Onlineversand aus Fernost: Wie gefährlich Billigware aus China wirklich ist

Weiße Sneaker für 7,40 Euro, Bluetooth-Kopfhörer für 3,87 Euro oder ein T-Shirt für 2,41 Euro: Billigshops wie Temu, Aliexpress und Wish locken mit Tiefpreisen. Zugleich lauern auf den Plattformen viele Gefahren: Entsprechen die Beschreibungen der Realität? Sind die Produkte sicher und regelkonform? Und werden unnötige Daten gesammelt? Besonders Artikel von chinesischen Händlern haben einen schlechten Ruf. Ist das gerechtfertigt?

Grundsätzlich gilt: Eine Plattform muss nicht wie Temu und Aliexpress aus China kommen, um überwiegend auf chinesische Händler zurückzugreifen. Die Marktplätze stellen nur ihre Plattform gegen Provision bereit, den Kaufvertrag schließen Verbraucher in der Regel mit den Händlern ab. Manche Billigshops wie Wish haben ihren Hauptsitz in den USA, auch wenn auf der Plattform vor allem chinesische Händler ihre Waren anbieten.

Die Stiftung Warentest hat in einer Untersuchung sieben in Deutschland aktive Shoppingplattformen unter die Lupe genommen. Je Onlineshop nahmen die Tester 15 Bestellungen von No-Name-Elektrogeräten überwiegend aus China auf: Powerbanks, Haartrockner und USB-Ladegeräte. Neben der Produktsicherheit und der Kaufabwicklung standen auch der Datenschutz und die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf dem Prüfstand. Das Gesamturteil fiel durchwachsen aus: „Keinen der Online-Marktplätze können wir uneingeschränkt empfehlen, dafür erlebten wir zu viele Überraschungen.“

Wenn der Föhn in Flammen aufgeht

Dazu zählte ein Föhn, bestellt auf dem Marktplatz Wish. Die Tester blockierten im Sicherheitscheck die Luftzufuhr. Der Haartrockner sei daraufhin in Flammen aufgegangen, weil es keine Sicherheitsabschaltung gegeben habe. Das Fazit zu Wish: „Die Geräte aus der Stichprobe waren minderwertig.“ In der Vergangenheit gingen zahlreiche Beschwerden bei den Verbraucherzentralen zu Wish ein: In der Kritik standen unter anderem sehr lange Lieferzeiten, nicht erhaltene Waren oder eine minderwertige Qualität der Artikel. Nach einer Abmahnung der Verbraucherzentrale Hessen hat sich Wish verpflichtet, die AGB zu übersetzen und das Impressum anzupassen, damit Verbraucher einen Ansprechpartner bei Problemen finden können. Wish hat auf eine F.A.Z.-Anfrage nicht reagiert.

Sicherheit geht vor: Laserpointer werden von einer Leipziger Zollbeamtin genauer unter die Lupe genommen.
Sicherheit geht vor: Laserpointer werden von einer Leipziger Zollbeamtin genauer unter die Lupe genommen.dpa

Negativ aufgefallen ist der Stiftung Warentest auch ein Föhn, den die Tester über die chinesische Onlineplattform Aliexpress bestellten. Hier sei im Falltest die Abdeckung des Lufteinlasses abgefallen – wer das dadurch freiliegende Heizelement berührt, muss mit einem Stromschlag oder Verbrennungen rechnen. Wenn es um die Informationen auf der Website, die Bestellung und Rücksendungen geht, vergaben die Prüfer eine gute Bewertung.

Die schlechteste Note erhielt Aliexpress mit 4,5 allerdings für den Datenschutz. Ähnlich wie die App des chinesischen Shops Banggood sammelte jene von Aliexpress aus der Sicht der Tester zu viele überflüssige Daten. „Dass so viele Daten beispielsweise an Facebook gehen, ist unnötig für das Funktionieren der App“, sagt Simone Vintz von der Stiftung Warentest der F.A.Z.

Amazon auf Platz eins

Im März 2024 leitete die EU-Kommission ein förmliches Verfahren gegen Aliexpress ein. Der Vorwurf lautete unter anderem: Aliexpress setze Servicebedingungen nicht konsequent durch, die bestimmte gefährliche Produkte verbieten – zum Beispiel gefälschte Medikamente und Lebensmittel oder pornographisches Material für Minderjährige. Kaum wirksame Maßnahmen gegen die Verbreitung von illegalen Inhalten und fehlende Informationen über die Händler waren ebenso Kritikpunkte. Aliexpress hat dazu auf F.A.Z.-Nachfrage nicht reagiert.

DSGVO Platzhalter

Auch bei Marktführer Amazon fanden die Prüfer der Stiftung Warentest Kritikpunkte. Im Test fielen Mängel in den AGB und zum Teil falsche Produktdaten auf. Wenn es allerdings um die Informationen auf der Website, die Bestellung und die Rücksendung ging, schnitt Amazon mit der Note 1,8 am besten ab. Darauf folgten der chinesische Onlinemarktplatz Temu (2,1), der US-Marktplatz Ebay (2,3), Aliexpress (2,4) und Wish (3,2). Mit jeweils einer Note von 3,6 landeten Banggood und der britische Shop Fruugo auf dem letzten Platz.

Die oft in der Kritik stehende Plattform Temu kam bei der Stiftung Warentest relativ gut weg. Der Einkauf sei unpro­blematisch gewesen, die Rücksendung kostenlos und unkompliziert. Die Auffälligkeiten der Produkte sowie die Mängel in den AGB seien nur sehr gering gewesen. Das überrascht durchaus. Denn seit dem Eintritt in den deutschen Markt 2023 gehört Temu zu den umstrittensten Shops – wegen mutmaßlich ausbeuterischer Arbeitsbedingungen in den Fabriken, Zoll- und Steuertricks, süchtig machender Designs, fehlender Produktsicherheit oder Produktfälschungen. Wie der Onlineshop Shein streitet Temu diese Vorwürfe vehement ab.

Zweifel bleiben

Im vergangenen Jahr mahnte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) die chinesische ­Onlineplattform ab. Zu den Kritikpunkten zählten unzureichende Informationen über die Echtheit von Produktbewertungen, fehlende Angaben zur Identität von Produktanbietern und fehlende CE-Kennzeichen, die die Einhaltung der Produktstandards in der EU sicherstellen sollen. Temu gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab.

Als der VZBV im Oktober 2024 überprüfte, ob sich Temu an die Unterlassungserklärung hält, stellten die Verbraucherschützer fest, dass das CE-Zeichen eines Kindertablets fehlte. Der VZBV verdonnerte Temu daraufhin zu einer Vertragsstrafe in Höhe von 5100 Euro – und mahnte den Verstoß abermals ab. Temu zahlte den Betrag und verpflichtete sich, im Falle eines weiteren Verstoßes 10.000 Euro zu zahlen.

Auch Sonnenbrillen können nicht den Sicherheitsansprüchen genügen.
Auch Sonnenbrillen können nicht den Sicherheitsansprüchen genügen.dpa

Tests in Dänemark aus dem November 2024 zeigten abermals, dass über Temu bestellte Kinderspielzeuge gesundheitsschädigend sein können. Von Temu heißt es zu den Vorwürfen: „Temu verfügt über ein umfassendes Verfahren zur Überprüfung von Verkäufern und Produkten. Dieses wird durch proaktive Kontrolle und schnelle Korrekturmaßnahmen unterstützt.“ Simone Vintz von der Stiftung Warentest meint dazu: „Wir hatten andere Prüfpunkte und können daher nicht beurteilen, ob sich Temu wirklich gebessert hat.“

Welche Tipps helfen

Sie rät generell bei Waren von außerhalb der EU zu besonderer Vorsicht. Denn: Bei bösen Überraschungen, wie etwa einem Brand in der Wohnung, haften grundsätzlich die Hersteller oder Händler – und nicht die Plattformbetreiber. Weil Hersteller und Händler aber oft schwer zu erreichen sind, könne es im Zweifel für Verbraucher sehr aufwendig und teuer sein, ihr Recht durchzusetzen. Wovor Vintz vor allem warnt: „Verkaufen Sie diese Produkte nicht weiter, sonst haften Sie für Schäden im Zweifel selbst.“

Außerdem sollten Kunden genau auf den Preis schauen, der ganz am Ende der Bestellung zu zahlen ist. Neben der Einfuhrumsatzsteuer und möglichen Zöllen (von einem Wert von über 150 Euro an) kann auch eine Aufwands- oder Servicepauschale fällig werden, welche die Paketdienstleister verlangen. „Sie sollten deswegen aufmerksam die Versandbedingungen lesen“, sagt Vintz.

Damit eine mögliche Retoure reibungslos verläuft, ist es sinnvoll, den Nachrichtenaustausch mit einer Plattform und Kaufnachweise für die Rücksendung aufzubewahren. Bei einer Reklamation wegen Produktmängeln sollten Kunden so schnell wie möglich mit dem Verkäufer Kontakt aufnehmen sowie Fotos oder andere Beweise vorweisen können. All das zeigt: Die Kunden sind den Risiken nicht komplett ausgeliefert.