Liqui Moly: „Unsere Produkte werden in den USA sehr wahrscheinlich teurer“

Günter Hiermaier ist seit 2022 Geschäftsführer von Liqui Moly. Das Ulmer Unternehmen produziert seit den Fünfzigerjahren Motoröle und Schmierstoffe.

ZEIT ONLINE: Herr Hiermaier, haben Sie eigentlich noch den Durchblick, welche Zölle für Ihre Produkte in den USA gelten?

Günter Hiermaier: Tja, es herrscht in der Tat seit einigen Wochen größere Verwirrung. Da gibt’s die Basiszölle, die schon immer gegolten haben. Dann gibt es weitere Basiszölle, aber mit Ausnahmen. Dann gibt’s länderspezifische Zölle – bei denen wiederum fragt man sich: Ist das jetzt alles noch mal on top oder wird das verrechnet?

ZEIT ONLINE: Durchblick wäre für einen Geschäftsführer schon wichtig …

Hiermaier: Natürlich, aber bei dem Chaos mussten wir uns zusätzlich Hilfe von einem unserer Logistikunternehmen holen.

ZEIT ONLINE: Wie haben Sie das Hin und Her von Donald Trump in den vergangenen Wochen erlebt?


Liqui Moly: Liqui-Moly-Chef Günter Hiermaier: "Unsere Wettbewerbsfähigkeit wird leiden."

Liqui-Moly-Chef Günter Hiermaier: „Unsere Wettbewerbsfähigkeit wird leiden.“

Hiermaier: Die USA sind nach Deutschland unser zweitwichtigster Markt. Da steht man morgens mit den Nachrichten auf und geht mit den Nachrichten ins Bett. Am Vormittag ist noch die Rede von diesen und jenen Zöllen, am Abend heißt es wieder alles zurück – das macht das Leben nicht leichter. Wir sind auch täglich mit den Kolleginnen und Kollegen unserer Vertriebsgesellschaft in den USA in Verbindung. Dort arbeiten mittlerweile fast 100 Mitarbeiter, aber selbst dort herrscht auch nicht immer Klarheit.

ZEIT ONLINE: Kann man so überhaupt noch planen?

Hiermaier: Nein, von Planung kann keine Rede mehr sein. Wenn von einer Stunde auf die nächste wieder was anderes gilt, dann ist das Meeting, das Sie vor einer Stunde abgehalten haben, schon wieder obsolet. Trotzdem versuchen wir irgendwie an einer Strategie für die Zukunft zu arbeiten.

ZEIT ONLINE: Wie stark ist Liqui Moly von den Zöllen betroffen?

Hiermaier: Es gab auch schon vor der Trump-Administration Zölle – mit Ausnahmen. Jetzt gelten darauf zusätzlich die Zehn-Prozent-Basiszölle. Die länderspezifischen Zölle von 20 Prozent für Produkte aus der EU hat Trump ja erst mal für 90 Tage ausgesetzt. Wir hatten in den vergangenen Wochen viel damit zu tun, sehr fein zu differenzieren, welche Produkte wie hoch beaufschlagt werden. Wir reden hier von gut 700 Produkten, die wir speziell für den US-Markt herstellen. Und nun arbeiten wir an einer neuen Preisgestaltung.

ZEIT ONLINE: Mit anderen Worten: Sie erhöhen die Preise.

Hiermaier: So ist es. Unsere Produkte werden in den USA sehr wahrscheinlich teurer. 

ZEIT ONLINE: Was hat das für Folgen für das US-Geschäft?

Hiermaier: Unsere Wettbewerbsfähigkeit wird darunter leiden. Wir sind schon heute aufgrund unserer Premiumausrichtung und des Fokuses auf Qualität und Kundenberatung nicht die günstigsten in Amerika und werden jetzt noch teurer. Aber irgendwann kommt auch mal ein Punkt, an dem der Verbraucher sagt, jetzt ist das Maß voll, das kann ich mir jetzt erst mal nicht leisten. Wir planen daher zunächst mit weniger Umsatz aufgrund der Zölle.

ZEIT ONLINE: Und wir sprechen gerade immer noch über die Zölle von zehn Prozent. Was machen Sie, wenn Trump die angekündigten 20 Prozent wahrmacht?

Hiermaier: Das wird uns in eine sehr schwierige Lage bringen. Ich bin dennoch sicher, dass der US-Markt weiterhin ein wichtiger Absatzmarkt bleiben wird. Wir setzen dort auf den Leitspruch: deutsches Öl für deutsche Autos. Und es werden auch künftig Autos aus Deutschland in den USA fahren. Wir haben uns in den vergangenen Jahren zudem stark diversifiziert und Tochterunternehmen auf der ganzen Welt eröffnet.

ZEIT ONLINE: Sie haben nun angekündigt, künftig in den USA produzieren zu wollen. Allein wegen der Zölle?

Hiermaier: Wir haben schon vor zwei Jahren Maßnahmen ergriffen, um einen Teil der Produktion künftig in die USA verlagern zu können und haben bereits ein Unternehmen vor Ort, das für uns produziert, wenn auch bislang in eher kleinem Umfang. Das hatte bislang aber auch etwas mit effizienterer Logistik und besserer Verfügbarkeit zu tun. Wenn die 20 Prozent tatsächlich kommen, ist für uns klar, dass wir das ausbauen und beschleunigen müssen.

ZEIT ONLINE: Wie schnell können Sie dort eine Produktion hochziehen?

Hiermaier: Wir fangen glücklicherweise nicht bei null an. Aber ich denke, dass wir mindestens noch mal sechs bis zwölf Monate benötigen, um die Produktion so auszuweiten, wie wir das brauchen. Die ganzen Rohstoffe müssen erst mal beschafft werden, das schüttelt man nicht einfach mal so aus dem Ärmel.

ZEIT ONLINE: Sie werben auf allen Produkten mit made in Germany. Was wird daraus nun?

Hiermaier: Made in Germany ist nach wie vor in den Produkten enthalten. Unser Engineering, unser Know-how, die Mischung des Motorenöls – das wird ja nach unseren Vorgaben in den USA produziert. 

ZEIT ONLINE: Ist der US-Markt auch so wichtig, weil Sie dort im Gegensatz zu Europa wohl noch lange mit Verbrennerautos Geld verdienen können?

Hiermaier: Amerika ist an sich schon ein Markt mit riesigem Potenzial. Das Land hat über 300 Millionen Einwohner und fast genauso viele Fahrzeuge. Und klar – in den USA ist die Elektromobilität noch nicht ganz so verbreitet wie in Zentraleuropa oder gar in Deutschland. Wir richten unser Geschäft schon auf Länder aus, in denen Verbrennerfahrzeuge über mehrere Jahrzehnte hinweg weiterhin Bestand haben werden. Deshalb ist es für uns ganz wichtig, dass wir in den USA Wachstum erzielen können.

ZEIT ONLINE: Die Firmengeschichte von Liqui Moly ist auf besondere Weise mit den USA verknüpft. Der erste Schmierstoff wurde zuerst von den US-Luftstreitkräften im Zweiten Weltkrieg genutzt. Wie fühlt es sich an, wenn ausgerechnet dieses Land plötzlich feindselig auftritt?

Hiermaier: Es stimmt, das erste Produkt von Liqui Moly war ein Schmierstoff, der zuerst von der US-Armee eingesetzt worden ist. Das Produkt ist heute noch beliebt. Und daher macht es mich schon ein Stück weit traurig, dass es mit Amerika so weit gekommen ist. Aber wir geraten nicht in Panik. Wir blicken gespannt darauf, was nach Ablauf der 90-Tage-Frist kommt und nutzen jede einzelne Stunde, um uns auf alle Szenarien vorzubereiten.