Rechtsextremismus: Christian Wulff kritisiert AfD zusammen mit Gedenken an Buchenwald-Befreiung

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hat zum 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau Dora zu aktivem Engagement für die Demokratie aufgerufen und vor der AfD gewarnt. „Die Verharmloser der AfD ignorieren, dass die AfD mit
ihrer Ideologie den Nährboden bereitet, dass sich Menschen in
Deutschland unwohl fühlen und tatsächlich konkret gefährdet sind“, sagte das ehemalige Staatsoberhaupt in seiner Rede beim Gedenkakt. 

Jene,
die glaubten, man könne die AfD entzaubern durch Einbindung, lägen
falsch. „Wer sich nicht konsequent abgrenzt, der macht sich schuldig gegenüber dem Schwur von Buchenwald“, sagte Wulff mit Blick auf die in Teilen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte AfD.

Wulff erinnerte an die zehntausenden Menschen, die Deutsche in den beiden Konzentrationslager industriell ermordet haben. „Wir tragen hieraus eine dauernde, fortwährende,
ewige Verantwortung, denn das Böse darf niemals wieder siegen“, sagte Wulff. Das sei angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen besonders wichtig. „Aufgrund der Verrohung und
der Radikalisierung und eines weltweiten Rechtsrucks kann ich mir
inzwischen – und das macht mich beklommen – deutlicher vorstellen, wie
das damals geschehen konnte.“

In das KZ Buchenwald bei
Weimar und seine 139 Außenlager hatten die Nationalsozialisten seit dem
Sommer 1937 etwa 280.000 Menschen verschleppt. 56.000 Menschen wurden
ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten, durch Zwangsarbeit oder
medizinische Experimente. Am 11. April 1945 erreichten US-Truppen das
Lager.

Wulff äußert sich auch zur Ausladung Omri Boehms

Wulff nahm in seiner Festrede auch Bezug zu der Kontroverse um eine
eigentlich beim Gedenkakt geplante und dann verschobene Rede des
deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm: „Ich sehe ihn als Anwalt
universeller Menschenwürde mit Ziel der Gerechtigkeit, Verständigung und
Versöhnung.“ Er und Boehm verstünden aber „die Empfindsamkeit
angesichts des undenklichen Leids der noch immer in den Händen der
Terrororganisation Hamas befindlichen israelischen Geiseln“. Zuvor hatte
Wulff in der Rede Dank gegenüber Israel geäußert dafür, dass der Staat
nach den NS-Verbrechen überhaupt dazu bereit war, den Deutschen wieder
die Hand zu reichen. 

Wenige Tage zuvor war
publik geworden, dass die Stiftung hinter der Gedenkstätte Buchenwald
eine ursprüngliche geplante Rede Boehms aus dem Programm des Gedenkakts
genommen hatte und ihn zu einem anderen Termin einladen will.
Hintergrund ist scharfe Ablehnung aus der israelischen Botschaft in Deutschland gegen
Boehm. Der Enkel einer Holocaust-Überlebenden hatte sich kritisch zur
Erinnerungskultur, zur israelischen Gedenkstätte Yad Vashem und zur
israelischen Politik geäußert. 

Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner
hatte erklärt, er habe durch die Verschiebung der Rede verhindern
wollen, dass die Überlebenden weiter in den Konflikt hineingezogen
würden. Die Überlebenden sollten im Mittelpunkt stehen, nicht die
Debatte um die Rede. Gleichzeitig hatte Wagner die Einflussnahme der israelischen Botschaft kritisiert. Im vergangenen Jahr erhielt Boehm den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.