Mieles bemerkenswertes Bekenntnis zum Standort D

Noch 2024 sorgte Miele mit der Meldung des größten Stellenabbaus seiner Firmengeschichte für Schlagzeilen. Nun jedoch verkündet der Hausgerätehersteller, 500 Millionen Euro in seine deutschen Standorte zu investieren. Außerdem sind konkrete Produkt-Innovationen geplant.

Miele investiert in seine deutschen Standorte. 500 Millionen Euro sind bis inklusive 2028 eingeplant für unter anderem die beiden bestehenden Werke in Oelde und Gütersloh in Ostwestfalen sowie für einen Ausbau des Forschungs- und Entwicklungszentrums in Bünde, in dem an Kochfeldern, Dampfgarern und Wärmeschubladen gearbeitet wird.

Darüber hinaus werden in Lehrte ein Kundendienst-Schulungszentrum und am Stammsitz in Gütersloh ein neues Prototyping-Center gebaut. „Wir setzen damit ein klares Zeichen für den Standort Deutschland“, sagt Markus Miele, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter des Hausgeräteherstellers.

Zuletzt war der Eindruck noch ein anderer. Immerhin hat Miele im vergangenen Jahr das Transformationsprogramm MPP – die Abkürzung steht für „Miele Performance Program“ – gestartet. Hauptbestandteil war eine Teilverlagerung der Waschmaschinenproduktion von Deutschland nach Polen samt einem Abbau von bis zu 1400 Arbeitsplätzen hierzulande. Entsprechend groß war der Aufruhr beim Familienunternehmen. Immerhin handelt es sich um den größten Stellenabbau der Firmengeschichte, und das ausgerechnet zum 125-jährigen Jubiläum.

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Mittlerweile ist klar, dass der Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen passiert. Denn über Abfindungs- und Ruhestandslösungen konnten ausreichend viele Mitarbeiter gefunden werden, die das Unternehmen freiwillig verlassen, wie die fürs Personal zuständige Geschäftsführerin Rebecca Steinhage berichtet. „Dass uns das gelungen ist, war ein wichtiger Erfolg“, sagt die Managerin, die zudem bei jeder Gelegenheit betont, dass MPP kein reines Kostensenkungsprogramm sei.

Vielmehr gehe es auch um mehr Effizienz, um weniger Komplexität im Sortiment und um eine Erhöhung der Margen. „Unser Ziel war es, Mieles Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und so die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Dafür haben wir mutig notwendige Entscheidungen getroffen.“ Rund 500 Millionen Euro sollen die Strukturveränderungen bis 2026 bringen. „50 Prozent davon wurden bereits realisiert“, berichtet Steinhage bei der Vorlage der Jahresbilanz.

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Mit den Zahlen zeigt sich das Management dabei zufrieden. „Trotz angespannter Marktbedingungen mit Kaufzurückhaltung, hohem Preisdruck und geoökonomischen Herausforderungen haben wir uns behaupten können“, sagt Gesellschafter Miele. Auf 5,04 Milliarden Euro ist der Umsatz im vergangenen Jahr gestiegen, das ist ein Plus von 1,7 Prozent gegenüber 2023 – auch wenn die verkauften Stückzahlen zurückgegangen sind. Zum Ergebnis äußert sich das Familienunternehmen traditionell nicht. „Nur so viel: Wir haben ein Ergebnis“, sagt Reinhard Zinkann, ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter und Nachkomme der Firmengründer. Es gebe also einen Gewinn.

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Dennoch hinkt Miele den Erfolgen vergangener Jahre hinterher. Vor allem in der Corona-Zeit, als viele Haushalte in die eigenen vier Wände investiert haben, waren neue Staubsauger, Geschirrspüler, Backöfen, Dampfgarer und Waschmaschinen gefragt. Auf fast 5,5 Milliarden Euro ist der Gruppen-Umsatz damals gestiegen. Mittlerweile aber leidet insbesondere das Premium-Segment, in den sich Miele verortet. Kann-Käufe werden verschoben, heißt es aus dem Elektrofachhandel, und bei Muss-Käufen Abstriche gemacht.

US-Zölle sollen die Kunden bezahlen

Miele will nun mit Innovationen gegensteuern und neue Begehrlichkeiten wecken. Mit „Smart Food ID“ zum Beispiel. Das sind Backöfen, die mittels Kamera und künstlicher Intelligenz erkennen, welche Lebensmittel sich in ihnen befinden und dann automatisch das dafür passende Programm aussuchen und starten.

Oder mit InfinityCare. Das sind Waschmaschinen mit einer erstmals rippenlosen Trommel, die laut Miele Textilien besser schont und damit langlebiger macht. Und bald werde es für die Küche eine weitere Innovation geben, die einen „ewigen Schmerzpunkt beseitigt“, wie Markus Miele es ausdrückt, ohne jedoch Details nennen zu wollen. Zudem werde Vernetzung zum Standard bei allen Geräten.

Doch Produkte und Innovationen sind das eine. Um die Nachfrage wieder anzukurbeln, seien auch politische Weichenstellungen notwendig, wie das Miele-Management betont. Mitgesellschafter Zinkann mahnt dafür eine schnelle Regierungsbildung an und im Anschluss Maßnahmen zur Stärkung von Wirtschaft und Standort, darunter Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, den Ausbau der digitalen und die Modernisierung der Verkehrs-Infrastruktur oder auch ein Ankurbeln der Baukonjunktur.

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Dass die Zahl der Baugenehmigungen und Baufertigstellungen seit Jahren stark einbricht, trifft auch Miele. Denn in jedes neue Haus und in jede neue Wohnung wird auch eine neue Küche eingebaut mit zahlreichen Elektrogeräten. Und die daraus resultierenden Folgeumzüge hätten den Kauf von drei weiteren Küchen zur Folge, erklärt Zinkann.

Und Deutschland ist nach wie vor der größte Markt für Miele. Alleine ein Viertel des Umsatzes erwirtschaftet der Gerätehersteller in der Heimat. An zweiter Stelle stehen die USA. Und dort versprechen sich die Ostwestfalen noch deutlich mehr Geschäft in den kommenden Jahren. Denn Ende 2024 hat Miele dort seine erste eigene Produktion eröffnet.

In Opelika im Bundesstaat Alabama werden nun Herde und Backöfen für den US-Markt hergestellt, später sollen auch noch Dunstabzugshauben folgen. „Das reduziert die Lieferzeit von heute bis zu zehn Wochen kundenfreundlich auf wenige Tage und entlastet zugleich das Klima“, sagt Markus Miele. Zudem spare das Unternehmen Transportkosten.

Bislang kommen die Geräte, die in Übersee überwiegend andere Maße haben als der deutsche oder europäische Durchschnittsofen, aus dem Werk in Oelde im südöstlichen Münsterland, wo künftig andere Produkte produziert werden sollen. „Amerika denkt in Zoll und nicht in Zentimetern. Deswegen haben wir dort investiert“, erklärt Zinkann. Damit dürfte für uns dort künftig ein größeres Wachstum möglich sein.

Gleichzeitig scheint das Timing für die Eröffnung der Fertigung perfekt angesichts der Zollandrohungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Wobei Miele in den USA weit mehr als nur Herde und Backöfen verkauft. „Mittlerweile liefern wir das komplette Sortiment“, sagt Zinkann. Sollten darauf Zölle fällig werden, kündigt der Manager an, die Mehrkosten an die US-Kunden weiterzugeben. „Die Zölle stehen noch gar nicht fest. Und so lange können wir auch nicht sagen, wir machen es so oder so. Ich gehe aber davon aus, dass wir das in den Preisen durchreichen müssen. Das wird nicht anders gehen. Wir können das nicht zulasten unseres Ergebnisses nehmen.“

Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet unter anderem über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie.

Source: welt.de