Niederlande | Auf einmal war was auch immer vorbei: Neuwahlen in den Niederlanden

Nach nur 14 Monaten ist die Rechtsregierung in Den Haag zerbrochen. Nun gehen die Niederländer am 29. Oktober erneut an die Urnen – mit völlig offenem Ausgang


Geert Wilders, Vorsitzender der niederländischen rechtsradikalen Partei PVV

Foto: Robin Van Lonkhuijsen/Getty Images


Am 29. Oktober müssen die Niederländer wählen, da seit Anfang Juli eine teils ultrarechte Vier-Parteien-Koalition abgewirtschaftet hat. Geert Wilders von der Freiheitspartei (PVV) wollte die Koalitionäre zu einer härteren Gangart in der Migrationspolitik zwingen und stellte ein Ultimatum. Als das nicht zog, traten seine Minister zurück und kehrten dem Regieren beleidigt den Rücken.

Zugleich scheiterte der Versuch einer Gruppe von enttäuschten Christdemokraten und Rechtsliberalen, mit einer neuen Partei, dem NSC (Neuer Sozialer Kontrakt), eine „Reformregierung der Mitte“ anzuführen. Nur noch zwei Parteien, die altgediente rechtsliberale VVD, lange Jahre vom jetzigen NATO-Generalsekretär Mark Rutte geführt, und die rechtspopulistische Bauern-und-Bürger-Bewegung (BBB) teilten sich schließlich die Kabinettssitze. Nach weniger als 14 Monaten war damit das Experiment vorbei, mit einer Rechtsregierung aus etablierten und Anti-Parteien über die Runden zu kommen.

Auslöser der finalen Krise des Rumpfkabinetts war offener Streit um die Haltung zum Gaza-Krieg. Als Außenminister Caspar Veldkamp vom NSC ein Importverbot für Waren aus den Siedlergebieten in der Westbank wollte, zogen VVD und BBB nicht mit, woraufhin der NSC die Regierung verließ, um bei den Wählern zu punkten.

Das Rennen bleibt offen

Ob sich diese Erwartung erfüllt? Nach diesen Kalamitäten verfügte Premier Dirk Schoof noch über einen Rückhalt aus 32 von 150 Sitzen im Parlament, sodass über den Ausgang eines Misstrauensvotums kein Zweifel bestehen sollte. Die parlamentarische Linke droht damit, aber dürfte angesichts des absehbaren Wahltermins Ende Oktober darauf verzichten.

Im Vorfeld dieses Votums gibt es Bewegung im Parteienspektrum. Wilders’ PVV hat deutlich an Akzeptanz verloren und kommt nach jüngsten Umfragen nur noch auf 18 Prozent, was indes im extrem zersplitterten Parteiensystem des Landes immer noch reichen kann, an Mandaten stärkste Partei zu werden.

Der NSC dürfte nach dem Rückzug seines populären Frontmanns Pieter Omtzigt in Kürze zerfallen. Profiteur des Desasters ist womöglich die niederländische Christdemokratie, die sich einer Wiedergeburt erfreut und in manchen Umfragen bei 24 Prozent steht – fast das Fünffache des Ergebnisses der Wahl vom 22. November 2023. Ihr alter Rivale, die rechtsliberale VVD, hat hingegen deutlich an Zugkraft eingebüßt.