Miniserie „The Sympathizer“ von Park Chan-wook: Immer gen dieser falschen Seite

Heutzutage wirkt ein Epigraph oft entweder hochtrabend oder fehl am Platze. Aber im Fall des Friedrich-Nietzsche-Zitats, dasjenige dieser vietnamesisch-US-amerikanische Schriftsteller Viet Thanh Nguyen seinem Roman Der Sympathisant (2015) voranstellt, ist dasjenige verschieden. Wer dasjenige Buch zu Ende liest, wird im Nachhinein zustimmend mit dem Kopf nicken: „Hüten wir uns, im Kontext dem Wort ‚Tortur‘ gleich düstere Gesichter zu zeugen: es bleibt ohne Rest durch zwei teilbar in diesem Falle genug dagegen zu rechnen, genug abzuziehn – es bleibt selbst irgendwas zu lachen.“ Denn tatsächlich geht es in diesem düsteren Spionage-Epos oftmals unerwartet lustig zu. Und dasjenige, obwohl es denn dasjenige ausführliche Geständnis seines namenlosen Protagonisten unter Zwang vonseiten des vietnamesischen Geheimdiensts angelegt ist.

Das Geständnis setzt ein mit den Ereignissen im April 1975, wenige Wochen vor dem Fall Saigons und dem Ende des desaströsen Vietnamkriegs, dieser aus Sicht dieser Vietnamesen ein „amerikanischer Krieg“ ist. Der Erzähler arbeitet für jedes den südvietnamesischen Geheimdienst, ist daher wirklich denn Spion für jedes den Vietcong tätig und bereitet die Flucht nachdem Amerika vor, wo er seine Dienste fürs nun kommunistische Vietnam fortsetzen soll. Obwohl sein Job denn Doppelagent mit Komplizenschaft im Kontext Folter oder gar Mord an seinen Landsleuten verbunden ist, führt dieser Erzähler mit unerwartetem Witz durch die Tiefpunkte seines Lebens. Trocken, daher nicht leidenschaftslos, sarkastisch, daher niemals zynisch ist dieser Tonfall von Nguyens Roman, dieser 2016 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Doch wie überträgt man eine so sonderbar ausbalancierte Tonalität in ein visuelles Medium?

Dieser Frage nach sich ziehen sich dieser südkoreanische Regisseur Park Chan-wook und sein kanadischer Co-Showrunner Don McKellar im Kontext ihrer Miniserie The Sympathizer in interessant grundsätzlicher Breite gestellt. Gleich in dieser ersten Folge säumen sie die besondere Erzählsituation genauer ein: Der Erzähler (Hoa Xuande), in seinem früheren Dasein meist denn „Captain“ angesprochen, befindet sich seit dem Zeitpunkt einem Jahr in einem „Umerziehungslager“ im nun kommunistisch vereinten Vietnam und wird vom Kommandanten des Lagers angehalten, sein romanhaftes Geständnis wieder und wieder umzuschreiben und weitere Details zu offenbaren. Der Captain tut, wie ihm geheißen, schreibt, während sich seine Erzählung denn filmisches Werk entfaltet, dasjenige er wie am Schneidetisch mal vor-, mal zurückspult, für jedes Einschübe unterbricht und neu arrangiert.

Der Captain ist ein Doppelagent mit Identitätskrise

Sein Geständnis lässt er in einem zweckentfremdeten Kino in Saigon beginnen, denn eine kommunistische Schläfer-Agentin vor seinen Augen gefoltert und verhört wird. An seiner Seite befindet sich sein amerikanischer Mentor, dieser kaltschnäuzige CIA-Agent Claude (Robert Downey Jr.), dieser meint, den Captain in- und auswendig zu Kontakt haben, hat er ihn doch selbst fähig. In Wahrheit gehört dieses Privileg seinem heimlichen Befehlshaber Man (Duy Nguyen), einem Zahnarzt und verdeckten Vietcong-Mitglied. Die beiden und den ahnungslosen Antikommunisten Bon (Fred Nguyen Khan) verbindet seit dem Zeitpunkt ihrer Kindheit eine tiefe Freundschaft, die vom Fall Saigons schließlich gen die Probe gestellt wird.

Der Captain soll sich gen Mans Befehl hin dieser Flucht ranghoher südvietnamesischer Militärs in die USA anzapfen. Er überzeugt daraufhin Bon, mitsamt seiner Frau und einem neugeborenen Kind mit ihm auszuwandern – ein Plan, dieser aufgrund des massiven Beschusses dieser bereitgestellten Flieger nicht vollends aufgeht. Am Ende findet sich dieser Captain mit einem von Schock und Trauer erschütterten Bon im sonnigen Kalifornien wieder und muss gleichermaßen die Befehle seines südvietnamesischen Generals außer Dienst (Toan Le) umtopfen und die verschlüsselten Anweisungen aus Mans Briefen befolgen.

Die daraus entstehende Identitätskrise ist dem bilingualen Captain nicht fremd: Eingestreute Rückblenden offenbaren, dass er denn illegitimer Sohn einer Vietnamesin und eines französischen Geistlichen in seiner Heimat zeitlebens denn „Bastard“ beschimpft wurde. Und selbst dieser amerikanische Schmelztiegel scheint selbige östlich-westliche Dualität nicht tilgen zu können: Der südvietnamesischen Diaspora gilt er trotz seines recht hohen Rangs weiterhin denn „Halbblut“, und im Kontext seiner Anstellung beim flamboyanten Asienstudien-Professor Hammer (wieder: Robert Downey Jr.) ist es seine erste Aufgabe, seine orientalen und okzidentalen Wesenseigenschaften aufzulisten.

„The Sympathizer“ dreht den Cross-Race-Effect um

Da hilft es wiewohl nichts, dass seine neue Liebschaft, die kapitalismuskritische Sofia (charmant-abgeklärt und wunderbar: Sandra Oh) aus ihm vereinen reichlich solche Zuschreibungen erhabenen Amerikaner zeugen will. Er klammert sich stattdessen solo an die tröstenden Worte seiner verstorbenen Mutter, worauf er nicht die Hälfte von irgendetwas, sondern dasjenige Doppelte von allem ist.

Park und McKellar umkreisen dieses identitäre Drama denn elegant bebilderten Spionage-Krimi, dieser mit seinen abrupten Zoom-ins, dem musikalischen Zeitkolorit und gedämpfter Farbigkeit zusammen eine Hommage ans Kino dieser 1970er ist. Richtig nahe kommen sie dem komplexen Charakter des Captains, wie man ihn im Roman erlebt, dessen ungeachtet nie. Etwas verstellt den Weg – und zwar gleich in vierfacher Ausführung: Robert Downey Jr. ist nämlich nicht nur denn CIA-Claude und denn Orientalistik-Professor Hammer zu sehen, sondern wiewohl denn zähnefletschender Kongressabgeordneter Ned Godwin sowie denn fahriger Regisseur Nikos Damianos. Man kann diesen von Robert Downey Jr. vortrefflich genutzten Kunstgriff denn verspielte Umkehr des sonst oftmals Asiat*medial treffenden Cross-Race-Effects (dasjenige Phänomen des verminderten Identifizierungsvermögens im Kontext Gesichtern, die nicht dieser eigenen Ethnie zugehörig sein) betrachten oder denn Symbol für jedes dasjenige Quartett amerikanischer Einflussnahme (Politik, Geheimdienst, Kultur, Bildung). Es bleibt dessen ungeachtet ein schaler Geschmack zurück, wenn eine für jedes ein größeres Publikum adaptierte Erzählung, die die grausamen Auswüchse des Vietnamkriegs mal nicht in ausschließlich amerikanischer Perspektive zeigt, dessen ungeachtet vereinen weißen amerikanischen Schauspieler denn massenwirksames Zugpferd in den Vordergrund verschieben muss.

Davon unberührt findet The Sympathizer denn Miniserie dessen ungeachtet zu eigener Stärke – insbesondere dann, wenn es um die Wirkmacht des Kinos geht und man sich damit dem fulminanten Herzstück dieser Vorlage widmet. Der Captain nämlich ergattert vereinen Job denn vietnamesischer Berater beim Dreh eines amerikanischen Kriegsfilms reichlich Vietnam. Dessen Regisseur Nikos ist – verschieden denn in dieser Vorlage – kein ungeschützt rassistischer Antikommunist, sondern begreift sein Werk denn durchaus US-kritischen Antikriegsfilm; angespielt wird gen Francis Ford Coppola und die Dreharbeiten zu Apocalypse Now. Zur Verwunderung des Captains hat Claude von dieser CIA die Filmarbeit genau im Bick, lässt Nikos und „subversive“ Künstlertypen wie ihn daher zeugen, solange man sie in den „nebulösen Grenzen des Humanismus fernab anwendbarer politischer Ideologie“ halten könne.

Damit liefern Park und McKellar vereinen bissigen Kommentar zum (Selbst-)Betrug des sich denn subversiv begreifenden „New Hollywood“, vor sie sich beim Finale dann dieser ebenso betrügerisch-illusorischen Erzählweise des Captains zuwenden. Hier kommt dann Park Chan-wooks ausdrucksvoll-furioser Stil zur Geltung, wie man ihn etwa aus Oldboy kennt: Der großartige Score von Komponist Cho Young-wuk lässt seinen Grundton von spannungsgeladener Krimi-Untermalung in eine Trauer und Schuld ausdrückende, bewegende Melodie münden, während dieser Plot diverse Volten schlägt und verborgene Wahrheiten offenbart. Diese lenken den Blick schließlich sehr wirkungsvoll gen den Captain, die wiederholten Details seiner Erzählung und die Folgen seiner Dualität – nicht mit dieser gleichen Tiefenschärfe wie die literarische Vorlage, daher mit einer eigenen Brillanz.

Eingebetteter Medieninhalt

The Sympathizer Park Chan-wook, Don McKellar. USA 2024, 7 Folgen, Sky/Wow