Kreuzfahrt mit dieser „Grandeur“: Tapfer trotzt das Schiff den Stürmen – WELT
Funchal, die Hauptstadt Madeiras, scheint das Schlagwort dieser Schiffsreise zu werden. Im Sinne von: Funchal, da wären wir gern gewesen. Dort sollte, wäre alles wie geplant verlaufen, noch ein sonniger Halt eingelegt werden, bevor es ernst wird mit der Atlantiküberfahrt der brandneuen „Grandeur“.
Wie viele andere Kreuzfahrtschiffe auch, wechselt der im vergangenen November in Dienst gestellte Luxusdampfer von Regent Seven Seas zweimal im Jahr das Fahrgebiet. Die europäischen Sommermonate verbringt er im Mittelmeer, im europäischen Winter kreuzt er in der Karibik und Lateinamerika. Solche mehrtägigen Überfahrten quer über den gigantischen Ozean sind beliebt, es gibt mit Cunard sogar eine Reederei, die ganzjährig Transatlatikpassagen im Liniendienst anbietet.
Tagelang sehen die Gäste unterwegs nichts als Wasser – und genießen das als maximale Entschleunigung. Bei einigen Überfahrten steht die eine oder andere Zwischenstation im Programm, um unterwegs Nachschub zu laden und um den Passagieren jenseits vom Schiff zusätzliche Abwechslung bieten zu können. Deshalb steht auf dieser Reise Funchal auf dem Plan. Theoretisch.
Aber praktisch macht ein Lotsenstreik einen Strich durch die Rechnung. Madeira wird abgesagt. Stattdessen bereitet Kapitän Luciano Montesanto die Passagiere darauf vor, dass sie sieben Seetage in Folge bis zum nächsten Ankerplatz in Bermuda auf der anderen Ozeanseite unterwegs sein würden. Der guten Laune an Bord tut das keinen Abbruch.
Ohne Stopp geht es über den Atlantik
„Funchal, sagten Sie?“ fragt Jeff Stevenson am Abend. Der britische Komiker plaudert die Gäste im Schiffstheater in Stimmung. Die Pointen schreiben sich für ihn fast von selbst, Funchal wird zum Running Gag seines Programms. Wenn er nach der Rückkehr gefragt werde, wo er denn gewesen sei, fährt Stevenson fort, „dann muss ich sagen: nirgendwo. Ohne Stopp sind wir über den Atlantik geschaukelt. Vorbei an Funchal. Und dafür habe ich viel Geld bezahlt!“ Das Publikum gluckst vor Vergnügen.
Am Ende dieser bemerkenswerten Kreuzfahrt wird allerdings niemand mehr von Funchal reden. Denn der wahre Hauptdarsteller der Reise ist der Atlantische Ozean, und der scheint sich gedacht zu haben: Warte nur, Stevenson, du wirst auf deine Kosten kommen!
Und so schickt der Atlantik nicht einen, nicht zwei, sondern drei Stürme während der Überfahrt. Windgeschwindigkeiten bis zehn Beaufort, das sind bis zu 102 Stundenkilometer, suchen das Schiff mit Platz für maximal 744 Gäste heim. An Land kippen dann Bäume um, Dachziegel fliegen weg. Die „Grandeur“ hält sich tapfer und kreuzt stoisch durch zehn Meter hohe Wogen. Die Menschen an Bord versuchen ebenfalls, Haltung zu bewahren.
„Rock ‘n‘ Roll“, sagt morgens Kellner Kevin, als er versucht, den Kaffee aus der Kanne in die Tasse zu zielen, ohne dabei umzufallen. „Der Atlantik ist unberechenbar“, konstatiert sein Chef, Kapitän Montesanto, „heute ist er glatt wie ein Kinderpopo, morgen aufgewühlt und stürmisch.“ Der 43 Jahre alte Italiener, seit 24 Jahren unterwegs auf hoher See, scheint umso vergnügter, je höher die Wellen schlagen.
Noch 2275 Meilen bis Bermuda!
Als das 224 Meter lange Schiff in Barcelona zur Reise aufbrach und mit einer eleganten 180-Grad-Wende aus dem Hafen glitt, ging ein sonniger Tag zu Ende. Das Meer, hier logischerweise noch das Mittelmeer, war milde gestimmt und gurgelte freundlich vor sich hin. Am zweiten Tag passierte das Schiff kurz vor Mitternacht die Meerenge von Gibraltar und steuerte das andalusische Cádiz an – der eigentliche Start der Atlantiküberfahrt. So weit, so gut.
Die Wahl war auf Cádiz gefallen, und nicht wie oft bei Atlantikpassagen auf Southampton oder Hamburg, weil die „Grandeur“ in der Hoffnung auf besseres Wetter eine südlichere Route über den Nordatlantik nehmen sollte. Cádiz hatte aber auch historisch seinen Reiz. Von dieser Küste aus waren einst die großen Entdecker losgesegelt: Christoph Kolumbus, Amerigo Vespucci, Ferdinand Magellan.
Hier kam, vielleicht noch interessanter, die erste Schokolade aus der Neuen Welt in Europa an. Mit anderen Worten: Ein neues Schiff, aber eine sehr alte Route. Kolumbus gelang es im Unterschied zu Kapitän Montesano sogar, Madeira anzulaufen.
Mit 19 Knoten, das sind gerade einmal 35 Stundenkilometer, schiebt sich die „Grandeur“ durch die Fluten. Mit dieser Geschwindigkeit waren die Dampfschiffe schon im 19. Jahrhundert unterwegs. Die „Titanic“ erreichte 1912 auf ihrer ersten und letzten Fahrt zwischen Southampton und New York fast 45 Stundenkilometer. Die „Queen Mary II“, die als einziges Passagierschiff noch besagten Liniendienst über den Atlantik aufrechterhält, schafft sogar Tempo 55. Damit würde sie im innerstädtischen Hamburg oder Berlin schon so manchen Blitzer auslösen.
Für ein Kreuzfahrtschiff reichen 19 Knoten natürlich völlig aus. Ein höheres Tempo wäre nicht wirtschaftlich. Zumal es normalerweise auf kürzeren Strecken unterwegs ist und fast jeden Tag in einem anderen Hafen festmacht. Gleichwohl spricht Kapitän Montesanto mit einer Begeisterung von seinem Schiff und dessen vier deutschen Dieselmotoren, als säße er auf einem Ferrari der Meere.
Jeden Mittag annonciert er die zurückgelegten Seemeilen wie ein stolzer Bolidenbesitzer neue Rundenrekorde. „This is Captain Luciano brrroadcasting frrrom the brrridge”, dröhnt es um Punkt zwölf mit donnerndem „rrr“ aus den Bordlautsprechern, jeder Satz eine kleine Melodie. „Liebe Gäste, 822 nautische Meilen seitdem Cádiz, noch 2275 solange bis Berrrmuda!“
Das Meer ist ein leuchtendes Wunder
Wasser, Wasser, Wasser und noch 2275 Meilen solange bis zur nächsten Landmasse. Bermuda, ein Archipel, dieser letztlich sogar nichts anderes ist wie eine Art Ponton mit feinen Stränden im Nordatlantik – und noch so gut wie 1000 weitere Seemeilen vom finalen Hafen Miami weit. Droht da nicht Langeweile?
Keineswegs! Fast jeden Morgen und jeden Abend spielt dieser Himmel wie ein Kunstmaler mit Farben von Gold nachher Silber und Türkis, dann wieder von Rubinrot nachher Smaragdgrün und Nachtblau. Das Wasser tut es ihm gleich, wenn sogar in einem engeren Spektrum aus kühlen Grau- und Blautönen. Man lernt die Stimmung des Ozeans Kontakt haben wie die Launen eines kauzigen Nachbarn. Doch nie kann man die Farben vorhersehen, die dieser Atlantik am nächsten Tag vorzeigen wird.
Das Meer: Ein leuchtendes Wunder, wie es von Land aus kaum zu erleben ist. Die Sonne sinkt immer früher, die Uhren werden mit dem Wechsel dieser Zeitzonen Stunde um Stunde zurückgestellt. Doch am Ende zählt nur dieser Takt dieser See. Selbst dasjenige Bewusstsein für jedes die Wochentage geht verloren. Ist es Dienstag oder schon Mittwoch? Noch vier Tage solange bis Bermuda. Oder nur noch drei?
Die Regeln des Alltags losmachen sich aufwärts an Bord. Mancher Gast erscheint im Bademantel zum Frühstück. Oder mit Cowboyhut zum Lunch. „Mir ist völlig egal, welches Sie in meinen Kaffee tun, Hauptsache, er ist stark“, informiert eine tiefenentspannte Amerikanerin nachher dieser zweiten Sturmnacht den diensthabenden Barista an dieser Kaffeebar aufwärts Deck 5. Das Schiff nickt dazu im Auf und Ab des schäumenden Meeres.
Im Frühstücksrestaurant ein paar Etagen höher behauptet nur wenig später ein grauhaariger Brite am Nachbartisch: „Habe wunderbar geschlafen! Gar nichts vom Sturm mitbekommen!“ Als dasjenige dieser philippinische Kellner Milo hört, rollt er mit den Augen und holt verstohlen ein Fläschchen aus dieser Hosentasche: Pfefferminzöl. „Gegen die Seekrankheit.“ Hilft es denn? „Mir nicht“, sagt Milo kichernd und wankt in ausschweifenden Bögen zurück zur Kochkunst.
Keine Langeweile aufwärts dem Kreuzfahrtschiff
Cruise Director David Nevin, ein Kanadier und zuständig für jedes dasjenige Unterhaltungsprogramm, operiert nachher dem Motto „viel hilft viel“. Sein Aufgebot gegen die Langeweile besteht aus drei Gastlektoren, einer Schiffsband, einem Gesangsduo, einem Klavierspieler in dieser Observation Lounge ganz oben, einer achtköpfigen Tanzgruppe, fünf Solokünstlern, einem Komiker sowie Bingo, Bridge-Turnieren, Karaoke-Nächten, Sandsack-Weitwurf und Häkeln für jedes Fortgeschrittene.
Was für jedes ein Glück, dass man nicht sogar noch Landausflüge unterbringen muss! Dazu sieben Restaurants, vier Bars, ein Café, ein Spielkasino, ein großes Gym, ein Spa und eine Bibliothek. Hochklassige Kunst an den Wänden, erlebbar mit dieser schiffseigenen App, Fernsehen und Internet-Zugang für jedes diejenigen, die sogar mitten aufwärts dem Meer wissensdurstig, welches im Rest dieser Welt los ist. Nein, lasch wird es nie.
„Die Leute möglich sein aufwärts eine Atlantikpassage, weil sie dasjenige Schiff und die See genießen wollen“, behauptet Nevin. Und sicher hat er recht. Denn die meisten Gäste, mehr wie 80 Prozent aufwärts dieser Fahrt, kreuzen zum wiederholten Mal aufwärts einem Regent-Schiff. Sie wissen, welches sie erwartet. Sieben Passagiere sind sogar mit jeweils mehr wie 2000 Schiffstagen aktenkundig. Ohne Unterbrechung ergäbe dasjenige fünfeinhalb Jahre aufwärts See. Wenige aus dieser Crew kommen vermutlich aufwärts eine solch tief Erfahrung.
Es heißt, dieser Atlantik sei blauer wie dieser Pazifik, verhältnismäßig durch Sedimente, Algen und seine Tiefe. Doch selbst dieser erfahrene Seebär Montesanto räumt ein, dass er einzig vom Blick von seiner Brücke nicht beurteilen könne, aufwärts welchem dieser Weltmeere er ohne Rest durch zwei teilbar unterwegs sei. Komiker Stevenson ahnte vor ein paar Tagen vermutlich nicht, wie richtig er lag mit seiner Fahrt ins Nirgendwo. Kein anderes Schiff ist zu sehen, kein Vogel, schon gar keine Insel. Alles verschwimmt aufwärts entschleunigende Weise. Wo genau sind wir heute? Wo gestriger Tag? An welchem Tag, in welchem Jahrhundert? Völlig egal.
Die Kreuzfahrt mit dieser „Grandeur“ endet in Miami
Auf Deck 12, eine Etage extra dem Pool, hängt eine große Seekarte. Mit Bleistift und Lineal hat Leckermäulchen schief extra den Atlantik eine nahezu horizontale Linie gezogen, die geplante Route von Cádiz nachher Florida, kurz extra dem 32. Breitengrad. Man lernt von dieser Karte, dass dasjenige Schiff zwar eine südlichere Route nimmt, im Unterschied dazu vom Breitengrad Null noch genauso weit weit ist wie von dieser Südspitze Grönlands. Die Größe des Atlantiks ist kaum zu raffen. Genauso wenig seine Tiefe.
Montesanto nennt sie in den Mittagsansprachen: 4000 Meter Wassertiefe, 4500 Meter, 5000 Meter. Das klingt beeindruckend viel, und die „Grandeur“ schaukelt nur ganz oben am Spiegel des Wassers wie eine Fliege in einer Badewanne oder eigentlich in einem Schwimmbecken. Doch führt die Route nicht einmal extra die tiefste Stelle des Atlantiks. Die liegt noch weiter südlich vor dieser Waterkant Puerto Ricos und beträgt gut 9000 Meter.
Wie tief dasjenige ist? Würde man ein hinreichend schweres Gewicht extra die Reling werfen, behelfsweise dasjenige Klavier des Bord-Pianisten, welches natürlich strengstens verboten wäre, würde dieses extra eineinhalb Stunden sinken, solange bis es in tiefster Finsternis neben einer erstaunten Seegurke sanft aufwärts dem Grund aufsetzte.
Am Morgen des 14. Tages nachher dieser Abfahrt in Barcelona erreicht die „Grandeur“ nachher einem kurzen, ereignislosen Zwischenstopp aufwärts Bermuda planmäßig den Hafen von Miami. Alle an Bord sind die Ruhe selbst. Die Wolkenkratzer glitzern im Sonnenlicht exakt wie im Vorspann von „CSI Miami“, dasjenige Klavier des Bord-Pianisten steht zugeklappt und ungestört in dieser Observation Lounge aufwärts Deck 11. Der Atlantik liegt ruhig da wie ein rutschig gestrichenes Bettlaken. Die stürmische Fahrt wirkt nur noch wie ein Traum.
Touren extra den Atlantik:
Cunard bietet wie einzige Reederei Transatlantikpassagen im Liniendienst an mit dieser „Queen Mary II“ aufwärts dieser Route Southampton–New York–Southampton, zum Teil sogar ab/solange bis Hamburg, von dort dauert die Überfahrt neun Tage, ab 1494 Euro pro Person, cunard.com.
Die nächste Transatlantikfahrt dieser „Grandeur“ von Regent Seven Seas findet ab 10. April von New York nachher Barcelona statt, 14 Tage, ab 9909 Euro pro Person All-inclusive; die Tour Barcelona–New York ab 24. August ist ausgebucht (Warteliste); 2025 startet die erste Überfahrt am 19. März von Miami nachher Barcelona, 14 Tage, ab 6759 Euro. Eine Alternative für jedes Herbst 2024 ist die „Mariner“, ab 3. November von Barcelona nachher Miami, 14 Tage, ab 5150 Euro, rssc.com.
TUI Cruises schickt „Mein Schiff 1“ ab 5. September von Hamburg aus extra Island und Kanada nachher New York, 15 Tage, ab 2149 Euro, meinschiff.com.
Aida Cruises bietet eine zehntägige Tour mit dieser „Aida Perla“ an, ab 4. April von Barbados nachher Teneriffa, ab 1898 Euro, aida.de.
Die Teilnahme an dieser Reise wurde unterstützt von Regent Seven Seas. Unsere Standards dieser Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.
Source: welt.de