Luftfahrtprobleme: Billigflieger sind oft tardiv dran

Die Passagiere warten, doch das Flugzeug kommt nicht – Flugreisende haben das 2025 in Europa seltener erlebt als im Vorjahr. Das räumt der Rechtsdienstleister Flightright ein, der für Kunden gegen Provision Entschädigungen eintreibt. Gut sei die Lage dennoch nicht. „Weniger Ausfälle sind ein Erfolg, doch die Pünktlichkeit bleibt der wunde Punkt im europäischen Luftverkehr“, sagt Feyza Türkön, Fluggastrechtsexpertin von Flightright.
In Deutschland sei der Anteil der verzögerten Flüge sogar gestiegen, von 22,2 Prozent im Vorjahr auf 26,7 Prozent. Schwacher Trost für Reisende hierzulande: Europaweit ist mit 32,2 Prozent die Verspätungsquote höher. Das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten unterscheidet sich dabei zwischen den Airlines. „Die größten Probleme bereiteten 2025 nicht nur die vielen Stornierungen bei KLM und Air France, sondern vor allem die massiven Verspätungen der Billigairlines“, sagt Türkön.
Für Easyjet ermittelte Flightright eine Verspätungsquote von 42,6 Prozent der Flüge, für Ryanair waren es 40,7 Prozent. Damit waren die beiden Gesellschaften Verspätungsmeister unter den zehn Airlines mit den meisten Abflügen. Ryanair hatte sich 2025 mehrfach über Fluglotsen und Streiks der französischen Luftraumüberwacher beklagt.
Mit Blick auf Ausfälle zählten Easyjet und Ryanair indes zu den besseren in Europa, im Fall von Ryanair wurde nur etwa jeder 400. Flug storniert. In der Rangliste führen die niederländische KLM, bei der 2,3 Prozent der Flüge storniert worden sein sollen, und Air France mit einer Quote von 1,4 Prozent. Beide Gesellschaften bilden den Air-France-KLM-Konzern.
Lufthansa macht Boden gut
Die Deutsche Lufthansa, die gegenüber Passagieren zuletzt oft Besserung gelobt hat, liegt nun im Mittelfeld. 2024 belegte die Kernmarke Lufthansa mit einer Stornierungsquote oberhalb des jetzigen KLM-Wertes noch den Ausfall-Spitzenplatz. Nun fielen 0,8 Prozent der Flüge weg. Und in der Verspätungsliste schafft es Lufthansa unter die zuverlässigsten drei der zehn größten Anbieter: 23,3 Prozent der Flüge landeten mindestens 15 Minuten nach der Planzeit. In absoluten Zahlen waren das allerdings rund 109.000 Verspätungen.
Flightright erhebt Daten, um einen Überblick zu haben, wann und wie oft Reisende Entschädigungsansprüche geltend machen können. Das Zahlenwerk bezieht sich auf den Zeitraum bis zum 9. Dezember. Auch Ursachen werden gesucht, nicht immer sind Airlines verantwortlich. Personalmangel, eine hohe Auslastung und Wetterrisiken sind seit Jahren Gründe. Neu dazugekommen sind IT-Probleme und Drohnensichtungen.
Längere Störungen der IT nach einem Hackerangriff auf einen externen Dienstleister hatte 2025 etwa der Berliner Flughafen BER zu spüren bekommen. Dort verspätete sich jeder dritte Flug. An den deutschen Großflughäfen in Frankfurt und München blieben die Werte niedriger, dort war jeder vierte Flug verspätet.
Europas Negativspitzenreiter war Lissabon, dort startende Flüge waren zu 46,8 Prozent am Ziel mindestens 15 Minuten zu spät. „Der Luftverkehr bleibt instabil“, bilanziert Türkön. „Deshalb fordern wir eine Anpassung der Entschädigungen.“ Seit 20 Jahren seien die nicht erhöht worden.
Streit um künftige Passagierrechte
Die politische Debatte dazu gleicht jedoch einer ewigen Diskussion, die – mit Unterbrechungen – seit mehr als zehn Jahren geführt wird. Zuletzt hatten sich EU-Mitgliedstaaten, Kommission und Parlament nicht auf einen gemeinsamen Kurs für eine Novelle der EU-Fluggastrechteverordnung verständigen können.
Die war einst geschaffen worden, um Reisende wegen Ausfällen oder überbuchter Flüge mehr Rechte zu geben. Verspätungen wurden erst später ein Entschädigungsthema. Auslöser war eine Familie, die im Juli 2005 mit einem Condor -Flug von Toronto nach Frankfurt 25 Stunden verspätet angekommen war und klagte. Nach Niederlagen in den ersten Instanzen befand 2009 der Europäische Gerichtshof, dass um mehr als drei Stunden verspätete Ankünfte in der Wirkung auf Reisende einem Ausfall gleichzusetzen seien.
Bis dahin gab es Entschädigungen von je nach Reisedistanz 250 bis 600 Euro gemäß Fluggastrechteverordnung nur, wenn ein Flug ausfiel oder überbucht war. Fortan war dies auch bei Verspätungen möglich. Die Zahl der Reisenden mit Ansprüchen hat sich dadurch vervielfacht, Rechtsdienstleister wie Flightright wuchsen heran. Ebenso keimte der Langzeitstreit, ob im EU-Flugrecht wieder einiges zurechtgerückt werden müsste.
Disput wird ins neue Jahr getragen
Die Luftfahrtlobby argumentierte, Zahlungen ab drei Stunden Verspätung seien zu drakonisch. Es sei nahezu unmöglich, ein Ersatzflugzeug zu schicken, um die Verzögerungen für die Reisenden in Grenzen zu halten. Und da der Entschädigungsanspruch entsteht, egal ob Ersatz organisiert wird oder nicht, liegt die Vermutung nahe, dass Airlines im Zweifel lieber 250 Euro an aufbegehrende Passagiere und nichts an schweigende Kunden zahlen.
Die Lobbyargumentation verfing dennoch bei der EU-Kommission und der Mehrheit der Regierungen der EU-Staaten. Sie wollten die Schwelle, ab der Reisende Geld fordern können, heraufsetzen – mitunter auf neun Stunden für Langstreckenflüge. Dies hatte auch der Weltairlineverband IATA gefordert. Letztlich fand 2025 die Mehrheit der Mitgliedstaaten – gegen den Standpunkt Deutschlands – den Kompromiss, je nach Streckenlänge Entschädigungen von 300 oder 500 Euro ab vier oder sechs Stunden Verspätung vorzusehen.
Verbraucherschützer rügten das als Abbau von Kundenrechten, und das EU-Parlament sperrte sich dagegen. Es konterte und forderte, im Zuge einer Reform der Fluggastrechte müsse nun auch die Gratismitnahme eines kleinen Handgepäckkoffers festgeschrieben werden. Anders als geplant wird der europäische Disput nun ins neue Jahr getragen.