Neues Stellwerk: Softwarefehler zwingt Deutsche Bahn zum Umplanen

Als im Sommer 2025 die Umstellung auf ein modernes elektronisches Stellwerk der Deutschen Bahn in Troisdorf zwischen Köln und Bonn phänomenal schief ging, waren die Auswirkungen in ganz Westdeutschland zu spüren. Weil die Stellwerkstechnik in Troisdorf nicht miteinander harmonierte, geriet der Fahrplan für den Fernverkehr wochenlang außer Takt. Damals wählte der zuständige Siemens-Mobility-Manager Guido Rumpel fast prophetische Worte. „Das ist eine Konsequenz daraus, dass unsere Infrastruktur deutlich veraltet ist“, sagte er gegenüber der F.A.Z. Die Bahn konnte damals auf der wichtigen Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt nur noch mit 160 statt mit 300 Stundenkilometern fahren, dazu mit weniger Zügen. Das führte zwischen Hamburg und München für tausende Reisende zu hohen Verspätungen. Mit diesem Restrisiko müsse man bei solchen Stellwerksarbeiden in den kommenden beides Jahrzehnten leben. Wie dieses Restrisiko aussieht, bekommt Köln nun abermals zu spüren.

Mehr als 1300 Züge fahren Tag für Tag durch den Kölner Hauptbahnhof, 300.000 Menschen nutzen ihn Tag für Tag. Damit das auch in Zukunft so bleiben kann, sollte der Knotenpunkt ab Freitagabend eigentlich komplett gesperrt werden, um ein neues Elektronisches Stellwerk in Betrieb zu nehmen. Mit solchen Stellwerken steuern Bahn-Mitarbeiter Signale und Weichen, damit die Züge das Schienennetz möglichst effizient nutzen können. 217 Signale und weitere nicht mehr notwendige Anlagen sollten abgebaut und die restlichen 53 neuen Signale montiert werden. Das neue elektronische Stellwerk muss außerdem mit den fünf alten Randstellwerken in den Kölner Stadtteilen West, Ehrenfeld, Nippes und Deutz sowie dem S-Bahn-Stellwerk verbunden werden. Die Maßnahme war für zehn Tage geplant, bis zum 24. November. Währenddessen sollten viele Züge einen großen Bogen um das Zentrum der Millionenstadt machen. Danach sollte der Zugverkehr im Kölner Bahnknoten zuverlässiger werden. Nur – daraus wird erst einmal nichts.

Softwarefehler als Ursache

Wie die Bahn am Mittwochmorgen öffentlich mitteilte, macht ein Softwarefehler aus den ursprünglichen Plänen Makulatur. Durch den Softwarefehler könne man wichtige Tests nicht durchführen, hieß es seitens der Bahn – und damit nicht garantieren, dass mit dem neuen Stellwerk ein sicherer und zuverlässiger Bahnbetrieb möglich sei. Trotzdem hält die Bahn an der angekündigten Sperrung fest. Man wolle „wichtige Arbeiten“ etwa an Weichen und Oberleitungen durchführen. Ob diese Arbeiten zusätzlich sind oder sowieso durchgeführt worden wären, konnte die Deutsche Bahn bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels nicht beantworten. Die Bahn spricht in der neuesten Pressemitteilung von 176 neuen Signalen und 11 Signalbrücken, die in Betrieb gehen sollen. In einer älteren Pressemitteilung zur Sperrung geht es um 217 abzubauende Signale und 53 neue Signale . Wie die Zahlen zu den Signalen zusammenhängen und welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden, konnte die Bahn bis Redaktionsschluss nicht erläutern.

Auch ist unklar, seit wann die Bahnverantwortlichen von diesen Problemen wussten. Eine entsprechende Langsamfahr-Anordnung wurde schon am Dienstag veröffentlicht. Mit solchen Anordnungen informiert die Bahn die betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen über Baumaßnahmen.

Doch dass der Fehler tatsächlich erst am Dienstag bekannt wurde, gilt als unwahrscheinlich. Nach Einschätzung eines Bahn-Insiders muss der Fehler bei einer derart massiven Planänderung vielen Personen und Unternehmen bekannt gewesen sein, da die Umplanungen großflächig sein werden.

Weitere Sperrung kommt hinzu

Zu der nun stattfindenden zehntägigen Sperrung kommt also nochmals eine weitere Sperrung. Wann genau diese stattfinden wird, werde aktuell geprüft, heißt es von der Bahn. Dazu sei das Unternehmen mit Technikern, beauftragten Unternehmen, Bauplanern, Aufgabenträgern und Eisenbahnverkehrsunternehmen im Austausch. In diesem Jahr werde das aber wohl nicht mehr der Fall sein, sagte ein Sprecher. Denkbar wäre ein Termin im Frühjahr 2026. Gemäß der Langsamfahr-Anordnung wird die Sperrung nun auf Ende März verschoben.

Und hier kommt der Konzern in die Bredouille. Denn vom 6. Februar bis zum 10. Juli wird auch die Strecke Köln – Wuppertal – Hagen gesperrt sein. Diese hat großen Einfluss auf den Bahnverkehr in Köln, da es eine der wichtigsten Einfahrtschneisen in das gesamte Rheinland ist. Es muss nun noch geprüft werden, wie stark die nötige Sperrung des Kölner Hauptbahnhofs mit dieser Generalsanierung kollidiert – und die angespannten Nerven der Fahrgäste noch weiter strapaziert.

Nur wenige Termine sind tatsächlich geeignet

Manche Termine verbieten sich von selbst: So wurde die aktuelle Maßnahme bewusst nach dem Kölner Karnevalsauftakt am Dienstag angesetzt. Eine künftige Sperrung darf auch nicht den Sessionshöhepunkt rund um den Rosenmontag am 16. Februar beeinflussen – immerhin werden dann rund 1,5 Millionen Menschen in der Stadt erwartet, von denen viele mit der Bahn kommen. Die Inbetriebnahme auf den kommenden Sommer zu verschieben ist nicht weniger riskant, denn ab dem 10. Juli ist die rechtsrheinische Strecke zwischen Wiesbaden und dem Kölner Vorort Troisdorf gesperrt, voraussichtlich bis Mitte Dezember.

Bis zur neuerlichen Sperrung wird das alte Stellwerk weiter seinen Dienst tun. Doch auch das ist nicht ohne Risiko. Das am Kölner Eigelstein beheimatete Stellwerk ist veraltet, sodass es sich nicht einmal zu Lehr- oder Ausbildungszwecken eignet. Als es im September 2022 zu einem Wasserschaden in dem Stellwerk kam, war der Kölner Hauptbahnhof für zwei Tage komplett gesperrt.

Die beiden Sperrungen werden nicht nur die täglichen Fahrgäste nach Köln betroffen, sondern sich auf den Bahnverkehr in weiten Teilen Deutschlands auswirken. Der Hauptbahnhof der Stadt ist die zentrale Drehscheibe des Bahnverkehrs in Westdeutschland. Die Züge werden in dieser Phase großzügig umgeleitet – manche werden in Köln-Deutz oder Köln-Ehrenfeld halten, aber viele umfahren die Stadt auch weiträumig. Genau deswegen wäre das elektronische Stellwerk für den Bahnverkehr so wichtig, um den Zugverkehr im Sinne des S3-Programms wieder pünktlicher zu machen und die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes wiederherzustellen. Dafür investierte die Bahn in den vergangenen Jahren rund um den Bahnknoten Köln rund 360 Millionen Euro für drei neue elektronische Stellwerke rund um Köln.