Menopause: Mein dicker Teppich, privater Klimawandel

Auf dem Weg von der Mittagspause zurück ins Büro stehe ich
an der Ampel. Ich kann nicht mehr laufen. Es ist ein furchtbares Beben. Nicht
auf der Straße. Es bebt in meinem Körper. Völlig ohne Vorwarnung zerreißt mir der
Schmerz den Unterleib. Für bestimmt eine Minute ist es so intensiv, dass ich
nicht richtig atmen kann. Ich überlege, die Notrufnummer zu wählen. Dann halte
ich inne.

Nächstes Jahr werde ich 50 Jahre alt. Zu meiner
monatlichen Periode hatte ich stets ein gesundes Verhältnis. Das Ziehen,
wie ich es für mich nannte, kündigte sie an. Oft fühlte sich das Ziehen an wie
ein etwas länger anhaltender Stich, ähnlich dem Seitenstich, der beim Sport einsetzen
kann. Wenn das Ziehen kam, bis auf den Tag genau regelmäßig alle vier Wochen, wusste
ich, dass gerade mein Eisprung stattfindet und in etwa zehn Tagen meine Menstruation
einsetzen wird. Für mich war das ein Grund zum Jubeln: Das macht dich fähig, Kinder
zu bekommen, dachte ich, innerhalb eines kleinen Zeitfensters ist deine
Gebärmutter imstande, einen neuen Körper oder auch mehrere in sich zu erzeugen,
wenn ein Spermium dazukommt.  

Jetzt ist das Ziehen wieder da, aber in tausendfacher
Stärke. Ich atme tief ein und aus. Ein paar Minuten gebe ich mir noch, bevor
ich den Notdienst anrufe. Und dann ist das
innere Beben genauso plötzlich weg, wie es kam. Ich gehe in mich und weiß:
Dieser Körperalarm ist völlig normal. Das ist my own private Klimawandel.

Ein paar Tage nach diesem Ereignis gehe ich zu meiner momentanen
Gynäkologin. Vor ihr hat keine der vielen Gynäkolog:innen, die ich besucht habe,
mir je etwas über die Wechseljahre gesagt. Mit Beginn der Wechseljahre ändert
sich aufgrund des Östrogenmangels vor allem der Zyklus einer Frau, sagt sie nun.
Meine Beschwerden gehörten zu den Anzeichen dafür. Aber ich solle mir keine
Sorgen machen. Ich hätte nicht mehr viele Follikel, so nennt man die Bläschen
im Inneren der Eierstöcke, in denen meine Eizellen heranreifen. Noch ein paar
Zyklen, dann sei ich durch damit.

Ich habe schon zwei Kinder. Also warte ich auf meine
Menopause. Dann gibt es keine Eizelle mehr, die befruchtet werden kann. Doch
plötzlich bekomme ich Sorgen. Ich glaube, dass ich mit den Wechseljahren als
Frau alt und dick werde. Ich fühl mich wie ein Kraftwerk kurz vor der
Abschaltung. Das ist mein Körper, und ich kann das nicht kontrollieren.  

Ich werde nicht einmal wissen, wann meine Menopause wirklich kommt. Denn mit Menopause ist der Zeitpunkt der letzten
Menstruation gemeint. Und ich kann ja nicht wissen, dass ich meine letzte
Blutung habe, wenn ich sie habe. Deshalb wird in der Medizin der Eintritt der
Menopause rückwirkend festgelegt, wenn ich 12 aufeinanderfolgende
blutungsfreie Monate hatte. Das klingt richtig bürokratisch.

Eine Weile hoffe ich, dass es so schnell wie möglich aufhört.
Dann ist wenigstens das lästige Tampon-Tragen vorbei, und ich stehe nie wieder
irgendwo und kann vor Schmerzen kaum laufen. Aber der Tag ist noch nicht gekommen.
Ich warte weiter. Und merke, dass die körperlichen Vorgänge in mir kompliziert
sind.

Es gibt niemanden, der oder die uns Frauen sagt, was eigentlich auf
uns zukommt, also auf unsere Körper, wenn wir das mittlere Lebensalter erreichen.
Dabei schleichen sich die Vorbot:innen der Wechseljahre früher in unser Leben,
als wir denken. Wenn wir noch in der Rushhour unseres Lebens hängen, Kinder bekommen
und Karriere machen, lässt nachts der erste kalte Schüttelfrost unseren Körper erschauern.
Das ist schon ein kleiner Kick in Richtung Wechseljahre. Meinen jetzigen
Zustand nennen Mediziner:innen die Prä-Menopause.
Sie ist für mich die große Schwester des Klimakteriums. Vorher kommt noch
die nervige Kleine vorbei, die Peri-Menopause. Sie klopfte in meinen Mittdreißigern
an. Schlechter Schlaf, ich war oft gereizt, aggressiv, jeden Tag schlecht drauf.
Es gab emotionale Wolkenbrüche auf meinen Partner, und sein Vorwurf „Du hast
das immer zu einer bestimmten Zeit im Monat!“ hat meistens den Wutregen nur
noch verstärkt.