Manfred Eichel: Letzter Gruß an meinen Vater
Kultur war sein Lieblingswort. Dieser Begriff, der den Menschen oft so seltsam verkalkt über die Lippen kommt; diese Idee, die in den aktuellen Sparzeiten nur noch halbherzig gefördert wird; dieses Wort hatte aus dem Mund von Manfred Eichel immer einen hellen emphatischen Klang. KULTUR, sagte mein Vater, und aller Reichtum des Lebens schien für ihn darin enthalten zu sein.
Entsprechend gut traf es sich, dass er über ein paar Umwege – während seines Studiums belegte er zwölf verschiedene Fächer, ehe er einen Magister als Historiker machte – Kulturjournalist wurde. So gut, dass er praktisch alles erreichte, was man zwischen den Sechzigern und Neunzigern in diesem Berufszweig erreichen konnte: erst Spiegel–Redakteur, dann Chef und Moderator der großen Fernseh-Feuilletons Kultur aktuell und aspekte. Nebenher leitete er noch die Redaktion des Literarischen Quartetts, eine Aufgabe, die er als leichtesten Job der Welt bezeichnet hat: einmal die Woche mit Marcel Reich-Ranicki telefonieren und ihn fragen, was er denn so für die nächste Sendung vorhabe – mehr sei eigentlich nicht zu tun gewesen.