Markus Blume: Wie meinen, Herr Blume?
Was da vor sich geht, ist ja längst nicht mehr vermittelbar. Man kann nun also das 900 Seiten lange Leak aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen lesen, in dem alle Werke mit der Kategorie Rot aufgezählt sind, für die also der Verdacht von NS-Raubkunst oder Rückgabeforderungen besteht. Die Liste ist eine Art Giftschrank des Museumsverbundes. Man findet Hinweise auf Beschlagnahmungen von Werken durch die Gestapo oder den berüchtigten Einsatzstab Rosenberg und auf Zwangsverkäufe jüdischer, von Nazis verfolgter Sammler. Der Auszug aus der Museumsdatenbank, über den erst die SZ berichtete und der auch der ZEIT vorliegt, stammt von 2020. Seither ist unfassbar wenig passiert von dem, was der Anstand nahelegt: nach den rechtmäßigen Erben der Werke zu suchen oder Rückgaben an die Erben jüdischer Künstlerinnen und Sammler, die von den Nazis verfolgt oder ermordet wurden, zum Beispiel. Stattdessen: blockieren und verzögern. Im Bayerischen Landtag wurde vergangene Woche beschlossen, dass Ministerium und Museen bis zum Sommer die Missstände aufklären müssen. CSU-Kunstminister Markus Blume entschuldigte sich und kündigte – 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, drei Jahre nach seinem Amtsantritt – mehr Tempo, Transparenz und Stellen für Provenienzforschung an. Und teilte frech gegen die Presse aus: Die habe mit den Berichten bei den Museen Schaden angerichtet. So einen Schulhof-Move muss man sich erst mal ausdenken – Blumes Ministerium kann Rückgaben einfach anordnen. Die Recherchen zu vielen der Werke sind längst öffentlich. Es ist jetzt an Blumes Ministerium, den Schaden nicht noch größer werden zu lassen. Die alte Liste ist ja noch nicht mal vollständig.