Mobilität in Deutschland: „Die Elektromobilität ist mitten im Alltag angekommen“

Die Bürger in Deutschland fahren mehr Rad und laufen häufiger zu Fuß. Und die Zahl der Autos steigt, aber sie stehen häufiger rum. Außerdem entfaltet das Deutschlandticket seine Wirkung: Der öffentliche Nahverkehr hat den drastischen Nachfragerückgang während der Corona-Krise inzwischen wieder aufgeholt, vor allem in den Metropolen. Das sind die zentralen Ergebnisse der größten Studie zur Alltagsmobilität in Deutschland, die vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben wird.

Die Studie Mobilität in Deutschland (MiD) ist umfangreich, weil dafür zwischen Mai 2023 und Juni 2024 mehr als 420.000 Personen in mehr als 1000 Städten und Gemeinden befragt wurden. Es ist seit 2002 bereits das vierte Mal, dass die Studie durchgeführt wurde. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für die Verkehrsplanung vor Ort und waren zuletzt Teil kontroverser Debatten. Der damalige Verkehrsminister Volker Wissing hatte die Prognosen über den weiter steigenden Auto- und Güterverkehr auf der Straße als Argument benutzt, um Straßenbauprojekte beschleunigt durchsetzen zu können.

Das Lieblingsverkehrsmittel bleibt das Auto

Eine große Ambivalenz zeigt sich beim Lieblingsverkehrsmittel der Deutschen, dem Auto: So ist die Zahl der verfügbaren Pkw auf fast 50 Millionen gestiegen, das entspricht etwa 1,2 Autos pro Haushalt. Das zeigt sich auch im Straßenbild: Sie nehmen rund ein Fünftel mehr öffentlichen Parkraum in Anspruch als früher. Während vor acht Jahren rund acht Millionen private Pkw öffentlich abgestellt wurden, sind dies 2023 etwa zehn Millionen.

Gleichzeitig sinkt die tatsächliche Nutzung – zum ersten Mal seit acht Jahren: Die durchschnittliche tägliche Fahrzeit pro Fahrzeug ist von 50 Minuten im Jahr 2008 auf gut 40 Minuten gefallen. Besonders in jüngeren Altersgruppen nehme die Pkw-Nutzung ab, während bei Senioren die Autoverfügbarkeit weiter steige, heißt es in der 240 Seiten umfassenden Studie. Hier schlägt sich ein Trend nieder, der in der Corona-Krise seinen Anfang nahm: Das Home-Office ist auch heute noch weit verbreitet und führt dazu, dass sich die Menschen seltener ins Auto oder in die Bahn setzen.

Der Pkw bleibt also weiterhin das wichtigste Verkehrsmittel, vor allem auf dem Land. Jedenfalls werden 53 Prozent aller Wege mit dem Auto zurückgelegt. Weil dies natürlich vor allem für längere Strecken gilt, ist der Bestandteil an den gefahrenen Kilometern noch deutlich höher: 73 Prozent aller Kilometer werden als Fahrer oder Mitfahrer zurückgelegt. Beim Rückgang gibt es zudem deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land.

E-Autos werden auch für längere Strecken genutzt

Eine deutliche Änderung ist bei der Elektromobilität zu beobachten: Elektroautos werden inzwischen genauso wie Verbrenner für längere Strecken genutzt, das war 2017 noch anders. „Die Elektromobilität ist mitten im Alltag angekommen“, resümierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Freitag in Berlin. Das Nutzungsmuster der Elektroautos unterscheide sich heute kaum mehr von den Verbrennern. „Die Elektromobilität passt sich den Bedürfnissen der Menschen mehr und mehr an, was uns immer näher zum Ziel einer klimafreundlichen Mobilität bringt.“

Allerdings ist die Verbreitung noch immer gering; nur fünf Prozent der in Privathaushalten verfügbaren Autos fahren mit Elektroantrieb. Die Bundesregierung will diesen Anteil deutlich steigern. Schnieder sagte, er werde die Ladeinfrastruktur für E-Autos weiter ausbauen. Mit dem Haushalt für 2026 werde es unter anderem Mittel geben, damit es in Mehrfamilienhäusern mehr Lademöglichkeiten geben könne.

Die Elektromobilität sorgt auch dafür, dass die Bürger immer häufiger auf andere Verkehrsmittel ausweichen: Der Radverkehr nimmt wegen der immer häufiger verkauften E-Pedelecs zu. So hat sich der Bestand an Pedelecs von rund 50 E-Fahrrädern pro 1.000 Personen im Jahr 2017 auf etwas mehr als 140 fast verdreifacht. Das zeigt sich auch in der Strecke: Mit dem Fahrrad werden inzwischen 11 Prozent der Wege zurückgelegt. Pro Tag werden rund 117 Millionen Kilometer geradelt.

Deutschlandticket in Metropolen beliebt

Eine ähnliche Entfernung legen Fußgänger zurück, von denen es insgesamt deutlich mehr gibt. Auf rund 113 Millionen Kilometer summiert sich die Strecke in diesem Bereich.  Der Anteil der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, stieg deshalb von 22 Prozent auf 26 Prozent. Das ist der höchste Wert seit 2008.

Das Deutschlandticket ist vor allem in den Metropolen beliebt, dort nutzen es ein Drittel der Menschen für ihre Fahrten im Öffentlichen Nahverkehr. Nach langer Zeit der Unsicherheit ist die Finanzierung des Abos für die nächsten Jahre in trockenen Tüchern. Der Preis steigt im Januar von 58 auf 63 Euro. Außerdem stimmte am Freitag der Bundesrat für eine entsprechende Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Diese sieht vor, dass Bund und Länder weiterhin jeweils 1,5 Milliarden Euro jährlich zu dem vergünstigten Angebot beisteuern.