Niederlande: Weshalb Pim Tolmeijer abwinkt

Der Nachwuchspolitiker Pim Tolmeijer schätzt klare Entscheidungen. Da seine Partei, die liberalkonservative VVD, nunmehr mit der rechtsnationalen Partij voor de Vrijheid (PVV) von Geert Wilders koaliert, wendet er sich ab. Das Vorstandsmitglied der Jugendorganisation JOVD kündigt seine Mitgliedschaft. „Die Zusammenarbeit mit Ministerinnen, die offen rassistisch sind und Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielen, übersteigt für mich jegliche Grenze“, so die Begründung.

Der Vorwurf gilt besonders den soeben vereidigten PVV-Politikerinnen Marjolein Faber und Reinette Klever. Erstere sprach 2020 vor dem Parlament von einer „Umvolkungs-Agenda“ und reflektierte die in rechtsextremen Kreisen gängige Auffassung eines von „globalistischen Eliten“ gelenkten Bevölkerungsaustauschs. Dies wird ebenso durch den TV-Sender vertreten, in dessen Verwaltung ihre Kollegin Klever saß. Während Faber sich auf Druck des Parlaments distanziert hat, verteidigt Klever ihre Sicht unbeirrt. Einmal mehr zeigt sich: Wer rechtspopulistische Parteien wie die PVV für die geeignete Antwort auf die Krise der repräsentativen Demokratie und die Konflikte neoliberal geprägter Gesellschaften hält, kann dieses Denken samt Protagonisten in Regierungsverantwortung bringen. Das trifft seit dieser Woche – nach Italien – auch auf die Niederlande zu und zeichnet sich mit dem Rassemblement National womöglich für Frankreich ab. In einer Gesellschaft wie der niederländischen ist die Akzeptanz rechtsnationaler Ansichten weit fortgeschritten, desgleichen die Gewöhnungan das sie tragende Personal in Schlüsselpositionen.

Einiges spricht dafür, dass der neue Regierungschef Dick Schoof dies befördert und aus der europäischen Asyl- und Migrationspolitik auszusteigen gedenkt. Brisante Konflikte mit der EU-Kommission sind absehbar. Es geht nicht allein um den rechtlichen Hintergrund. Der denkbare Präzedenzfall ist gerade jetzt von europäischer Virulenz.

Für Pim Tolmeijer jedenfalls ist das nicht mehr hinnehmbar. Dabei ist der junge Ex-VVDler kein Linker, sondern ein Wirtschaftsliberaler, vor allem aber jemand, der völkisches Denken nicht tolerieren will. Er geht davon aus, dass der Aufstieg von Parteien wie der PVV begünstigt wird, indem man sie zu integrieren versucht.