Krankenversicherung in den USA: Kranke Reaktion, krankes System

In einem Land, in dem jeden Tag Dutzende Menschen erschossen werden, erregt ein Mord auf offener Straße meist kein großes Aufsehen. Aber als vor zwei Wochen in New York ein 50-jähriger Familienvater namens Brian Thompson geradezu hingerichtet wurde, mit mindestens drei Schüssen aus einer Pistole mit Schalldämpfer, da war das anders.

Allerdings nicht wegen der Kaltblütigkeit des Täters. Sondern wegen der des Opfers.

Thompson war Geschäftsführer von UnitedHealthcare (UHC), der mit Abstand größten privaten Krankenversicherungsfirma der USA. Schon vor dem Mord kursierten Berichte darüber, wie schlecht das Unternehmen Versicherte behandelt. Sei es, weil sie auf teils extrem hohen Behandlungskosten sitzen bleiben. Sei es, weil ihnen eine dringend benötigte Therapie verweigert wird. In TV-Sendungen und sozialen Medien berichten viele Patienten nun von ihren Erfahrungen. „Nachdem ich vergewaltigt wurde, wollte UHC nicht für die Untersuchung zahlen, weil sie eine freiwillige Prozedur gewesen sei“, schreibt eine Frau. „Bestrahlung und Chemotherapie wurden zunächst abgelehnt, was meine Behandlung verzögert hat“, eine andere.