Musik | Klassik: Sekund-Schritte ins Entsetzen

50 Jahre nach Dmitri Schostakowitschs Tod knüpft Evgeny Kissin an dessen politisches Erbe an – ganz im Sinne seines Engagements gegen Putins Krieg und den Antisemitismus


Die Musik von Dmitri Schostakowitsch (l.) habe ihn schon als Zehnjährigen ergriffen, sagt Evgeny Kissin (r.) im Gespräch

Fotos: Milan Bures/NYT/Laif, dpa (links)


In fahlen Flageolett-Tönen setzt die Cellistin ihr Motiv an. Behutsam, beinahe brüchig spinnt sie es über dem gedämpften Einsatz der Geige fort, während das Klavier in düsterem Unisono antwortet. Im Eröffnungssatz seines Klaviertrios Nr. 2 in e-Moll, Opus 67 verwob Dmitri Schostakowitsch Cello, Violine und Klavier zu einem seltsam tonlosen Kanon, in dem die Instrumente nicht nur ihrer eigentlichen Stimmen beraubt werden, sondern die Zuhörer auch ihre Orientierung verlieren. Nicht nur, weil das dunkel timbrierte Cello in irritierend höheren Lagen spielt als die Geige, sondern auch weil die gedämpften Klänge die Kategorien Raum und Zeit allmählich auflösen.

Die große Bühne des Kultur- und Kongresszentrums Luzern erinne