Ozempic: Wir sollen nur wollen

Es klingt nach einem Science-Fiction-Setting: Eine Spritze mindert nicht nur das Verlangen nach Essen, sondern auch das nach Sex, Alkohol und Cannabis. Injiziert man die Substanz einmal wöchentlich, schwindet die Sehnsucht nach anderen Körpern, schwindet die Lust auf kalte Drinks in langen Sommernächten, und selbst, wer sonst nur schwer ohne einen Joint zur Ruhe kommt, verspürt womöglich auch danach kein Verlangen mehr.  

Der Wirkstoff Semaglutid ist jedoch keine Science-Fiction, er ist Realität. Ozempic und Wegovy lauten die Handelsnamen der Diabetesmedikamente, die seit einigen Jahren auch als Abnehmspritzen zum Einsatz kommen – und die den dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk innerhalb kürzester Zeit in die Champions League europäischer Unternehmen katapultiert haben. Semaglutid ist aber mehr als das rentable Versprechen auf Gewichtsverlust, es scheint das menschliche Belohnungssystem grundsätzlich zu dämpfen: Studien belegen, dass der Wirkstoff neben dem Verlangen nach Essen auch das nach Zigaretten, Alkohol, Cannabis oder Heroin senkt, vermutlich, indem er die Ausschüttung von Dopamin mindert. Womöglich leidet darunter auch die Libido. Erfahrungsberichten zufolge lassen unter Semaglutid-Gabe sogar Zwangshandlungen wie exzessives Shopping, Nägelkauen und Glücksspiel nach.