Pleitewelle: Trumps Zölle treiben mehr Unternehmen in die Insolvenz

Der Kreditversicherer Allianz Trade rechnet mit noch mehr Insolvenzen im kommenden Jahr. Wegen des steigenden Risikos von Zahlungsausfällen erwartet Aylin Somersan Coqui, Chefin von Allianz Trade, einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen auf der Welt um fünf Prozent. Bisher war das Unternehmen für das Jahr 2026 von einem Anstieg um nur drei Prozent ausgegangen.

Als wichtigen Grund für diese Negativentwicklung sehen die Allianz-Fachleute die von den USA er­hobenen Einfuhrzölle, die vielen Exporteuren Probleme bereiten. Wegen der steigenden Zahl an Insolvenzen von Großunternehmen wachse die Gefahr von Dominoeffekten. Ende 2025 soll es laut Allianz nach einem Anstieg um sechs Prozent zu einem Höchststand an Insolvenzen kommen.

Effektiver Zollsatz von geschätzt 14 Prozent

Die USA erheben seit dem Frühjahr zum Teil sehr hohe Zölle, die sich aber je nach Exportland und Branche stark unterscheiden. Nach Einschätzung von Allianz Trade wird sich der effektive Satz dieser Zölle gegen Ende 2025 um 14 Prozent einpendeln. Dabei haben die Zölle je nach Land ganz unterschied­liche Folgen für die dortigen Unternehmen und das Insolvenzgeschehen. So seien in den USA die Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr sogar um vier Prozent gesunken, weil die Zölle US-Anbieter vor ausländischen Konkurrenten geschützt haben.

Internationale Anbieter mussten ihre Waren in den USA wegen der Zölle zum Teil zu höheren Preisen verkaufen oder über Länder wie Indien, Vietnam oder Mexiko umleiten, um Zollbelastungen zu reduzieren. Das spielte den im wichtigen US-Markt ansässigen Anbietern in die Hände, die ihre Produkte nicht verzollen müssen. Exporteure haben die Zölle entweder geschluckt oder an die amerikanischen Konsumenten überwälzt, was die Folgen für US-Unternehmen ebenfalls abmilderte.

Negativ wirken die Zölle laut Allianz-Studie auf andere exportabhängige Länder. „Im schlimmsten Fall könnte es in Kanada zu 1900 zusätzlichen Insolvenzen kommen, in Frankreich zu 6000, in Spanien zu bis zu 2900 und in den Niederlanden zu 700“, warnt Maxime Lemerle, Leiter der Insolvenzforschung bei Allianz Trade. Im Vergleich dazu nur geringfügigere Auswirkungen seien für Großbritannien, Italien, Belgien und Deutschland zu erwarten. Diese Länder sind zwar auch exportaffin, haben ihre Märkte aber unter Umständen besser diversifiziert, sodass sie weniger stark von den USA abhängen. Oder sie verfügen über eine stärkere Nachfrage im eigenen Land sowie stabilere Finanzen.

Starker Anstieg der Insolvenzen in Deutschland

In Deutschland werden die Unternehmensinsolvenzen laut Allianz Trade im laufenden Jahr um elf Prozent auf 24.320 Fälle stark steigen. Das Plus ist doppelt so groß wie der internationale Durchschnitt. Immerhin sei für das kommende Jahr eine Stabilisierung mit einem Anstieg um ein Prozent auf einen zwölfjährigen Höchststand von 24.500 Un­ternehmensinsolvenzen zu erwarten. Von einer deutlichen Trendwende mit einem Rückgang um vier Prozent wird für 2027 ausgegangen.

Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sieht für Deutschland daher Licht am Ende des Insolvenztunnels. Hierzulande waren in diesem Jahr bisher zum Beispiel die Insolvenzen des Wohnimmobilienunternehmens Ziegert Group, des Chemieunternehmens Venator Germany oder der Schuhhandels­kette Görtz zu beklagen. Auch erwischte es den traditionsreichen Autozulieferer Kiekert, ein international führender Anbieter von Schlössern für Autotüren.

Trumps für den Welthandel schäd­liche Zölle sind bei Weitem nicht der einzige Grund für Unternehmensinsolvenzen. Unternehmen geraten auch wegen geopolitischer Konflikte, steigender Energiepreise und des Fachkräftemangels unter Druck – ganz zu schweigen von technologischen Schocks durch Elektromobilität oder Künstliche In­telligenz. Laut Allianz wird der Boom neuer Technologien die Insolvenzen beschleunigen, weil neu gegründete Un­ter­nehmen besonders anfällig dafür sind. Ein Ende des durch KI ausgelösten Booms könnte daher eine ähnliche Blase platzen lassen wie am Neuen Markt während der 2000er-Jahre.