschäftsmann hatte sich
ein weitläufiges Netzwerk aus sogenannten Reichsbürgern, Esoterikern und
Anhängern von Verschwörungsmythen geschart. Teile der Gruppe sollen den
Ermittlungen zufolge auch einen bewaffneten
Sturm des Reichstagsgebäudes geplant haben.

Nach Informationen von ZEIT ONLINE richtete sich die Durchsuchung am
Donnerstag gegen den am Oberlandesgericht Frankfurt Angeklagten
Hans-Joachim H. sowie eine nicht verdächtigte Person. Die
Bundesanwaltschaft wirft dem 66-Jährigen
vor, Mitglied in der Gruppe um Prinz Reuß gewesen zu sein und sie mit
mehr als 160.000 Euro unterstützt zu haben. Der Mann soll sich an
mehreren konspirativen Treffen beteiligt haben, bei denen es etwa um die
Rekrutierung weiterer Mitglieder ging.

Im Dezember hatte der Generalbundesanwalt in dem Mammutverfahren
mutmaßliche Mitglieder und Unterstützter vor gleich drei
Oberlandesgerichten angeklagt. Der Prozess in Stuttgart hat bereits
begonnen,
in Frankfurt ist für den Dienstag der erste Verhandlungstag angesetzt,
in München soll der Prozess am 18. Juni beginnen.

Anders als der Großteil der anderen Angeklagten war H. nicht bereits
im Dezember 2022, sondern erst im Mai vergangenen Jahres festgenommen
worden. Seither sitzt er wie seine mutmaßlichen Komplizen in
Untersuchungshaft. Bei den Durchsuchungen
am Donnerstag suchten Ermittler des Bundeskriminalamts nach
Informationen von ZEIT ONLINE unter anderem nach zwei USB-Sticks, die H.
laut Aussagen eines Zeugen in einem Treppengeländer in seinem Haus
versteckt haben könnte – möglicherweise, weil er durch die
früheren Razzien vorgewarnt gewesen war. Die Ermittler hoffen offenbar
unter anderem, Aufzeichnungen des Angeklagten zu finden, der bisher zu
den schweren Vorwürfen gegen ihn schweigt. Sein Verteidiger ließ eine
Anfrage von ZEIT ONLINE am Freitag unbeantwortet.

Ab Dienstag soll sich Hans-Joachim H. dann vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten. Dort sind neben Prinz Reuß auch die
früheren Bundeswehrangehörigen Rüdiger von Pescatore und Maximilian
Eder sowie die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete
und Richterin Birgit Malsack-Winkemann angeklagt. Die
Bundesanwaltschaft wirft ihnen Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung, Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens sowie
einzelnen Angeklagten Verstöße gegen das Waffengesetz vor.

Nach Angaben des Oberlandesgerichts Frankfurt, das Termine bis in den
Januar 2025 festgesetzt hat, füllen die Akten zu dem Verfahren bereits
jetzt mehr als 800 Ordner. Aufgrund der vielen Verfahrensbeteiligten hat
das Gericht eigens für den Prozess eine Leichtbauhalle am Rande eines Industriegebietes im
Frankfurter Stadtteil Sossenheim errichten lassen.