Recherchen zu Butscha und Putin: Russland bürgert kritischen Journalisten aus
Recherchen zu Butscha und PutinRussland bürgert kritischen Journalisten aus
23.12.2025, 22:13 Uhr
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Das Exil-Medium „Important Stories“ gehört zu den wenigen russischen Stimmen, die sich offen gegen den Krieg in der Ukraine stellen. Mit Recherchen über Putins mutmaßliche Tochter oder das Massaker von Butscha sorgte das Portal international für Aufsehen. Nun geht Moskau hart gegen den Verleger des Mediums vor.
Russland hat dem Journalisten Roman Anin wegen angeblicher Diskreditierung der Streitkräfte die Staatsbürgerschaft entzogen. Die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde hätten sich wegen der von Anin begangenen „Verbrechen“ zu diesem Schritt entschieden, teilte das Innenministerium der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge mit.
Anin ist Mitgründer, Verleger und ehemaliger Chefredakteur des unabhängigen Exil-Mediums „Important Stories“ („Wichtige Geschichten“) mit Sitz in der lettischen Hauptstadt Riga. Aufsehen erregten unter anderem Recherchen des Mediums über die mutmaßliche Tochter von Kremlchef Wladimir Putin und die Mitarbeit an dem internationalen Projekt zur Enthüllung von Steueroasen, bekannt als „Pandora Papers“. Das Portal ist auf Russisch und Englisch verfügbar.
„Dazu kann ich nur ‚Danke‘ sagen“
Der Journalist reagierte mit klaren Worten auf die Entscheidung der Behörden. In einem Statement sprach er von einem „barbarischen Angriffskrieg“ Russlands gegen die Ukraine, in dem ganze Städte zerstört und Zivilisten gezielt angegriffen würden. Zugleich warf er dem Kreml schwere Repressionen im eigenen Land vor und beschrieb Russland als ein System, in dem politische Gegner vergiftet, gefoltert oder ermordet würden. Das Land habe sich in ein „regelrechtes Konzentrationslager“ verwandelt, schrieb Anin. Die Aberkennung seiner Staatsbürgerschaft kommentierte er mit Worten: „Dazu kann ich nur ‚Danke‘ sagen“.
Die russischen Behörden haben „Important Stories“ bereits 2021 als Auslandsagenten eingestuft. Kurz nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 setzten sie das Portal auf die Schwarze Liste unerwünschter Organisationen und verboten es damit praktisch.
Verfolgung wegen Butscha-Recherche
Anin wurde 1986 in der damaligen Sowjetrepublik Moldau geboren und bekam 2006 die russische Staatsbürgerschaft. Im März 2025 verurteilte ein Moskauer Gericht ihn und eine weitere Journalistin des Mediums in Abwesenheit zu jeweils 8,5 Jahren Freiheitsstrafe wegen der „wissentlichen Verbreitung von Falschinformationen über die russischen Streitkräfte“. Als ein solches Vergehen werden in Russland alle Berichte über das Vorgehen der eigenen Armee im von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine verstanden, die nicht in Moskaus Narrativ passen.
Die Strafverfolgung basierte auf drei Videos, die 2022 von „Important Stories“ veröffentlicht wurden. Darunter waren zwei Nachrichtenbeiträge zum Ukraine-Krieg sowie eine Recherche über das Massaker von Butscha, das die russische Armee in den ersten Wochen der Invasion verübte. Dabei gelang es „Important Stories“, mehrere Soldaten zu identifizieren, die an den Taten beteiligt gewesen sein sollen.
Source: n-tv.de