Outdoorsport: Der heftige Menstruationsblutung Lauf

Jahrhundertelang war der Outdoorsport Männersache. Während Männer
sich Berge, Wälder, Wüsten und Meere erschlossen, war dies selbst im letzten Jahrhundert
für Frauen noch verpönt. Heute werden Frauen – zumindest in den meisten Ländern
– nicht mehr von der Ausübung sportlicher Aktivitäten abgehalten. Aber
Gleichstellung bedeutet das noch lange nicht. Das erfuhr ich, als ich zufällig in
die Outdoorszene rutschte. Ich war 2.700 Kilometer gewandert, hatte 10.000
Kilometer mit dem Rad zurückgelegt
, doch hauptberuflich war ich Autorin. Und so
riet man mir, über meine Extremtouren Bildervorträge zu halten.

Um einen Fuß in die Branche zu bekommen, kann man bloggen, einen
Film produzieren oder ein Buch schreiben. Eine weitere Möglichkeit sind Reisevortragswettbewerbe.
Wer dort Erfolg hat, wird auf Festivals eingeladen und von großen Veranstaltern
auf Tournee geschickt, es locken Interviews und Buchverträge. Im besten Fall
kann man seinen Lebensunterhalt mit der Vermarktung der Reisen bestreiten. Meine
Teilnahme an diesen Wettbewerben war sehr erfolgreich. Und doch bin ich seither
regelmäßig irritiert über den in der Szene herrschenden Umgang mit Frauen.

Ein Tontechniker wies mich zum Beispiel einmal darauf hin, dass
Frauenstimmen schwieriger einzurichten seien als Männerstimmen und einen extra
Soundcheck bräuchten, „nicht, dass wir hier nachher ein Schnatterinchen stehen
haben!“ Ich war die einzige Frau im Programm eines mehrtägigen Festivals. Ein
Blick in die Annalen der Veranstaltung belegt: In den vergangenen Jahren kamen auf 34 männliche Speaker nur
neun weibliche, fünf davon im Duo mit ihrem Partner. Durch solche Zahlen, die eine
über Jahrzehnte gewachsene, männlich dominierte Struktur repräsentieren, entsteht
der Eindruck, dass Frauen in der Szene immer noch Ausnahmen seien. Als eine
Referentin während ihres Vortrags nicht nur von ihrer Tour berichtete, sondern
auch von sexuellen Übergriffen, deren Opfer sie unterwegs wurde, bezeichnete
der Moderator ihren Erfahrungsbericht im Nachgang als „erfrischende Perspektive“.

Das Team des Reisepodcasts Weltwach bestätigt auf meine Anfrage: „Auch wir haben leider nur ein Drittel weibliche Gäste, obwohl wir
ganz bewusst nach ihnen Ausschau halten, etwa indem wir Verlags- und Vortragsprogramme,
Blogs und Reise-Magazine durchstöbern. Aber überall dort besteht das
Ungleichgewicht ja eben auch.“

In den letzten Jahren tut sich schon etwas, aber die Entwicklung ist
schleichend. So sind Ausschreibungen und Marketing für gängige Vortragswettbewerbe
und -festivals in Bildauswahl und Formulierung vornehmlich männlich adressiert.
Speakerinnen werden gerne als starke oder mutige Frauen
angekündigt, Adjektive, mit denen Männer nicht beworben werden. Teilweise wird Teilnehmerinnen
vom Veranstalter im Vorfeld sogar diktiert, bloß keine „Frauenperspektive“
vorzustellen. Weibliche Sichtweisen bleiben unterrepräsentiert, von
marginalisierten Gruppen ganz zu schweigen. So sperrt die Branche sich dem eigenen Fortschritt und
bleibt unattraktiv für einen Großteil der Bevölkerung. Der weiße Mann, der von
seinen „Abenteuern“ berichtet, bleibt die Regel auf den Vortragsbühnen. Das
bestätigt auch Christoph Rehage, der zu Fuß von China bis Deutschland lief. „Irgendwann
fiel mir auf: Ich sehe nicht nur genauso aus wie alle anderen, ich habe auch kein
Bewusstsein für meine Privilegien!“ Erst als er zusammen mit einer Frau wanderte,
änderte sich sein Blick: „Ich würde mich freuen, wenn wir Männer lernen könnten,
uns anders zu verhalten und nicht so agierten, als wären wir die Norm und
Frauen die Abweichung.“

Gerade im Outdoorsport sollte Diversität Grundvoraussetzung sein; es
gibt schließlich so viele Wege zum Ziel wie Menschen. Doch wer etwa aufgrund
seines Geschlechts angegriffen und diskriminiert wird, wer sich schon in der
Anmoderation diminuierenden Begriffen und Grenzüberschreitungen stellen muss, hat
nicht nur schlechtere Startbedingungen als Personen, die diesem zusätzlichen
Stressfaktor nicht ausgesetzt sind; ungleiche Voraussetzungen können auch dazu
führen, dass man die Events grundsätzlich meidet. Auch ich habe schon
geschwiegen und Unverschämtheiten weggelächelt, teilweise weil ich geschockt
und überrumpelt war, aber auch, weil ich fürchtete, mir Chancen zu verbauen.

Der Podcast Bergfreundinnen von Katharina Kestler, Catharina
Schauer und Antonia Schlosser widmete dem Thema ‚Sexismus im
Bergsport‘ kürzlich ein mehrteiliges Special. „So was hätten wir nicht zum
Einstieg in unsere Karriere bringen können“, erzählen mir die Podcasterinnen. Das fehlende Bewusstsein für Diskriminierung
sowie ein Ungleichgewicht in der Geschlechtergerechtigkeit bei ausbildenden
Personen im Bergsport bedinge, dass die Outdoorwelt insgesamt kein geschützter
Raum für vulnerable Personen sei.

Ich kenne das: Einmal zog ein Radfahrer in einem einsamen Wald lüstern
gaffend immer engere Kreise um mich. Ein anderes Mal baute sich an einem
Biwakplatz ein alkoholisierter Trupp nackter Männer breitbeinig vor mir auf.
Wie gefährlich eine sich hochschaukelnde Gruppendynamik sein kann, muss man keiner
Frau erklären. Viele Männer wischen solche Erlebnisse aber mit der
Feststellung „Ist ja nichts passiert!“ vom Tisch. Obwohl jeder eine Frau
kennt, die belästigt wurde, hat angeblich niemand einen Kumpel, der belästigt
hat. Dieses Wahrnehmungsvakuum ist Nährboden dafür, dass Betroffenen von sexualisierter
Gewalt oft nicht geglaubt wird. Nichts werde ich so oft gefragt wie: „Hast du
keine Angst allein als Frau unterwegs zu sein?“ Und genauso oft höre ich:
„Warum wanderst, radelst und zeltest du allein, du forderst doch heraus, dass
dir was passiert!“