Krieg in jener Ukraine: Bundesregierung beschließt Rotstift von Sozialleistungen zum Besten von Ukrainer

Die Bundesregierung hat eine Neuregelung der Sozialleistungen für neu einreisende Ukrainerinnen und Ukrainer auf den Weg gebracht. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Kabinett am Mittwochvormittag beschlossen. Demnach sollen Menschen, die seit dem 1. April 2025 nach Deutschland gekommen sind oder noch kommen, künftig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Bislang hatten Geflüchtete aus der Ukraine ab Juni 2022 Anspruch auf Bürgergeld

Die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu anderen Geflüchteten geht auf den besonderen Schutzstatus zurück. Ukrainerinnen und Ukrainer gelten nicht als Asylbewerberinnen und -bewerber, sondern erhalten Schutz auf Grundlage der EU-Massenzustromrichtlinie, die die EU am 3. März 2022 aktiviert hat. Diese erspart ein reguläres Asylverfahren und sichert einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt.

Schutzstatus bleibt unverändert

Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegen nach Regierungsangaben etwa 20 Prozent unter dem Bürgergeld. Für Alleinstehende ist dort ein Grundbedarf von 441 Euro vorgesehen, während der Regelsatz beim Bürgergeld 563 Euro beträgt. Zuständig wären künftig statt der Jobcenter die Sozialämter. Am Schutzstatus selbst soll sich nichts ändern. 

Weitere Einschränkungen sind dagegen bei der Gesundheitsversorgung geplant. Statt einer regulären Mitgliedschaft in einer Krankenkasse ist für die betroffenen Geflüchteten nur eine medizinische Grundversorgung vorgesehen, die aus Steuermitteln finanziert wird. Einen Anspruch auf eine umfassende Gesundheitsversorgung sollen sie in der Regel erst nach drei Jahren legalem Aufenthalt oder bei eigenem Lebensunterhalt mit Steuer- und Beitragszahlung erhalten.

Bereits in Deutschland lebende Ukrainerinnen und Ukrainer, die Bürgergeld beziehen, sollen die Leistungen bis zum Ende der jeweiligen Bewilligung weiter erhalten, höchstens jedoch drei Monate nach Inkrafttreten der Neuregelung. Danach würden auch für sie die Sätze des Asylbewerberleistungsgesetzes gelten, sofern sie weiterhin auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

Mit der Neuregelung will die Bundesregierung den Druck auf die Betroffenen erhöhen, eine Arbeit aufzunehmen. Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte sollen verpflichtet sein, sich um eine Beschäftigung zu bemühen. Ein Beratungsanspruch durch die Arbeitsagenturen soll weiterhin bestehen, die enge Betreuung durch die Jobcenter entfällt jedoch.

Keine Einspareffekte erwartet

Die Gesetzesänderung bringt voraussichtlich keine Einspareffekte mit sich. Zwar spart der Bund beim Bürgergeld im kommenden Jahr schätzungsweise 680 Millionen Euro und die Kommunen etwa 50 Millionen Euro. Zugleich entstehen Ländern und Kommunen voraussichtlich Mehrkosten von rund 860 Millionen Euro. Grund dafür ist ein erheblich höherer Verwaltungsaufwand, vor allem für die Kommunen.

Den Ländern stellt der Bund für „zusätzliche und zwingend notwendige Kosten“ einen pauschalen Ausgleich in Aussicht, ohne dabei konkrete Beträge zu nennen. Auch für 2027 wird damit gerechnet, dass die Belastungen der Länder und Kommunen überwiegen: Vorgesehen sind Minderausgaben beim Bund von 300 Millionen Euro und bei den Kommunen von 20 Millionen Euro, zugleich werden zusätzliche Ausgaben der Länder und Kommunen von 394 Millionen Euro veranschlagt.

„Sozialpolitisch falsch und integrationspolitisch schädlich“

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), kritisierte den Bürgergeld-Stopp kurz vor der Entscheidung. „Integrationspolitisch ist das eine große Gefahr“, sagte sie dem Nachrichtenmagazin Politico. Mit dem Programm „Job-Turbo“ sowie Sprachkursen kämen Menschen aus der Ukraine gerade „immer besser in Arbeit“ und finanzierten ihr Leben zunehmend selbst, sagte Pawlik. „Das droht jetzt, konterkariert zu werden.“

Kritik kam auch aus der Grünen-Fraktion: Der Sozialpolitiker Timon Dzenius sprach im Berliner Tagesspiegel von einer „Schnapsidee“. Die Maßnahme sei „sozialpolitisch falsch, integrationspolitisch schädlich und haushaltspolitisch widersinnig“, sagte er. Die Caritas warnte gegenüber der Nachrichtenagentur KNA, die Umstellung könne die Integration der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in den Arbeitsmarkt eher behindern und die erwarteten Einsparungen durch mehr Bürokratie weitgehend aufzehren. Auch Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) äußerte gegenüber den geplanten Änderungen zuletzt Unbehagen. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.