„Open Arms“: Urteil darüber hinaus mögliche Gefängnisstrafe z. Hd. Matteo Salvini erwartet
In Italien entscheidet sich an diesem Freitag, ob der rechte Vizeministerpräsident Matteo Salvini wegen seines Umgangs mit Migranten auf dem Mittelmeer ins Gefängnis muss. Die Staatsanwaltschaft legt dem heutigen italienischen Verkehrsminister zur Last, 2019 in seiner Zeit als
Innenminister das Schiff einer Hilfsorganisation wochenlang am Einlaufen
in den Hafen der Insel Lampedusa gehindert zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft, die Verteidigung plädiert auf Freispruch.
Salvini ist Vorsitzender der rechten Regierungspartei Lega und gehört zu den zentralen Figuren der Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auch im Falle einer Verurteilung will der 51-Jährige im Amt bleiben. Er wirft der Justiz vor, ihn aus politischen Gründen zu verfolgen. Die Staatsanwaltschaft hingegen legt ihm Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch zur Last. Nun entscheidet nach mehr als drei Jahren Prozess ein Gericht in Palermo auf Sizilien.
In dem Prozess geht es um das Schiff Open Arms der gleichnamigen
spanischen Hilfsorganisation, welches im August 2019 im Mittelmeer mehr als
160 Migrantinnen und Migranten aufgenommen hatte. Salvini war zu der Zeit Italiens Innenminister und international dafür bekannt, gegen Hilfsorganisationen vorzugehen, die Geflüchtete aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen.
Open Arms lag nach der Aufnahme der Geflüchteten vor Lampedusa,
durfte aber nicht in den Hafen einlaufen. Mehrfach sprangen Menschen ins Wasser
und versuchten, an Land zu schwimmen. Die Staatsanwaltschaft ließ die Open Arms schließlich nach drei Wochen beschlagnahmen, damit das
Schiff anlegen konnte.
Meloni sagt Koalitionspartner Lega Solidarität zu
Salvini selbst spricht nun von „kommunistischen Richtern“, die linke Politik betreiben würden – und kündigte an, gegen eine etwaige Haftstrafe in Berufung zu gehen. „Ich habe nur meine Arbeit gemacht. Ich habe die Grenzen verteidigt“, sagte der Rechtspopulist. „Wenn sie mich verurteilen, ist das eine kriegerische Handlung gegen alle anständigen Menschen, die ihre Pflicht tun.“ Italiens Richter- und Anwaltsverbände weisen solche Vorwürfe zurück.
Obwohl es auch in Italien ungewöhnlich wäre, einen zu einer Haftstrafe verurteilten Minister im Amt zu lassen, versicherte Meloni dem Koalitionspartner mehrfach ihre Solidarität. Im Parlament sagte die Ministerpräsidentin diese Woche: „Salvini kann mit der Unterstützung
der gesamten Regierung rechnen.“ Die Lega hat für den Fall einer
Verurteilung bereits Proteste angekündigt.
In Italien erreichen besonders viele Migranten über das Mittelmeer europäisches Festland. Vergangenes Jahr wurden dort noch mehr als 150.000 Neuankömmlinge
registriert. In diesem Jahr waren es deutlich weniger – bislang etwa
64.000 Menschen. Von den Geflüchteten, die im Sommer 2019 mit der Open Arms
schließlich in Lampedusa an Land gehen durften, lebt nach Angaben der
Helfenden heute ein einziger in Italien.
Die Regierung Melonis verfolgt einen harten Kurs gegen irreguläre Migration. Einer der Pläne ihrer Regierung war es, in Aufnahmelagern in Albanien über Asylanträge entscheiden zu lassen. Dieses Vorhaben kommt bislang allerdings nicht voran. Nach zwei Niederlagen vor Gericht stehen die Lager derzeit leer.