Labour: Keir Starmer will die Steuern steigern, gleichwohl nicht pro jeglicher
Keir Starmer hat die Briten auf Härte eingeschworen. Statt der allseits erwarteten besseren Zeiten nach 14 Jahren Tory-Herrschaft und Austeritätspolitik wird der erste Etat des neuen Kabinetts von diesem Erbe belagert sein. Starmer sagt, er habe kaum Spielraum. Man sei mit einer Haushaltslücke von 22 Milliarden Pfund (26 Milliarden Euro) konfrontiert. Wie er die zu kompensieren gedenkt, das lässt der Premier noch offen.
Allerdings hat sich Labour im Wahlkampf festgelegt: Die Abgaben für die Arbeiterschaft, die Lohn- und Einkommenssteuer wie die Sozialbeiträge würden nicht erhöht. Davon kann Starmer nicht abrücken. Bleiben zwei Möglichkeiten, um die Lücke zu schließen: Sparen oder die Steuern für die Bestensverdiener und Vermögensbesitzer erhöhen. Zwei mögliche Varianten hat Starmer schon genannt. Es handelt sich um die Capital Gains Tax (zu deutsch: Wertzuwachssteuer auf Kapital und Vermögen) und die Erbschaftssteuer. Beide könnten moderat steigen. Dies würde keine Armen treffen und einiges einbringen.
Kürzungen beim Kindergeld
Nur täuscht sich Starmer, wenn er glaubt, der Sparzwang wäre damit abgegolten, im Gegenteil. Realiter hat die Labour-Regierung schon erste Abstriche bei ihrem sozialen Leistungswillen verkündet. So bleiben Kürzungen der Torys beim Kindergeld in Kraft, wodurch jährlich 3,4 Milliarden Pfund nicht verausgabt werden. Der höchst populäre Heizkosten-Zuschuss für Rentner wird nicht mehr wie bisher für alle ausgezahlt, sondern nur noch bis zu einer Einkommensgrenze. Zehn Millionen Pensionäre werden die Beihilfe verlieren, was 1,4 Milliarden Pfund einsparen lässt.
Muss man es Labour da hoch anrechnen, dass höhere Steuern für die Reichen ernsthaft erwogen werden und de facto angekündigt sind? Nimmt man die deutsche Ampel-Regierung als Maßstab, dann schon. Die hat sich einem heillosen Such- und Verwirrspiel um mögliche Einsparungen hingegeben, ohne den Ausweg angehobener Steuern – für einige zumindest – ins Auge zu fassen. Was zu der Frage führt: Gibt es in London und Berlin das berühmte „schwarze Loch“ überhaupt? Tatsächlich resultiert eine solche Lücke in der Haushaltsplanung aus fiskalischen Regeln, die leicht geändert werden können. Fehlbeträge entstehen, weil die prognostizierte Entwicklung von Staatseinnahmen hinter der ursprünglichen Annahme zurückbleibt.
Schulden schrumpfen
Bei Großbritannien ist dies in einem Maße der Fall, dass ein Sinken des Defizits kaum in den nächsten fünf Jahren zu erwarten ist. Als Staatsschuldenquote ausgewiesen, ist diese – gemessen an anderen europäischen Staaten – mit 86 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht dramatisch und kein Beinbruch, wäre da nicht die eingefleischte Angst der Labour-Führung vor dem Liebesentzug der Finanzmärkte. Wie sie Deutschland übrigens nicht haben muss.
Geld sparen, ohne es Rentnern oder kinderreichen Familien wegzunehmen, kann man leicht. Mit einfacher Regeländerung ließen sich sogar die Staatsschulden schrumpfen. So könnte die Bank von England Gelder, die Privatbanken bei ihr deponiert haben, fortan nur noch teilweise statt vollständig verzinsen. So wie es die EZB und andere Zentralbanken weltweit handhaben. Das Gezeter der Banker ließe sich aushalten, das „schwarze Finanzloch“ wäre in Maßen bewältigt. Die Steuern könnte man trotzdem anheben, um die Einnahmen zur Finanzierung gebotener öffentlicher Investitionen zu verwenden. Genauso, wie es Labour im Wahlkampf versprochen hat.