NRW-Innenminister Herbert Reul: Tatverdächtiger von Solingen wurde nachdem auffälligem Verhalten gefasst

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat im Düsseldorfer Landtag mitgeteilt, dass der Tatverdächtige des tödlichen Messerangriffs in Solingen sich nicht selbst gestellt hat. Tatsächlich sei einer Polizeistreife am späten Samstagabend in der Nähe des Tatorts ein Mann aufgefallen, sagte Reul in einer gemeinsamen Sondersitzung des Innen- und des Integrationsausschusses. 

Diese Person sei den Polizisten durch ihr Verhalten und Erscheinungsbild verdächtig vorgekommen. Deswegen sei der Mann direkt angesprochen und festgenommen worden. Berichte hatten bisher davon gesprochen, der Verdächtige habe sich selbst gestellt. Ein in vielen Medienberichten, auch in Artikeln der ZEIT, verwendeter Satz, den der Täter während der Festnahme gesagt haben soll, ist nach neuen Informationen so nicht gefallen.

Aufgrund der Ermittlungshoheit des Generalbundesanwalts könne er nicht alle Informationen bekannt geben, sagte Reul. Er bestätigte aber, dass das blutverschmierte Messer, das in der Innenstadt gefunden wurde, sehr wahrscheinlich die Tatwaffe sei. Das Bekennervideo werde derzeit von Experten seines Hauses geprüft. 

Es passe in die IS-Propagandastrategie, sagte der Innenminister. Der verdächtige Syrer habe sich offenbar „unbemerkt radikalisiert“. Ob er der islamistischen Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) angehöre, müssten die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft ergeben.

„Wir müssen Islamismus weiterhin sehr ernst nehmen“, sagte er. Allein in NRW lebten derzeit 185 islamistische Gefährder, die die Sicherheitsbehörden im Auge hätten. „Zu diesen Personen zählte der Täter aus Solingen nicht“, sagte Reul. Weder polizeilich noch gar mit Bezug zu Staatsschutzdelikten sei er zuvor in Erscheinung getreten. „Kein Mensch hatte den auf dem Schirm.“ 

Kritisch äußerte sich der NRW-Innenminister über die Debatte zur Verschärfung des Waffengesetzes. „Der Täter aus Solingen hat ein Messer benutzt, wie es wahrscheinlich viele in unserer Küche haben“, sagte er. Das Führen eines solchen Messers in der Öffentlichkeit sei schon heute verboten. „Er hätte damit nicht rumlaufen dürfen“, sagte Reul, gegen den Anschlag hätte aber kein Verbot geholfen.

CDU und Grüne in NRW wollen Untersuchungsausschuss

Derweil wollen die Landtagsfraktionen von CDU und Grünen die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragen. Dazu wollen die Regierungsfraktionen auf die anderen Fraktionen zugehen. Der Ausschuss solle einen Beitrag zur „Aufarbeitung der Hintergründe des brutalen Verbrechens von Solingen leisten und Konsequenzen daraus ziehen“, teilten der CDU-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schick und die Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer mit.

Der Fall hat die Debatte über Asyl und Abschiebungen neu entfacht. Der mutmaßliche Täter hätte nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich schon im vergangenen Jahr in das EU-Land Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er ursprünglich europäischen Boden betreten hatte. Er wurde aber von den Behörden nicht in seiner Unterkunft angetroffen, die danach offenbar keinen neuen Versuch unternahmen.