Militärschlag in Karibik: Weißes Haus stellt sich nachher Kritik hinter Hegseth

Nach heftiger Kritik am amerikanischen Verteidigungsminister wegen eines tödlichen zweiten Angriffs auf ein angebliches Schmugglerboot in der Karibik hat das Weiße Haus sich hinter Verteidigungsminister Pete Hegseth gestellt. Sprecherin Karoline Leavitt bestätigte am Montag Medienberichte, wonach bei dem Angriff Anfang September eine zweite Rakete auf das Boot gefeuert wurde.

Weiter hieß es aber, Hegseth habe Admiral Frank Bradley, Kommandeur des United States Joint Special Operations Command, ermächtigt, die militärischen Angriffe auszuführen. Bradley habe „im Einklang mit dem Gesetz“ gehandelt, um sicherzustellen, „dass das Boot zerstört und die Bedrohung für die Vereinigten Staaten beseitigt wurde“. Auf die Frage eines Journalisten, ob der Befehl für einen zweiten Angriff von Admiral Bradley gekommen sei, antwortete Leavitt, dieser habe „im Rahmen seiner Befugnisse“ gehandelt.

Nach dem Vorfall gefragt sagte Präsident Donald Trump am Dienstag während einer Kabinettssitzung im Weißen Haus, er wisse nur „dass wir mit jedem Boot, das in die Luft gejagt wird, 25.000 Leben retten“. Er habe immer noch „nicht viele“ Informationen über den Angriff bekommen. Verteidigungsminister Hegseth bestätigte auf Nachfrage eines Journalisten, er habe den ersten Raketeneinschlag damals live verfolgt, sei dann jedoch nicht geblieben, weil es im Verteidigungsministerium noch viele andere Dinge zu erledigen gegeben habe. Er habe auch keine Überlebenden gesehen. „Einige Stunden später“ sei er über den zweiten Angriff informiert worden. Er stehe jedoch vollends hinter der Entscheidung Admiral Bradleys.

Trump: Ich glaube ihm zu hundert Prozent

Die „Washington Post“ hatte am vergangenen Freitag berichtet, Hegseth habe den mündlichen Befehl gegeben, die gesamte Besatzung des Bootes zu töten. So sei eine zweite Rakete abgefeuert worden, als man auf Drohnenaufnahmen nach dem ersten Angriff zwei Überlebende sah, die sich an das Bootswrack klammerten. Die „New York Times“ schrieb unter Berufung auf fünf Regierungsbeamte, Hegseth habe einen tödlichen Schlag auf das Boot angeordnet, aber nicht explizit gesagt, was geschehen solle, sollte ein erster Angriff dieses Ziel verfehlen.

Trump hatte am Sonntag gesagt, der Verteidigungsminister habe ihm versichert, dass „er das nicht gesagt hat, und ich glaube ihm zu hundert Prozent“. Er habe „großes Vertrauen“ in Hegseth. Trump äußerte außerdem, er hätte einen zweiten Angriff „nicht gewollt“; der erste sei schon „sehr tödlich“ gewesen, „es war in Ordnung“. Bei dem Angriff Anfang September waren nach Angaben der Regierung elf Personen getötet worden. Es handelte sich um den ersten von knapp zwanzig Militärschlägen gegen angebliche Rauschgiftschmugglerboote im Pazifik und der Karibik, bei denen bislang mindestens achtzig Personen getötet wurden.

Sprecherin Leavitt hob im Zuge der Debatte abermals hervor, Präsident Trump habe „die Befugnis, Drogenterroristen zu töten“, wenn sie Rauschgift in die Vereinigten Staaten schmuggelten. Die amerikanische Regierung hat Rauschgiftbanden als Terroristen deklariert und begründet damit die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens. Nach dem Bericht der „Washington Post“ hatte es jedoch parteiübergreifende Kritik aus dem Kongress gegeben; sowohl der Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses als auch der des Senats haben eine umfassende Prüfung des Angriffs angekündigt.

Hegseth soll Ignorieren von Rechtslage empfohlen haben

Die demokratischen Senatoren Chris Van Hollen und Tim Kaine äußerten, sollte sich der Bericht als wahr herausstelle, handele es dabei um ein Kriegsverbrechen. Verteidigungsminister Hegseth hatte sich schon vor seinen Äußerungen in der Kabinettssitzung der Darstellung des Weißen Hauses angeschlossen. Er schrieb am Montag auf der Plattform X, Admiral Bradley habe die „Kampfentscheidungen“ während der Angriffe getroffen. Er sei ein „amerikanischer Held, ein echter Profi“ und habe seine volle Unterstützung.

Wie der britische „Guardian“ am Dienstag berichtete, soll Hegseth in seinem im vergangenen Jahr erschienenen Buch geschrieben haben, wie er Soldaten unter seinem Befehl im Irak anwies, rechtliche Hinweise darüber zu ignorieren, wann sie feindliche Kämpfer laut Einsatzregeln töten dürfen. Demnach beschreibt Hegseth in „Der Krieg gegen die Krieger“ den Austausch mit einem Militäranwalt, der mit Soldaten Einsatzregeln anhand von Beispielen durchging.

Etwa, wann es erlaubt sei, auf ein feindliches Gegenüber mit einer Panzerfaust in der Hand zu schießen – laut Hegseths Nacherzählung erst dann, wenn sie eine konkrete Bedrohung darstelle und mit der Absicht zu feuern auf die Soldaten gerichtet sei. Weiter schreibt er, er habe seine Männer später angewiesen, diese rechtlichen Anweisungen zu ignorieren. Er habe gesagt: „Wenn ihr einen Feind seht, den ihr für eine Bedrohung haltet, greift an und vernichtet die Bedrohung.“

Source: faz.net