Rakete explodiert während des Starts gen Shetlandinsel

Beim Start einer Testrakete auf dem schottischen Raumfahrtbahnhof Saxavord Space­port ist es zu einer großen Explosion gekommen. Ein Feuerball vernichtete die Rakete. Der Unfall bedeutet einen Rückschlag für das Raumfahrtunternehmen Rocket Factory Augsburg (RFA). Das deutsche Unternehmen teilte nach dem Vorfall am Dienstag mit, bei der Zündung der ersten Stufe der Rakete sei es zu einer Anomalie gekommen. Die Startrampe auf dem Saxavord Spaceport konnte aber gerettet werden und niemand sei verletzt worden, hieß es weiter von RFA.

Das Augsburger Start-up will als erstes Unternehmen auf dem neuen Raumfahrtbahnhof im äußersten Norden der Shetlandinseln Trägerraketen für Satelliten ins All schießen. Ein erster echter Start war für Oktober geplant gewesen. Dieser Zeitpunkt ist nun wohl nicht mehr zu halten.

Absturz in der Testphase

„Wir werden uns Zeit nehmen, die Situation zu analysieren und zu beurteilen“, schrieb RFA. Man arbeite eng mit dem Betreiber und den Behörden zusammen. Weitere Informationen könne man wohl erst in Tagen oder Wochen geben. Ein Sprecher von Saxavord Spaceport teilte mit: „Dies war ein Test, und Testkampagnen sind dafür entworfen worden, um Probleme vor der nächsten Phase zu erkennen.“ Alle Sicherheitsbestimmungen seien eingehalten worden, das Gelände sei vor dem Teststart komplett evakuiert worden. Vor drei Monaten wurde ein erster Test mit einer RFA-Rakete als Erfolg bezeichnet. Dabei hatte das Unternehmen die Triebwerke für etwa acht Sekunden befeuert, bevor sie abgeschaltet wurden.

Der Saxavord-Raumfahrtbahnhof liegt auf der Insel Unst im äußersten Norden von Schottland. Dass die Insel kaum besiedelt ist, gilt als Vorteil bei möglichen Unfällen. Früher war dort eine Radarstation der britischen Luftwaffe RAF untergebracht. Das Unternehmerehepaar Frank und Debbie Strang gründete den Raumfahrtbahnhof. Ende 2023 hat die zivile Luftfahrtbehörde die Genehmigung erteilt. Bis zu 30 Raketenstarts im Jahr sollen künftig von dort stattfinden. Neben der Rocket Factory Augsburg wollen das deutsche Unternehmen Hyim­pulse und Skyrora aus Schottland die Insel als Startplatz nutzen. Auch Lockheed Martin/ABL Space Systems hat entsprechende Pläne.

Der Markt für Satelliten, besonders für die Telekommunikation und für Erdbeobachtung, wächst stark. Es tummeln sich immer mehr Unternehmen für Satellitenträgerraketen. Saxavord soll der erste voll lizenzierte Raumfahrtbahnhof für vertikale Starts in Westeuropa sein. In Großbritannien gibt es in Cornwall schon einen Spaceport, doch sind dort nur horizontale Starts mit Flugzeugen möglich, die dann in einer zweiten Stufe die Trägerraketen starten. Dort scheiterte Anfang 2023 ein Raketenflug des Unternehmens Virgin Orbit von Richard Branson. Inzwischen hat Virgin Orbit den Betrieb eingestellt. In Schottland werden derzeit bis zu fünf Raumfahrtbahnhöfe geplant.

Abspaltung von OHB

Die im Jahr 2018 gegründete Rocket Factory Augsburg beschäftigt mehr als 300 Mitarbeiter aus 45 Ländern. Das Unternehmen ist eine Abspaltung des Bremer Raumfahrtunternehmens OHB, das weiterhin wesentlicher Anteilseigner ist. Vor einem Jahr stieg der amerikanische Finanzinvestor KKR mit 30 Millionen Euro ein. Diese Finanzspritze über eine Wandelanleihe diente der Entwicklung der Testrakete, die nun mit der Explosion einen Rückschlag erlitten hat. Im April 2022 belegte das Unternehmen den zweiten Platz beim „Microlauncher-Wettbewerb“ der Deutschen Raumfahrtagentur (DLR) und erhielt dafür 11 Millionen Euro Fördergelder der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

Der Entwicklung von kleinen Trägerraketen widmen sich in Deutschland auch das baden-württembergische Unternehmen Hyimpulse und die Isar Aerospace aus München. Die Raumfahrttechnologie wird von der Bayerischen Staatsregierung seit dem Jahr 2018 mit 700 Millionen Euro für zehn Jahre gefördert. Mit Oberpfaffenhofen und Ottobrunn gibt es schon zwei Zentren.

Anfang Mai war erstmals seit Jahrzehnten eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens gestartet. Es handelte sich um die mit Paraffin (Kerzenwachs) und flüssigem Sauerstoff angetriebene SR75, die Hyimpulse entwickelt hatte. Bei dem Teststart war nur eine Höhe von 60 Kilometern geplant. Die Grenze zum Weltraum wird erst offiziell jenseits von 100 Kilometern überschritten. An einem Testflug arbeitet auch Isar Aerospace an dem Startplatz im norwegischen Andøya. Als zusätzliche Motivation erhielt Isar Aerospace im Juni eine Kapitalspritze vom Sicherheitsbündnis NATO. Neben den bestehenden Investoren wie dem Wagniskapitalgeber Earlybird oder der Wagniskapitalgesellschaft des Airbus-Konzerns zählt seitdem auch der Innovationsfonds der NATO zu den Kapitalgebern. Es soll sich um die erste Beteiligung an einem Anbieter von Satellitenstartdiensten handeln.