Rachel Eliza Griffiths: Es beginnt mit jener Fingerpistole

Was unterscheidet Cinthy, Ezra und Ruby? Um das zu ergründen, schauen sie sich gegenseitig heimlich unter den Rock. Zwei von ihnen befinden sich bereits in der Pubertät, doch es ist nicht die Geschlechtsreife, die sie trennt: Ruby ist weiß, Cinthy und Ezra sind schwarz. Und obwohl die drei Freundinnen nach ihrem Experiment wissen, dass sie einander anatomisch gleichen, werden sie sich bald entfremden.

Es ist dieser zugleich sichtbare wie unsichtbare Grenzverlauf zwischen den Hautfarben, den die US-amerikanische Lyrikerin Rachel Eliza Griffiths in ihrem Debütroman Was ihr uns versprochen habt abschreitet. Im englischsprachigen Raum wurden ihre Gedichtbände bereits mehrfach ausgezeichnet, in Deutschland sind sie in Ermangelung von Übersetzungen weitgehend unbekannt. Wenn man hierzulande mit Griffiths überhaupt vertraut ist, dann womöglich aufgrund ihrer Ehe mit Salman Rushdie. Allein die Erwähnung dieser Tatsache ist natürlich etwas heikel, weil man die Autorin weder auf die Rolle der Ehefrau eines berühmten Mannes reduzieren will noch die Tatsache leugnen kann, dass glamouröse Schriftstellerpaare eine seltene Erscheinung im zumeist unglamourösen Literaturbetrieb sind. Jedenfalls verzichtet der Verlag in der Ankündigung von Griffiths’ Roman auf die Starpower von Rushdie, und beim Lesen versteht man schnell, warum: Sie verfügt über genügend eigene Strahlkraft.