Messe in Madrid: Mehr Schwerkraft zu Gunsten von die Kunst – WELT
Der Kontrast zwischen dem Repräsentativbau des Prado-Museums, vor dem die Menschen die Märzsonne genießen, den fantastisch-verspielten Art-déco-Stadthäusern, dem weiten Retiro-Park durch den sich die Jogger in Kolonnen in Bewegung setzen und den grauen monströs großen Messehallen jener spanischen Traditionsmesse Arco am Stadtrand könnte größer nicht sein.
Und dann steht da nebensächlich noch ein Panzer, fremd, gewaltsam. Daneben eine Gruppe Schülerinnen, hibbelig, hibbelig. Soldaten in Uniform rennen vorbei. Einer kommt und nimmt einem Mädchen die Tasche ab, begleitet sie zum Kriegsfahrzeug, hilft ihr beim Hochklettern. Ein Junge sitzt im Cockpit eines Kampfflugzeuges und lässt sich strahlend die Knöpfe verdeutlichen.
Das jedoch ist keine Performance. Auf dem riesengroßen Gelände jener Messegesellschaft Ifema findet parallel zur Arco Madrid dieses Jahr eine Berufseinsteiger-Messe statt, die „Semana de la Educación“. Hunderte Jugendliche vermischen sich mit dem Kunstvolk, um sich zu informieren, welches sie mit ihrem Leben eröffnen können. Ob es neben dem Soldaten wohl nebensächlich den Künstler zur Auswahl gibt?
Kunstmesse Arco: Lateinamerika im Fokus
Im Innern jener Arco zeigt sich jedenfalls ein völlig anderes Bild. Hat man es durch die Sicherheitskontrollen geschafft, ist dasjenige graue Umfeld vergessen: Die Hallen erfüllt ein Geräuschpegel, wie hätte sich Europas Kunstszene nachdem einem strengen Lockdown getroffen, um erst mal ausgiebig zu quatschen. Es herrscht eine Aufregung, wie gäbe es nichts Wichtigeres wie sie Vernissage. Das Sammler-Publikum gewiss ist tendenziell 60 plus. Via Zukunftsfragen jener Jugend ist wenig zu finden.
Wie jedes Jahr liegt ein Schwerpunkt jener Arco aufwärts Lateinamerika und dieses Mal jener Karibik. Koloniale Geschichte wird sehr schonend aufgearbeitet, ab und an kommt dasjenige Thema Klimawandel aufwärts, dann liegt ein Fokus aufwärts Homosexualität, meist zwischen Männern, Trans-Identität spielt im Rahmen jener Galerie Crisis aus Peru eine Rolle.
Sonst gleichwohl wird den Sammlern weder Anlass zum Kopfzerbrechen noch zur Überwältigung geboten – im Gegenteil, die Mischung wirkt weitestgehend zurückhaltend, ernsthaft, dann verträumt, ja melancholisch. Das Sinnbild: Eine schlicht wunderschöne Eule von Kiki Smith fliegt vorbei, „Evening Star“ von 2023 im Rahmen Lelong aus Paris.
Neon ist beliebt
Jeppe Heins beruhigende „I am the light in you“-Neonröhrenschrift von 2020 im Rahmen Nicolai Wallner aus Kopenhagen steht ebenso symptomatisch zu Gunsten von dasjenige Programm. Neonlicht ist aufwärts Messen ein beliebtes Medium, unähnlich wie dasjenige Video oder die große Installation, die aufwärts jener Arco kaum zu finden sind.
Lieber Leuchtstoff zu Gunsten von die Wand: Gisela Capitain lässt Andrea Bowers Martin Luther Kings Zitat „Beloved Community“ mit Neon schnörkelig an die Wand werfen. John Armleder schickt im Rahmen Mehdi Chouakri keine Botschaft, sondern eine Neon-„Blast“ von 2022; die in zwei Richtungen dekorativ züngelnde Flamme kostet 50.000 Euro.
Chouakri aus Berlin und Capitain aus Köln in Besitz sein von zu einer großen Zahl Galerien aus Deutschland, deren Präsenz und Qualität intensiv ist, nebensächlich, weil es viele jener wichtigen, etablierten, mittlerweile – liebevoll gemeint – „alteingesessenen Galerien“ sind, jene, die ihr Business schon 20, 30, 40 Jahre oder länger münden.
Max Hetzler (1974 gegründet) aus Berlin, Vera Munro aus Hamburg (1977) und die nächste Generation mit Bärbel Grässlin (1985), Gisela Capitain aus Köln (1986), Esther Schipper (1989), Contemporary Fine Arts (1992), Neugerriemschneider (1994) und Mehdi Chouakri (1996). Viele jener Galerien jener späten 90er mussten rund um die Wirtschaftskrise 2008 kapitulieren. Auf jener Arco in Madrid nun kann man die ungebrochene internationale Stärke dieser Galerien erleben – ihre Kunst eingeflochten dasjenige Kojenlabyrinth wie ein Spinnennetz.
Vera Munro zum Beispiel zeigt Anne Laure Sacriste, eine junge Künstlerin, die mit Freude Alte Meister im Detail seziert und zauberhaft einzelne Motive und ihre „Schwerkraft“ in ihre Kunst übersetzt („Gravity Sculpture“, 21.000 Euro). Neugerriemschneider tritt mit seinen Hauskünstlern Thomás Saraceno, Ólafur Elíasson, Ai Weiwei und Noa Eshkol an.
Den Ton jener Messe trifft gleichwohl Billy Childish mit seinem Gemälde „As It Was“ von 2023: Eine Silhouette im Kanu vor Naturlandschaft – war da wirklich irgendetwas besser? Oder vielleicht doch unterlegen? Und nebensächlich Meyer Riegger aus Karlsruhe und Berlin lädt zum Verweilen ein: Vor jener Koje steht eine Bank, von jener man in aller Ruhe Ulla von Brandenburgs „Raise Up Valley, Sink Down Mountain“ genießen kann, ein zwei mal 1,4 Meter großer Quilt, jener dasjenige Auge hält und wegträgt in die klare Farbenwelt.
Berliner Galerie in Madrid
Zu den Galerien aus Deutschland zählt nebensächlich Carlier Gebauer, 1991 in Berlin gegründet. 2019 eröffneten sie eine Dependance in Madrid – mit Erfolg. Das ist keine Selbstverständlichkeit; ihre Kunst ist von besonderer Feinheit, sie vertreten die leisen, durchdringenden Stimmen, offenstehen keine Monumentalmalerei zu Gunsten von den Loftsammler.
Nachdenklich zeigt sich etwa Michel François mit seinem Duo aus gesichtsloser Bronzekugel im schwarzen Kapuzensweater und daneben einer Schwarz-Weiß-Fotografie eines Mannes, den Kopf in den Händen vergraben (35.000 Euro). Wenige Schritte weiter öffnet sich jener Boden und man schaut wie in die Unterwelt – dasjenige Foto „Oratorio“ von Lúcia Koch aus dem Jahr 2013 schafft die Illusion eines tiefen, endlosen Schachts (40.000 Euro). Der spanische Maler Louis Gordillo malte 1990 „Cilindración de fluidos“, dasjenige jetzt 165.000 Euro kostet.
Sechsstellige Beträge bleiben in Madrid gleichwohl tendenziell die Ausnahme, die Preise in Bewegung setzen sich meist zwischen von 10.000 und 100.000 Euro. Wie „Solar Power“ von 2023, eine Emaille-Sonne von Oscar Tuazon im Rahmen Chantal Crousel. Thaddaeus Ropac hat Miquel Barcelós vergleichsweise kleines Gemälde „Larga Cambiada“ von 2016, dasjenige ebenso gut eine aufgehende Sonne sein könnte.
Und Daniel Richter macht sich mit einem kryptischen Figurenbild aufwärts rotem Grund droben „Moralischen Schabernack“ lustig (2023). Liebling jener Besucher sind die humorvoll-zynischen Bildhauer Elmgreen & Dragset mit ihrem jungen Tennisspieler von 2020, jener irgendetwas unheimlich erschöpft aufwärts dem grünen Rasen liegt, Schläger und Ball von sich geworfen (Helga de Alvear, Madrid).
Die Zukunft jener Jugend
Bei Thomas Schulte aus Berlin scheint am Ende durch, welches uns jedweder beschäftigt: Dort hängt Alfredo Jaars „(Kindness) of (Strangers)“ von 2015. Im Jahr jener großen Fluchtbewegung zeichnete jener Künstler die Routen nachdem aufwärts einer Karte, nun glänzen sie vor dem Auge wie abstraktes Linienspiel aus Neonröhren. Auf jener Karte kann man wiedererkennen, dass einst nur droben Russland und jener Ukraine gähnende Leere herrschte. Heute neun Jahre später ist sie Lücke aufwärts tragische Weise geschlossen worden.
Und nebensächlich im Rahmen Contemporary Fine Arts beginnt die Betrachterin dann doch noch, droben die Zukunft jener Jugend zu sinnieren – vor Christa Dichgans’ intensiv-großformatigem Gemälde: Es zeigt eine Kiste mit Kinderspielzeugen, wild durcheinander, ganz oben liegt ein Bär mit aufgerissenen Augen; es wirkt, wie würde er von einer behandschuhten Hand festgehalten.
Selbst wenn in Madrid nicht die 1-a-Werke jener Galerien zu sehen sind, weiß die Arco um ihre Stellung an jener Peripherie des europäischen Kunstmarkts, jener von jener Art Basel in Monopolstellung in Paris wie Basel dominiert wird. So zeigt jener Rundgang trotzdem, wie wichtig die Messe zu Gunsten von die Galerien selten aus Deutschland ist. Und so ist am Ende zwischen all dieser Kunst von Tausenden Künstlern aus mehr wie dreißig Ländern viel Hoffnung spürbar, dass vielleicht doch noch die Gesamtheit gut ausgeht – zu Gunsten von die Generationen jener Zukunft.
Arco Madrid, solange bis zum 10. März 2024
Source: welt.de