Neues vom Anleihemarkt: Droht Deutschland wiewohl ein schlechteres Rating?

Frankreich kommt aus der Krise nicht heraus. Ende vergangener Woche ist die Bonität des Landes von der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) von „AA-“ auf „A+“ abgestuft worden. Der Grund: Die „Unsicherheit hinsichtlich der Staatsfinanzen“ bleibe trotz Vorlage des Haushaltsentwurfs hoch, heißt es seitens S&P. Zwei der drei größten Ratingagenturen haben Frankreich damit die Doppel-A-Einstufung entzogen. Erst im September hatte Fitch die Note für die Kreditwürdigkeit des Landes reduziert. Ende dieser Woche dürfte die Entscheidung von Moody’s anstehen.
Für den französischen Staat, auf dem die gewaltige Summe von 3300 Milliarden Euro Schulden lastet, wird es damit teurer, sich zu refinanzieren. Denn durch die schlechtere Bewertung kann die Zinslast für neu auszugebende Staatsanleihen steigen. Frankreich muss dem Anleger für sein höheres Ausfallrisiko mehr zahlen, also einen höheren Renditeaufschlag gewähren.
Frankreichs Staatsanleihen reagieren
Hinzu kommt: Investmentfonds mit strengen Ratinganforderungen könnten gezwungen sein, sich von französischen Staatsanleihen zu trennen. Dies könnte in der Folge wiederum den Druck auf den ohnehin angeschlagenen Markt für die Papiere erhöhen. Schon in den vergangenen Wochen war der Risikoaufschlag wegen der Regierungskrise im Vergleich zu deutschen Anleihen stark gestiegen. Nach dem abgewendeten Misstrauensvotum gegen Premierminister Sébastien Lecornu hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen beläuft sich derzeit auf 2,55 Prozent, während sich der Aufschlag für das französische Pendant auf 0,8 Prozent stabilisiert hat. Derzeit handeln zehnjährige französischen Anleihen mit 3,34 Prozent.
Droht Deutschland ebenfalls eine schlechtere Beurteilung der Kreditwürdigkeit? Hierzulande hat die Bundesregierung die Militärausgaben drastisch aufgestockt, auch für neue Straßen und Schienen werden immense Summen ausgegeben. Eine gewisse Reformmüdigkeit ist wohl auch in Deutschland zu beobachten. Fachleute glauben nicht daran: Deutschland sei eines der wenigen Länder mit einem „AAA“-Rating. „Wir sehen die Gefahr einer Herabstufung als unwahrscheinlich an, selbst wenn die Schuldenquote von derzeit etwa 60 Prozent durch die höheren Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung in den nächsten Jahren steigen dürfte“, sagt Tuan Huynh vom Blackrock Investment Institute (BII): „Im Gegensatz zu Frankreich erscheint die Erhöhung der deutschen Verschuldung kontrolliert. Diese dient einem Hauptzweck, nämlich der Lastenverteilung von Investitionen auf mehrere Generationen, und sie ist von der Höhe her begrenzt“, sagt auch Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Deutschland drohe keine Herabstufung aufgrund der hohen Ausgaben für Infrastruktur, sagt auch Christian Kopf, der für Union Investment das Portfoliomanagement mit Renten und Währungen leitet: „Im Gegenteil: Die Agentur S&P hat in ihrem letzten Ratingbericht zu Deutschland geschrieben, dass diese Ausgaben das „AAA“-Rating stützen, da sie das Wachstumspotential stärken“, sagt Kopf.
Ehemalige Sorgenkinder schneiden besser ab
Insgesamt beobachtet man im Euroraum derzeit eine Umkehr. „Ehemalige Sitzenbleiber wie Griechenland oder Italien schneiden immer besser ab, die früheren Vorzeigekandidaten wie Deutschland bei den Schulden oder Frankreich beim Wachstum müssen sich immer mehr verstecken“, sagt Kater. Griechenland, Portugal, Spanien und Italien hätten „ihre Hausaufgaben in den vergangenen Jahren gemacht und stehen heute fundamental deutlich besser da als vor 15 Jahren auf dem Höhepunkt der Eurokrise“, sagt auch Blackrock-Manager Huynh. Zehnjährige italienische Staatsanleihen notierten derzeit auf dem gleichen Niveau wie französische. Griechische Staatsanleihen lägen sogar rund 15 Basispunkte unterhalb der französischen.
Fachleute bevorzugen dennoch Unternehmensanleihen. „Global betrachtet hat der Unternehmenssektor eine höhere Kreditwürdigkeit als der öffentliche Sektor gezeigt“, sagt Blackrock-Manager Huynh. Kopf von Union Investment sieht das ähnlich. „Es wird immer mehr Unternehmensanleihen geben, deren Renditen unter die Rendite der Staatsanleihen fallen“, sagt er. Anleihen des Luxuskonzerns LVMH handelten zu niedrigeren Renditen als die des französischen Staates, die des Versicherungskonzerns Generali entwickelten sich besser als italienische Anleihen. „Gute Unternehmensanleihen werden so zum neuen sicheren Hafen am Kapitalmarkt“, sagt Kopf.
Source: faz.net