Panne des Justizministeriums: Teile von Epstein-Akten fehlerhaft geschwärzt – durch Copy&Paste lesbar

Demnach enthalten einige der Dateien zwar schwarze Balken an sensiblen Stellen, der ursprüngliche Text ist in der PDF-Textebene jedoch erhalten geblieben und lässt sich durch bloßes Kopieren und Einfügen in ein anderes Dokument rekonstruieren. Die sichtbar gemachten Passagen zeigen laut der „New York Times“ Beispiele dafür, wie Epstein seinen Missbrauch organisiert und sein Vermögen über Firmen- und Finanzstrukturen verschleiert habe. Die Leichtigkeit, mit der sich die Inhalte wiederherstellen ließen, deute darauf hin, so die Zeitung, dass zumindest Teile des vom Justizministerium veröffentlichten Konvoluts „eilig zensiert“ worden seien.
Inhalt der geschwärzten Abschnitte
Ein besonders auffälliger Fall betrifft laut dem Bericht eine Zivilklage gegen die Testamentsvollstrecker von Epsteins Nachlass, der 2021 auf den Amerikanischen Jungferninseln eingereicht wurde. In den dazugehörigen Unterlagen findet sich eine formal geschwärzte Passage, die durch Kopieren in ein neues Dokument wieder sichtbar wurde. Dort heißt es, einer der Verwalter, Darren K. Indyke, habe einen Scheck aus Epsteins Stiftung an eine Einwanderungsanwältin unterschrieben, die „in eine oder mehrere erzwungene Ehen verwickelt gewesen sei, die unter Epsteins Opfern arrangiert wurden“.
Der „Guardian“ berichtet über denselben Vorgang in der Klage mit einem weiteren, besonders plastischen Beispiel: In der „second amended complaint“ gegen die Nachlassverwalter Darren K. Indyke und Richard D. Kahn sei Abschnitt 85 formal geschwärzt, lasse sich aber vollständig rekonstruieren: Zwischen September 2015 und Juni 2019 habe Indyke demnach Zahlungen von über 400.000 Dollar an „junge weibliche Models und Schauspielerinnen“ unterzeichnet, darunter eine ehemalige russische Model, die über mehr als dreieinhalb Jahre hinweg monatliche Überweisungen von 8.333 Dollar erhalten habe – insgesamt mehr als 380.000 Dollar.
Weitere rekonstruierte Passagen betreffen keine Opferdaten, sondern die Finanzarchitektur des Epstein-Imperiums. So verweist der „Guardian“ auf mehrere geschwärzte Abschnitte (Paragraphen 184 bis 192) der Klage, in denen Unstimmigkeiten in den Bilanzen einzelner Epstein-Gesellschaften beschrieben werden. Für die Firma Cypress sei in der Bilanz zum 31. Dezember 2018 lediglich ein Kassenbestand von 18.824 Dollar und ein Aufwand von 301 Dollar ausgewiesen, obwohl das Unternehmen im selben Jahr Grundsteuern von 106.394,60 Dollar für ein Anwesen bei Santa Fe bezahlt habe.
Das US-Justizministerium schweigt
Unklar ist, mit welcher technischen Methode die Dateien bearbeitet wurden, dass sich die eigentlich zu unterdrückenden Namen und Institutionen auf diese Weise wieder identifizieren lassen. Ein Sprecher des Justizministeriums lehnte gegenüber der US-Zeitung eine Stellungnahme ab.
Der Vorgang ist auch deshalb heikel, weil Präsident Trump erst im vergangenen Monat ein Gesetz unterzeichnet hat, das die vollständige Freigabe aller Ermittlungsunterlagen im Epstein-Komplex sowie Transparenz über deren Veröffentlichung vorschreibt. Das Gesetz untersagt ausdrücklich, Dokumente aus Gründen wie „Peinlichkeit, Rufschädigung oder politischer Sensibilität“ zu schwärzen, erlaubt aber Ausnahmen, etwa wenn personenbezogene Daten von Opfern offengelegt würden.
„Die einzigen Schwärzungen, die an den Dokumenten vorgenommen werden, sind diejenigen, die das Gesetz zwingend vorschreibt – Punkt“, hatte Vizejustizminister Todd Blanche in der vergangenen Woche in einer Erklärung versichert. Der nun bekannt gewordene digitale Umgang mit einigen der sensibelsten Unterlagen dürfte diese Zusicherung und den Anspruch auf rechtskonforme, sorgfältige Schwärzung weiter unter Druck setzen.
Source: faz.net