Ratschlag an Deutschland: IWF empfiehlt Lockerung jener Schuldenbremse
Der Druck auf Bundesfinanzminister Christian Lindner wächst, eine Lockerung der Schuldenbremse nicht weiter zu blockieren. Nachdem SPD und Grüne schon länger auf eine in diese Richtung zielende Reform dringen und sich zuletzt die Bundesbank in diesem Sinne geäußert hat, schaltet sich nun der Internationale Währungsfonds in die deutsche Debatte ein.
Er empfiehlt, den Kreditrahmen um etwa ein Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung auszuweiten, das wären derzeit 40 Milliarden Euro. Nach der Regelung im Grundgesetz darf sich der Bund in normalen Zeiten mit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden. Die Bundesländer hatten bei der Reform überraschend auf den ihnen zugedachten Spielraum verzichtet.
Der Fonds sieht Deutschland einem steigendem Ausgabenbedarf ausgesetzt. Er verweist auf die mit der Alterung der Bevölkerung verbundenen Kosten und den steigenden Druck im Verteidigungsbereich. Zugleich hält er mehr öffentliche Investitionen für notwendig, um die Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energie, Kommunikation zu modernisieren.
„Um dem steigenden Ausgabenbedarf gerecht zu werden, sollten die Behörden eine moderate Lockerung der Schuldenbremse in Betracht ziehen“, heißt es in der Abschlusserklärung nach den üblichen Beratungen mit der Bundesregierung (Artikel-IV-Konsultationen). Grundsätzlich halten die Ökonomen des Währungsfonds Regeln zur Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme für sinnvoll, um sicherzustellen, dass die Verschuldung auf einem tragbaren Niveau bleibt. „Die deutsche Schuldenbremse ist jedoch relativ straff angesetzt, sodass die jährliche Obergrenze für die Nettokreditaufnahme um etwa 1 Prozentpunkt des Bruttoinlandsprodukts gelockert werden könnte“, meinen sie. Auch damit würde das Verhältnis von Staatsverschuldung zur Wirtschaftsleistung (Schuldenquote) auf einem Abwärtspfad bleiben. Eine solche Lockerung würde mehr Spielraum für dringend benötigte öffentliche Investitionen und andere wichtige Prioritäten schaffen.
Darüber hinaus regen die Ökonomen der in Washington sitzenden Institution an, umweltschädliche Subventionen in Deutschland abzubauen, den im Vergleich zu anderen EU-Ländern vorhandenen Spielraum bei den Verbrauchsteuern zu erhöhen, Immobilien stärker zu belasten und Schlupflöcher bei der Erbschaftsteuer zu schließen. Auch dies sind alles Maßnahmen, gegen die sich vor allem die FDP stemmt. Zugleich mahnt der Fonds Reformen der Sozialversicherungen an, um den dort zu beobachtenden Kostendruck in Grenzen zu halten, was wiederum SPD und Grüne weniger freuen dürfte. Der IWF schlägt vor, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln und das Rentenplus von der Inflation und nicht länger von den Gehaltstarifrunden abhängig zu machen.