Parteitag jener Grünen: Grüne festschreiben härteren Kurs im Unterschied zu Israel

Auf ihrem Parteitag haben sich die Delegierten der Grünen für einen stärkeren Fokus auf das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung ausgesprochen. Eine Abstimmung über die Anerkennung eines palästinensischen Staates wurde aber abgesagt. Das Existenzrecht Israels, das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser und „die Würde eines jeden Menschen“ seien nicht verhandelbar, sagte Parteivorsitzende Franziska Brantner.

Insgesamt sprachen sich die Grünen in ihrem Leitantrag für einen schärferen Kurs gegenüber Israel aus. Der Einsatz für die Sicherheit Israels als Teil deutscher Staatsräson bedeute nicht, dass Unterstützung für die israelische Regierung über Verpflichtungen gegenüber dem Völkerrecht und dem Schutz der Menschenrechte gestellt werden dürfe, heißt es in dem Text, auf den sich die Parteimitglieder in Hannover verständigten. 

Gefordert werden in dem Leitantrag unter anderem Sanktionen gegen gewalttätige Siedler und die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir. Auch eine Aussetzung in Teilen des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel hält die Partei für möglich, „falls Israel seine völkerrechtlichen Verpflichtungen weiterhin nicht erfüllt“, hieß es. Davon unberührt bleiben müssten die Forschung und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. 

Abstimmung über Anerkennung Palästinas abgesagt

Nach Diskussionen vor und hinter den Kulissen sprachen sich die Delegierten am Ende allerdings gegen eine sofortige Anerkennung Palästinas als Staat aus. In ihrem Leitantrag einigten sich die Grünen darauf, dass die Anerkennung, auch durch Deutschland, „zentrales Element für gleichberechtigte Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung“ sei. „Im aktuellen Friedensprozess ist die Anerkennung auch durch Deutschland ein prioritärer Schritt“, heißt es weiter. Die Bundesregierung wird aber nicht konkret zur Anerkennung aufgefordert.

Ein ursprünglich dazu gestellter Antrag wurde nicht zur Abstimmung gestellt. Darin hatten Parteimitglieder gefordert, die Bundesregierung müsse denjenigen Staaten der EU folgen, die diesen Schritt bereits vollzogen haben, und den Staat Palästina unverzüglich anerkennen.

Gut zwei Jahre nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 hält die Partei rückblickend fest: „Als Reaktion auf den 7. Oktober hat die israelische Regierung einen Krieg in Gaza geführt, dessen humanitäre Folgen und militärische Mittel unverhältnismäßig beziehungsweise völkerrechtswidrig sind.“ Dies sei durch nichts zu rechtfertigen – auch nicht durch den brutalen Terrorangriff der Hamas – und habe unermessliches Leid und Traumatisierung über die Menschen im Gazastreifen gebracht.

Debatten über Ukrainekrieg und Wehrdienst

Auf dem Parteitag sprachen sich die Grünen auch für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine aus. Deutschland sollte „alle nötigen Systeme liefern, die wir liefern können – auch Marschflugkörper“, heißt es in dem Leitantrag. Darüber hinaus forderten die Delegierten härtere Sanktionen gegen Russland. Den von den USA vorgelegten Plan für ein Ende des Krieges nannten sie einen „Versuch, die Ukraine zu unterwerfen und einen gefährlichen Deal zum Nachteil Europas“ zu beschließen.

Teil der außenpolitischen Debatte war auch der Wehrdienst. Mehrere Delegierte sprachen sich dabei gegen einen verpflichtenden Dienst aus. Die Grüne Jugend forderte zudem Freiwilligkeit auch bei der Musterung, ein entsprechender Antrag der Nachwuchsorganisation erhielt jedoch keine Mehrheit. Stattdessen sprechen sich die Grünen im Leitantrag für die verpflichtende Musterung aus. „Darüber hinaus setzen wir klar auf Freiwilligkeit“, betonten sie zugleich.

Zum Abschluss ihres dreitägigen Bundesparteitags befassen sich die Grünen am Morgen mit Steuern, Digital- sowie Wirtschafts- und Energiepolitik. Auch um die Belange der Kommunen sowie Satzungsfragen soll es für die etwa 800 Delegierten gehen.