Ostmark: Karl Nehammer schließt Koalition mit FPÖ erneut aus

Der österreichische Kanzler Karl Nehammer hat einer möglichen Koalition mit der rechten FPÖ erneut eine klare Absage erteilt. Nach einem Gespräch mit Parteichef Herbert Kickl machte Nehammer klar, seine negative Haltung gegenüber dem FPÖ-Chef habe sich nicht geändert. Er werde nicht den „Steigbügelhalter“ für Kickl machen. Dieser sei nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, sagte der ÖVP-Vorsitzende.

Nach dem gescheiterten Gespräch, welches auf Wunsch von Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen geführt wurde, wird nun eine Koalition zwischen der konservativen Regierungspartei ÖVP sowie der sozialdemokratischen SPÖ immer wahrscheinlicher. Am Mittwoch will sich Nehammer mit dem Chef der Sozialdemokraten, Andreas Babler, treffen. Eine Regierung aus ÖVP und SPÖ, eventuell mit den liberalen Neos, gilt derzeit am wahrscheinlichsten. 

Nehammer: Aus „dunkelsten Stunden“ Österreichs lernen

Er könne die Sorgen der FPÖ-Wählerschaft bezüglich Themen wie Sicherheit, Migration oder dem politischen Islam verstehen und teile diese, sagte Nehammer nach dem Gespräch mit Kickl. Allerdings müssten entsprechende Lösungen im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit umgesetzt werden. Es gelte, aus Fehlern der Vergangenheit und den „dunkelsten Stunden“ Österreichs zu lernen, sagte Nehammer mit Bezug auf die österreichische NS-Zeit.

Über Kickl sagte Nehammer: „Seine Rhetorik ist geprägt von Angst und Radikalisierung.“ Er erinnerte an die Sympathien des FPÖ-Chefs gegenüber der rechtsextremen Identitären Bewegung und Kickls Arbeit als Innenminister zwischen 2017 und 2019. Damals habe er durch die Zerschlagung der Verfassungsschutzbehörde den russischen Interessen ein „Einfallstor geöffnet“, sagte Nehammer. Die FPÖ gilt nicht zuletzt wegen ihrer Ablehnung der kriegsbedingten Sanktionen als russlandfreundlich.

FPÖ-Koalition für Nehammer nur ohne Kickl möglich

Die FPÖ hatte bei den Parlamentswahlen Ende September die meisten
Stimmen erhalten und erhebt seitdem den Anspruch, den neuen Bundeskanzler zu stellen. Dazu braucht
sie die Unterstützung mindestens einer anderen Partei. Jedoch möchte
keine der anderen Parteien mit den Rechten zusammenarbeiten. Präsident Van der Bellen beauftragte daher vorerst keine Partei mit der Regierungsbildung und bat zunächst die Chefs von FPÖ und ÖVP zum Gespräch, um die entstandene „Pattsituation“ zu lösen. Traditionell erhielt bisher immer die
stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung.

Kickl reagierte mit scharfer Kritik auf das Vorgehen Van der Bellens und bezeichnete eine Regierungskoalition ohne seine FPÖ als
grobe Missachtung des Wahlergebnisses. Er schlug zudem ein Bündnis mit der ÖVP vor, notfalls auch ohne Nehammer. Jedoch hat sich die gesamte Parteispitze kurz nach der Wahl hinter Nehammer gestellt, der eine Koalition mit der FPÖ unter Führung von Herbert Kickl ausschließt. Kickl wiederum betonte wiederholt, dass seine Partei sich nur mit ihm an der Spitze an einer Regierung beteiligen würde.