London lockert Bonus-Regeln für jedes die Banker
Die britische Finanzaufsicht plant eine Lockerung der Regeln für Banker-Boni. Nun soll die Frist für die verzögerte Auszahlung von erfolgsabhängigen variablen Zahlungen für sehr hoch verdienende Banker verkürzt werden. Statt nach acht Jahren, was ungewöhnlich lang war, sollen die Boni schon nach fünf Jahren ausbezahlt werden können, schlägt die Aufsichtsbehörde PRA vor, die zur Notenbank gehört. Nach der Aufhebung des aus EU-Zeiten stammenden Bonus-Deckels durch die vorige Tory-Regierung ist dies ein weiterer Schritt, um den britischen Finanzplatz bessere Wettbewerbsbedingungen zu verschaffen.
Unter der bisherigen Regulierung müssen Top-Banker, die mehr als 500.000 Pfund (rund 600.000 Euro) Boni oder mehr als ein Drittel ihres Gehaltspakets als variable Vergütung beziehen, acht Jahre auf die Auszahlung warten. In dieser Zeit könnten die Boni storniert werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass Deals nach einigen Jahren schiefgehen. Sie drängen indes auf eine verkürzte Frist. PRA-Chef Sam Woods sagte in einer Rede im Londoner Mansion House, Großbritannien sei mit seiner langen Frist „ein bisschen ein Ausreißer“ geworden, was die Wettbewerbsfähigkeit beschädigt habe. Es gebe „Beweise dafür, dass unsere Fristen für den Zahlungsaufschub länger sind, als sie sein müssten, um die richtigen Anreize für Sicherheit und Solidität zu schaffen“.
Auch in Frankfurt beobachtet man die Lockerungsschritte in London genau. „Die geplante Verkürzung der verzögerten Auszahlung von Boni bringt die City wieder auf internationales Niveau“, erklärte Hubertus Väth, Geschäftsführer der Standortinitiative Frankfurt Main Finance. „Das Thema ist aus Sicht der Betroffenen relevant und beeinflusst fraglos auch Standortentscheidungen.“ Die bis Juli regierenden Konservativen betonten, dass sie „Brexit-Freiheiten“ nutzen wollten, um sich einer zu straffen Regulierung zu entledigen. Dazu gehörte vor allem der EU-weite Bonus-Deckel. Auch die neue Labour-Regierung hat die Aufhebung des Deckels akzeptiert.
Inzwischen haben schon mehrere Investmentbanken wie Goldman Sachs und J.P. Morgan für ihre Londoner Banker die entsprechende Boni-Begrenzung aufgehoben. Als erste britische Bank hat Barclays vor Kurzem angekündigt, den Bonus-Deckel aufzuheben. Unter den EU-Regeln durfte die variable Vergütung maximal das Doppelte des Fixgehalts betragen. Nun kann der Anteil höher liegen.
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte im vergangenen Herbst eine Abschaffung der starren Boni-Obergrenze gefordert. Am Finanzplatz Frankfurt rechnet man sich allerdings aktuell nahezu keine Chancen aus, Politiker zu einer lascheren Regulierung von Banker-Boni zu bewegen. Für die hiesigen führenden Banker gilt eine verzögerte Auszahlung von einem Teil der Boni (mindestens 40 Prozent) um mindestens vier bis fünf Jahre. Eine Rückforderung ist in bestimmten Fällen auch noch nach sieben Jahren möglich. Hinter vorgehalter Hand geben selbst manche Lobbyisten zu, dass ein längerer Zeitraum bis zur Auszahlung der Boni durchaus gerechtfertigt sein kann. Denn gerade die inzwischen dominierenden angelsächsischen Bilanzierungsregeln (US-Gaap) erlauben Banken, Gewinne vorzuziehen, indem etwa langfristige Kredite sofort wie „schon zurückgezahlt“ gebucht werden. Ein möglicher Kreditausfall nach vielleicht fünf Jahren kann dann umso deutlicher den Gewinn drücken. Viele Banker verweilen aber kürzer bei ihrem Arbeitgeber und erleben diesen Gewinneinbruch nicht mehr.
Insofern hätten viele Banker auch in Frankfurt ein Interesse daran, dass die auf den Jahresgewinnen ihres Arbeitgebers und persönlicher Zielerreichung fußenden Boni schneller ausgezahlt werden. Zur Erhöhung der Attraktivität und der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes setzen sich die deutschen Bankenverbände aber vor allem für eine weniger formalistische Finanzaufsichtspraxis durch die Bafin und geringere Steuern ein. Anders als bei den Boni spüren Lobbyisten bei diesen beiden Punkten durchaus Bereitschaft von Bundes- und Landesregierung, die Standortbedingungen für Frankfurt zu verbessern.
Source: faz.net