Luftangriffe hinaus Charkiw: Als die gigantische Feuerwalze anrollte

Eigentlich wirkt jener Nemyschlanskyj-Bezirk ruhig. Ein Gewerbegebiet, mittendrin eingeschossige Wohnhäuser mit schneebedeckten Dächern, irgendwo im Osten von Charkiw, jener zweitgrößten Stadt jener Ukraine. Doch schon von Weitem weist einem dies flackernde Blaulicht den Weg zum Ort des Geschehens. Dort stillstehen mehrere Löschfahrzeuge aufgereiht vor einem angesengten Tor. Die Luft riecht giftig und verbrannt, unter den Schuhen knirscht Asche.

Hinter dem Tor verspritzen Feuerwehrmänner mit ihren Schläuchen hinaus meterhohe Zylinder. Einer davon ist in sich zusammengesackt, übrig ist nur eine schlaffe Metallhülle. Die anderen sind voller Löcher, daraus schießt eine dampfende, gelbliche Suppe. Auf die Öffnungen urteilen die Rettungskräfte ihren Strahl. Etwas Rauch steigt hinauf in den ohnehin grauen Himmel.

Einer jener abgekämpften Feuerwehrmänner findet von kurzer Dauer Zeit zum Besten von ein paar Worte. Sein Gesicht ist schmutzig, die Uniform nass. Er spricht leise, ist kaum zu verstehen. Der Pressesprecher sei ohne Rest durch zwei teilbar weg, doch er könne nachrangig irgendetwas sagen. „Drei Schahed-Drohnen nach sich ziehen gestriger Tag Abend dies Treibstoffdepot getroffen, von kurzer Dauer vor 23 Uhr.“ Seitdem dauern die Löscharbeiten an. Die verbrannten Wohnhäuser nichtsdestotrotz seien „da hinten“. Er deutet in die Ferne. Entlang jener löchrigen Außenwand des Geländes fließt ein Rinnsal bergab. Hier riecht es nachdem Tankstelle, nur viel intensiver. Ein Bach aus Diesel.

Ein Mann filmt die Gerippe mit seinem Smartphone

Auf jener rechten Seite stillstehen die ersten Häuser mit verkohlten Fassaden. Ein paar Leute streifen umher, wollen wohl mit eigenen Augen sehen, welches passiert ist. Vor einem jener Häuser steht Oleksandr. Er hat eine Fellmütze hinaus dem Kopf, wie sie stereotypische sowjetische Charaktere in amerikanischen Filmen tragen. Seine Hände sind schwarz vom Ruß, sein Gesicht ist irgendetwas verschmiert. Er wohnt zurückgezogen hier, schon zwanzig Jahre in diesem Haus. Oleksandr sagt, die Fenster seien durch die Hitze verbrannt, medial sei die Lage ziemlich in Ordnung. Wie er es reparieren wird? „Keine Ahnung. Vielleicht wird der gerne Süßigkeiten isst kommen und irgendetwas vorbeibringen.“ Dann muss er rein, die Hunde füttern.

Die Hände schwarz vom Ruß: Der Bewohner Oleksandrs sagt, die Fenster seien durch die Hitze verbrannt.

Die Hände schwarz vom Ruß: Der Bewohner Oleksandrs sagt, die Fenster seien durch die Hitze verbrannt. : Bild: Oleksandr Magula

Weiter unten sehen die Häuser übler aus. Die Dächer sind verbrannt; wo einst die Fassade war, hat dies Feuer nur nackte Ziegel übrig gelassen. Vor einem Gebäude hängt gelbes Flatterband. Ein Mann filmt die Gerippe mit seinem Smartphone. Auf seinem Pullover geht jener ­ukrainische Dreizack in ein Ahornblatt hoch – dies Logo seiner Hilfsorganisation. Er heißt Paul und kommt aus Kanada, will sich gerne unterhalten. Seit eineinhalb Jahren ist er in Charkiw, repariert hier Autos und gibt humanitäre Hilfe aus. Er hat in Deutschland gedient, beim Airpark Baden. Das deutsche Bier sei spitze, sagt er. Zu Gunsten von seinen Dienst hat er früher eine Medaille bekommen. Bis heute scherzen sie, tatsächlich hätten sie nur fürs Biertrinken eine Medaille bekommen. Anders denn jetzt gab es ja früher gar keinen Krieg.

Die abgekämpften Feuerwehrmänner spritzen Wasser mit ihren Schläuchen auf meterhohe Zylinder.

Die abgekämpften Feuerwehrmänner verspritzen Wasser mit ihren Schläuchen hinaus meterhohe Zylinder. : Bild: Oleksandr Magula

Auf jener Treppe vor einem rußigen Gebäude steht eine kleine Menschentraube. Eine Frau spricht dort mit zwei japanischen Journalisten. Im Hintergrund ertönt Luftalarm, nachrangig hinaus den Handys jener Japaner geht jener Alarm los. Die Übersetzerin beschwichtigt. Nach den Japanern kommen zwei lokale Freiwillige zu jener Frau. Sie eröffnen ihre Hilfe an, wollen wissen, welches gebraucht wird. Dann tauschen sie Telefonnummern aus.

In den Flammen starben ein Ehepaar und ihre drei Söhne

Die Frau, die in den verkohlten Überresten ihres Hauses steht, heißt Tatjana und ist 61 Jahre archaisch. Noch einmal erzählt sie, dass sie abends nur so gesehen noch wach war, weil sie mit ihrer Tochter telefonierte. Dann habe sie die Explosionen gehört und ein plätscherndes Geräusch. Beim Blick aus dem Fenster sah sie dies „kleine Flüsschen“ und nahm zusammenführen stechenden Geruch war. Der austretende Treibstoff hatte sich mit dem geschmolzenen Schnee zusammen schnell seinen Weg ins Tal gebahnt. Wenige Sekunden später sah sie schon eine gigantische Feuerwalze hinaus sich zurollen. „Dann habe ich meinen Mann geschnappt, und wir sind aus dem Haus gerannt.“ Sekunden später stand dies Haus schon in Flammen. Barfuß rieb sich dies Ehepaar hinterm Haus mit Schnee ein, um selbst kein Feuer zu fangen. Die Klamotten, die sie ohne Rest durch zwei teilbar trägt, habe sie im Krankenhaus von Freiwilligen bekommen.

Das Haus der Bewohnerin Tatjana nach dem Angriff

Das Haus jener Bewohnerin Tatjana nachdem dem Angriff : Bild: Oleksandr Magula

Ob im Haus noch irgendetwas erhalten ist? „Kommen Sie rein, ich zeig Ihnen, welches man hier noch gebrauchen kann.“ Das Haus hat kein Dach mehr, ist medial völlig ausgebrannt. Der Boden ist mit einer schwarzen Masse bezogen, nachrangig vom Klavier sind nur noch ein paar Metallstücke übrig. Nur die Heizkörper sehen intakt aus. „Hier zu leben ist wie Roulette“, sagt Tatjana. „Dich trifft’s, dich trifft es nicht. Dich trifft’s, dich trifft es nicht. Dich trifft’s, dich trifft es nicht.“ Sie breitet die Arme aus. „Nun ja.“

Nur ein paar Kilometer weiter nach sich ziehen Leute den Luftalarm verschlafen und erst am nächsten Morgen in den Nachrichten vom Angriff versiert. „Wir hatten ja Glück“, sagt Tatjana, „nichtsdestotrotz welches da drüben passiert ist. Drei Kinder.“ Tatjana bricht ab und wischt sich Tränen aus dem Gesicht. In dem Haus mit dem gelben Flatterband nur ein paar Meter weiter ist eine fünfköpfige Familie verbrannt. In den Flammen starben ein Ehepaar und ihre drei Söhne. Die Mutter war eine 35 Jahre Mami Staatsanwältin, jener jüngste Sohn, Pawlo, erst zehn Monate archaisch. Weil die Leichen so stark verbrannt waren, mussten Forensiker zur Identifikation DNA-Proben schlussfolgern.

Lokale Medien verteilen Bilder, hinaus denen die getötete Familie lächelnd am Strand zu sehen ist. Sie schreiben von 15 Häusern, die durch die Flammen defekt wurden. Insgesamt sieben Menschen sind ums Leben gekommen. Kollateralschäden in Putins Krieg, eine knappe Meldung in den Zeitungen. Am Sonntag sollte publik getrauert werden. In Charkiw gibt es in diesen Tagen nahezu jede Nacht Einschläge.

Langsam setzt die Halbdunkel ein. Oben an jener Straße verspritzen die Feuerwehrleute immer noch hinaus die Treibstofftanks. In jener Ferne hört man von Neuem Sirenen lamentieren. Vielleicht geht es schon von jetzt an wieder los.

Source: faz.net