Lufthansa meidet Iran: Folgen des Nahostkonflikts zum Besten von Flugverkehr

Umwegflüge und Flugstreichungen – der Konflikt zwischen Iran und Israel wirkt sich weiter auf den internationalen Luftverkehr aus. Die Deutsche Lufthansa teilte mit, mindestens bis zum Monatsende sämtliche Flüge nach Teheran auszusetzen und auch für andere Fernstrecken den iranischen Luftraum zu meiden. Auch Beirut in Libanon wird vorerst nicht angeflogen.

Andere westliche Airlines handhaben es genauso. Der Onlinedienst Flightradar zeigte für Donnerstagmittag einen weitgehend leeren Himmel über Iran. Lediglich einige Linienflüge von Gesellschaften aus dem Land selbst, aus dem übrigen arabischen Raum und aus Russland waren dort unterwegs.

Im Zuge eines iranischen Drohnen- und Raketenangriffs auf Israel wurden Lufträume in der Region aus Sicherheitsgründen geschlossen. Inzwischen sind sie wieder für den zivilen Verkehr freigegeben. Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA mahnt dennoch weiter zur Vorsicht. Und für Teile Irans, insbesondere um die Hauptstadt Teheran, erklärt die EASA, es bestehe ein erhöhtes Risiko, dass Passagierflugzeuge irrtümlich ins Visier gerieten.

Airlines suchen Alternativrouten

Mit dem weiteren Aussetzen der Teheran-Flüge greift die Lufthansa diese Warnungen auf. Allerdings hatte die Gesellschaft aus Deutschland ohnehin nur einen Nonstop-Flug dorthin pro Tag im Plan. Als größere Belastung für die gesamte Branche erweist sich, dass für zahlreiche Fernverbindungen nach Indien und Südostasien Umwege gewählt werden.

So nahmen Flüge der Deutschen Lufthansa zwischen Frankfurt und dem indischen Neu-Delhi zuletzt Routen südlich von Iran. Mal überquerten sie die Vereinigten Arabischen Emirate, mal wurde noch weiter südlich über Saudi-Arabien geflogen, wie Aufzeichnungen von Flightradar zeigen.

Die australische Fluggesellschaft Qantas wählte für ihre besonders langen Flüge von Down Under nach London zuletzt nach dem Zwischenstopp in Singapur einen Zickzackkurs über den Norden Pakistans, Tadschikistan und Usbekistan. Von Hongkong aus flog Lufthansa zunächst meist nordwärts Richtung Mongolei und dann über Kasachstan, ähnlich handelte die Gesellschaft Cathay Pacific mit Sitz in Hongkong.

Umwege sind teuer

Für die Passagiere halten sich die Auswirkungen in Grenzen. So dauerten je nach konkret gewählter Route die Delhi-Flüge der Lufthansa ein bis zwei Stunden länger. Für Fluggesellschaften bedeuten längere Flugstrecken und längere Flugzeiten aber, dass sie kurzfristig mehr Kerosin tanken müssen und dass somit die Kosten des Flugs steigen, während die Tickets zum Großteil schon vorher verkauft wurden.

Zudem ist Iran nicht das einzige Land, um das Airlines einen Bogen machen. Wegen des Kriegs in der Ukraine ist der dortige Luftraum für den zivilen Verkehr gesperrt. Ein Weg über Russland nach Fernost scheidet auch aus. Westliche Länder und Russland haben wechselseitig Fluggesellschaften aus den jeweils anderen Staaten die Überflüge untersagt. Lufthansa und die japanische ANA fliegen deshalb mitunter von Tokio ostwärts über Alaska und die Nordpolregion nach Frankfurt, statt auf westlichem Kurs die Problemgebiete mit einem weiten Schwenk nach Süden zu umfliegen.

Die Zahl der Gebiete, die Airlines meiden, ist zuletzt größer geworden. Am Wochenende des iranischen Angriffs auf Israel führten die vorübergehenden Luftraumsperrungen nach Angaben des Luftraumbeobachters Opsgroup zu Beeinträchtigungen, wie es sie seit den Einschränkungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center nicht mehr gegeben habe.

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Das Meiden von Regionen und Flughäfen ist nicht bloß eine Vorsichtsmaßnahme, sondern auch eine Reaktion auf Vorfälle, bei denen Passagierflugzeuge irrtümlich abgeschossen wurden. 2014 traf am Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine eine russische Luftabwehrrakete eine Boeing 777 der Gesellschaft Malaysian Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur. Beim Absturz über der Ostukraine starben alle 298 Insassen.

Mit Blick auf Iran sind Fluggesellschaften auch besonders vorsichtig und skeptisch geworden. Im Januar 2020 wurde eine Boeing 737 der Gesellschaft Ukraine International auf dem Weg nach Kiew wenige Minuten nach dem Start in Teheran von zwei Raketen getroffen. Nachdem Iran zunächst einige Tage den Abschuss geleugnet hatte, übernahm die Revolutionsgarde die Verantwortung für das Unglück und entschuldigte sich für den fatalen Fehler.