Peter Singer: „Offene Grenzen wären ein Fehler, auch moralisch“
Peter Singer gehört zu den einflussreichsten Denkern unserer Zeit. Der australische Philosoph veröffentlichte eine Vielzahl an Büchern, die internationale Debatten auslösten, darunter etwa „Hunger, Wohlstand und Moral“ (1972), „Animal Liberation“ (1975) oder „Leben retten“ (2009). Wir erreichten ihn per Video-Call in Bratislava.
ZEIT ONLINE: Herr Singer, die Moral ist in Verruf geraten in Deutschland. Wenn man sie erwähnt, erntet man schnell den Vorwurf, die Moralkeule zu schwingen. Diese Entwicklung mag ihren Anfang im Jahr 2015 genommen haben, als Angela Merkel den Entschluss, die Grenzen zu öffnen, mit moralischen Argumenten begründete. Noch 2021 verteidigte sie ihr Handeln während der Flüchtlingskrise mit dem Verweis auf Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und sie fügte hinzu: „Das gilt ja nicht nur für Deutsche.“ Barack Obama würdigte ihre Haltung als „mutig und moralisch“. Sehen Sie das auch so?“