Modeunternehmen: Investorenknatsch und Kursrutsch für Hugo Boss

In seinem Ton und seiner Begeisterung für die Marke und vor allem im Selbstbewusstsein über das Erreichte bleibt sich Hugo-Boss-Chef Daniel Grieder treu. In der Sache kann aber auch er die schwierige konjunkturelle Situation nicht ignorieren. Und so folgt der Rede darüber, dass er und sein Team das Modeunternehmen in den vergangenen Jahren umgestaltet, Rekordumsätze erzielt und die Marken neu aufgebaut haben, das unvermeidliche Aber. „Das globale Umfeld ist fragmentierter und volatiler denn je, weil Handelsbarrieren und eine zurückhaltende Verbraucherstimmung die Komplexität unserer Geschäfte erhöhen“, sagte der Schweizer Manager am Mittwoch vor Journalisten und erläuterte eine kurzfristig angekündigte strategische Neuausrichtung.
Die nun vorgestellte Strategie soll die Effizienz verbessern und den „Weg für profitables Wachstum“ ebnen, sagte Grieder. Ansatzpunkte für Verbesserungen seien die Marke, der Vertrieb und interne Abläufe. So will das Unternehmen unter anderem durch geringere Investitionen und reduzierte Vorräte den Cashflow stützen. Neben Effizienzsteigerungen bei der Beschaffung sollen zudem Preisanpassungen und der Verkauf mit weniger Rabatten helfen. „Pläne für Entlassungen von Mitarbeitern haben wir keine“, erläuterte er. „Aber wir haben einen Einstellungsstopp verhängt.“
2026 wird Jahr der Anpassung
Die „bewusste Refokussierung“ wird sich nach Angaben Grieders auf die Geschäftszahlen 2026 auswirken. Beim Umsatz rechnet Hugo Boss mit einem Rückgang im mittleren bis hohen einstelligen Bereich. Der operative Gewinn (Ebit) werde zwischen 300 und 350 Millionen Euro liegen. Für das laufende Jahr strebt das Unternehmen einen Umsatz von 4,2 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 380 Millionen Euro an. „2026 wird ein Jahr der Anpassung sein, in dem das Geschäft durch die Straffung der Prozesse, die Überarbeitung des Sortiments und die Optimierung des Vertriebs gestärkt wird“, erklärte Grieder.
Die ehrgeizigen Ziele, die der Hugo-Boss-Chef bei seinem Amtsantritt Mitte 2021 eigentlich für das Jahr 2025 ausgegeben hatte, rücken damit in weite Ferne: Grieder strebt einen Umsatz von fünf Milliarden Euro und eine operative Umsatzrendite von zwölf Prozent an. In den ersten Jahren steigerte er den Erlös auf zuletzt 4,3 Milliarden Euro 2024; was bei einem operativen Gewinn von 361 Millionen Euro einer Umsatzrendite von 8,4 Prozent entspricht. Im Interview mit der F.A.Z. vor einem Jahr hatte er die Ziele noch bestätigt, im Hinblick auf den Ukrainekrieg aber zeitlich verschoben. „Ich hatte vor drei Jahren gesagt, das Einzige, was uns auf diesem Weg gefährden kann, ist ein Krieg. Das ist jetzt eingetreten“, erklärte der Hugo-Boss-Chef im Oktober 2024. Es dauere nun alles einfach länger.
Aktie verliert zeitweise zwölf Prozent
Zu konkreten Umsatzzielen äußerte sich Grieder am Mittwoch nicht mehr. Hugo Boss werde von 2027 an aber „zu Umsatz- und Ergebniswachstum zurückkehren“ und sich auf das „langfristige Ebit-Margenziel von rund zwölf Prozent zubewegen“. An der Börse reagierten die Papiere des M-Dax-Konzerns mit einem Kursverlust von zeitweise zwölf Prozent und notierten am Mittwoch sogar unter der 35-Euro-Marke.
Auf die Frage, inwieweit der sich zunehmend in die Geschäfte von Hugo Boss einmischende Großinvestor Frasers Group die neue Strategie gefordert habe, antwortete Grieder: „Die neue Strategie hat der Vorstand entwickelt, aber natürlich holen wir uns eine dritte Meinung ein, wofür wir den Aufsichtsrat haben, in dem auch Michael Murray sitzt. Von dort erhalten wir Rückmeldungen zu unseren strategischen Entscheidungen, die wir treffen.“ Die englische Frasers Group, einer der größten Sportartikel- und Modehändler Europas, ist mit einem Anteil von 25 Prozent mit Abstand größter Aktionär bei dem Modeunternehmen. Ihr Chef Michael Murray sitzt seit dem Frühjahr im Aufsichtsrat von Hugo Boss und hatte bereits im Sommer die Dividendenpolitik des Modeunternehmens kritisiert und offengelegt, dass das britische Unternehmen Interesse am Erwerb weiterer Anteile hegt und über Finanzinstrumente insgesamt 32 Prozent der Aktien von Hugo Boss kontrolliert.
In einer Pflichtmitteilung veröffentlichte Hugo Boss vergangene Woche eine Stellungnahme, dass „die Frasers Group den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Stephan Sturm, nicht mehr unterstützt“. Das Unternehmen sprach Sturm, der erst im Frühjahr den Vorsitz im Gremium von Hermann Waldemer übernommen hatte, dagegen das Vertrauen aus. „Stephan Sturm steht zu seiner Verantwortung als Aufsichtsratsvorsitzender und hat die feste Absicht, dieses Amt weiter auszuüben“, hieß es in einer zeitgleich veröffentlichten Mitteilung.
Gründe für die Differenzen zwischen Unternehmen und Großaktionär liegen vor allem in der unterschiedlichen Auffassung über die Ausschüttungen an die Aktionäre. Frasers Group sieht Hugo Boss an der Börse als unterbewertet an, wie aus einer Pflichtmitteilung aus dem Juli hervorgeht. Der Investor ist der Ansicht, dass Hugo Boss derzeit keine Dividenden ausschütten sollte. Die Mittel sollten vielmehr zur Wertsteigerung des Unternehmens eingesetzt werden.
Daniel Grieder kommentierte am Mittwoch weder die alten noch die neuen Streitpunkte. Er verwies lediglich auf das „gute Verhältnis“ zur Frasers Group. „Wir haben in dem Unternehmen in den vergangenen Jahren einen Investor gewonnen, der unsere Strategie wirklich mitträgt, der an das Potential des Unternehmens glaubt, der hinter dem Management steht und uns in jeder Hinsicht, so gut er kann, unterstützt“, sagte er. Die Frasers Group bringe Erfahrungen mit, die Hugo Boss gut gebrauchen könne. Im Gegensatz zu den Einmischungen, die aus England kommen.