Nach Deepseek-Coup: Der harte Kampf um die KI-Hoheit
Diese Nachricht kam selbst für Fachleute überraschend: Die Künstliche Intelligenz (KI) des chinesischen Start-ups Deepseek kann Leistungstests von Drittanbietern zufolge mit der Technik amerikanischer Unternehmen wie Open AI, Anthropic oder Meta mithalten – und zwar offenbar für einen Bruchteil der Entwicklungskosten.
Deepseek mischt damit den ohnehin schon hart umkämpften Markt für sogenannte generative KI auf, die auf Befehl Texte, Bilder, Videos oder andere Daten erschaffen und verarbeiten kann. Marktforscher schätzen die Marktgröße schon heute auf 5,7 Milliarden Dollar. Bis 2030 soll der Markt auf 36 Milliarden Dollar wachsen. Von diesem Kuchen wollen viele Unternehmen ein Stück abhaben – auch wenn Innovationen wie die von Deepseek die Größe des Kuchens in Frage stellen.
Der Marktführer…
Open AI hat mit seiner KI-Anwendung ChatGPT im Jahr 2022 den Hype um die Technik ins Rollen gebracht. Heute kommt das Unternehmen den Marktforschern von Statista zufolge auf einen Marktanteil von 39 Prozent. Das Unternehmen um den charismatischen Chef Sam Altman gilt technisch nach wie vor als das Non plus ultra – obwohl viele Führungskräfte Open AI nach internen Unruhen verlassen haben. Einige von ihnen kritisierten, dass die Sicherheit von KI-Systemen im Zuge einer aggressiven Kommerzialisierungsstrategie an Bedeutung verlor. Dennoch sammelte Open AI im vergangenen Jahr von Investoren weitere 6,6 Milliarden Dollar ein. Und Altman präsentierte gerade erst gemeinsam mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump eine gewaltige KI-Initiative namens „Stargate“, die ingesamt 500 Milliarden Dollar umfassen soll. Von der Gewinnschwelle wiederum ist das Unternehmen OpenAI aber noch weit entfernt.
… und sein Partner
Der Software-Konzern Microsoft hat früh in den ChatGPT-Entwickler investiert – entwickelt aber auch eigene KI-Modelle. Über die eigene Cloud Azure hat Microsoft den idealen Vertriebsweg für die KI-Modelle und hat sehr früh mit seinem KI-Assistenten Copilot Marktanteile im attraktiven Geschäft mit Firmenkunden gewonnen.
Erst Vorreiter, dann Nachzügler
Etwas anders sieht es für Google aus. Eigentlich hat der Internetkonzern die KI-Welle überhaupt ermöglicht. Es waren Google -Forscher, denen der Durchbruch sogenannter „Transformer“ gelang, die für die aktuellen KI-Modelle unerlässlich sind und für das „T“ in ChatGPT stehen. Doch einige Jahre später schien der Suchmaschinengigant überrascht durch den Durchbruch von ChatGPT und brauchte eine Weile, um zu reagieren. Die Modellreihe „Gemini“ ist zwar leistungsstark, machte aber vor allem durch Pannen von sich reden: Googles Bilder-KI erzeugte auf manche Anfragen hin historisch unzutreffende Bilder von schwarzen Männern in Wehrmachtsuniform. Eine KI-Funktion in Googles Suchmaschine lieferte merkwürdige Antworten und schlug zum Beispiel vor, Klebstoff in Pizzasoße zu mischen, damit Käse nicht von der Pizza rutscht. Trotzdem treibt Google die Technik mit hohen Investitionen weiter voran.
Lange schlafender Cloudriese
Lange war es in Sachen KI still um den Onlinehandelskonzern Amazon, dessen Cloudgeschäft AWS längst der Gewinnbringer im Konzern ist. 2023 führte AWS die KI-Plattform Bedrock ein, die aber vor allem Zugriff auf etablierte Modelle ermöglicht. Doch erst Ende des vergangenen Jahres kündigte Amazon mit Nova konkurrenzfähige eigene Modelle an. Mit Kampfpreisen will das Unternehmen offenbar schnell Marktanteile gewinnen. Als Cloud-Marktführer hat Amazon jedenfalls die nötigen Rechenkapazitäten – und plant, mehrere seiner Rechenzentren zum größten Supercomputer der Welt zusammenzuschließen.
Die Abtrünnigen
Das amerikanische Start-up Anthropic wurde 2021 von ehemaligen Open-AI-Mitarbeitern gegründet und hat sich vor allem der Entwicklung ethischer und sicherer KI-Modelle verschrieben. Trotzdem gilt sein KI-Modell Claude als eines der wenigen, das Open AI ebenbürtig ist. Anthropic hat Milliarden an Investitionen von Unternehmen wie Google, Amazon und SAP erhalten.
Der Miesmacher
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt der Facebook-Konzern Meta. Während die Konkurrenten ihre Technik streng unter Verschluss hält, macht Meta wie auch Deepseek seine Llama-Modelle für alle Welt frei zugänglich und verdient zumindest direkt keinen Cent damit. Das Kalkül: Start-ups und Wissenschaftler entwickeln auf Basis der Modelle Anwendungen, die Meta dann später selbst nutzen kann. Durch den Open-Source-Ansatz erweitert der Konzern seine Entwicklungsabteilung im Prinzip kostenlos um Tausende Entwickler, die den Einsatz der KI möglicherweise effizienter machen können. Das würde die Kosten für den Betrieb der KI für Meta senken. Und natürlich schwächt Meta auch die Konkurrenz, die mit dem Verkauf ihrer Modelle Geld verdienen will.
Musks Milliardenprojekt
Auch der umstrittene Milliardär Elon Musk mischt auf dem KI-Markt mit. xAI wurde erst im März 2023 gegründet, hat aber ambitionierte Pläne. Musk hat sich erfahrene KI-Experten an Bord geholt und sechs Milliarden Dollar von bekannten Investoren wie Andreessen Horowitz und Sequoia Capital eingesammelt. Von dem Geld will Musk unter anderem den Bau des weltgrößten Supercomputers mit 100.000 Nvidia-Hochleistungschips forcieren. Das KI-Modell Grok setzt Musk schon auf seiner Plattform X ein.
Die Europäer
Europas KI-Entwickler haben es auf dem Weltmarkt schwer. Dem französischen Mistral werden noch die höchsten Erfolgsaussichten eingeräumt. Es setzt genau wie Deepseek auf ein sogenanntes „Mixture-of-Experts“-Modell. Dem Heidelberger Start-up Aleph Alpha trauen viele Fachleute nur Chancen in der Nische zu.