Konzernumbau wirkt: Bayer verdient mehr denn erwartet

Gut anlaufende neue Medikamente und eine gestiegene Nachfrage nach Maissaatgut stützen das Geschäft des Pharma- und Agrarchemiekonzerns Bayer . Der Dax-Konzern hat zum dritten Quartal ein operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) und vor Sondereinflüssen in Höhe von 1,51 Milliarden Euro vermeldet und damit die Erwartungen der Analysten übertroffen, die im Schnitt nur mit einem Wert von 1,29 Milliarden Euro gerechnet hatten. Das Unternehmen sieht sich daher auf Kurs, die im Sommer angehobene Jahresprognose zu erreichen, auch wenn es im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten zunehmend Gegenwind gibt und auch die Rechtsrisiken rund um Glyphosat und PCB die Bilanz abermals belasten. Der Aktienkurs von Bayer lag am Mittwoch zeitweilig gut sechs Prozent im Plus. Seit Jahresbeginn hat das Papier rund die Hälfte an Wert gewonnen. Der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson versucht mit zahlreichen Maßnahmen, das Vertrauen von Investoren zurückzugewinnen.
Der Ruf ist nämlich weiterhin angeknackst: Im Vergleich zum Zeitpunkt vor der milliardenschweren Übernahme des amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto liegt der Aktienkurs 70 Prozent im Minus, mehr als zehn Milliarden Euro hat der Dax-Konzern für Vergleiche im Rechtsstreit rund um die angeblich krebserregende Wirkung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat bereits ausgegeben. Zum dritten Quartal hat Bayer die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten auch abermals um knapp eine Milliarde Euro erhöhen müssen. Schon im Sommer hatte das Unternehmen 1,7 Milliarden Euro zusätzlich zurückgestellt, der Glyphosat-Komplex macht etwa sieben Milliarden Euro der insgesamt 7,8 Milliarden Euro hohen Rückstellungen aus. Der Rest dreht sich um den ebenfalls mit Monsanto zugekauften Rechtsstreit rund um PCB in Amerika. Die meisten Fälle hat Bayer verglichen, zuletzt aber in einem Berufungsprozess abermals eine Niederlage erlitten.
Der Amerikaner Anderson will bis 2026 Rechtsrisiken eindämmen
„Insgesamt stehen wir jetzt vor einer wichtigen und sehr dynamischen Phase“, sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Bill Anderson in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Der Amerikaner zeigte sich zuversichtlich, die Rechtsrisiken wie angekündigt bis Ende 2026 „signifikant“ einzudämmen. Dafür verfolgt Bayer eine mehrgleisige Strategie, neben Prozessen vor Gericht und Vergleichen setzt der Konzern auch darauf, dass sich das höchste amerikanische Gericht, der Supreme Court, des Streits annimmt – und möglicherweise Klagen in niedrigeren Instanzen mit einer Entscheidung die Grundlage entzieht.
Die Aussicht auf Vergleiche etwa erhöht die Zahl der Fälle, was sich wiederum auf die Rückstellungen auswirkt. Die Zahl der offenen Glyphosatklagen in den Vereinigten Staaten stieg zuletzt nochmals von 61.000 auf 65.000 Fälle, mit insgesamt bald 200.000 Klagen ist der Konzern konfrontiert. Durch die Rückstellungen stand für Bayer unter dem Strich ein Verlust im Quartal von 963 Millionen Euro zu Buche, im Vorjahreszeitraum hatte es allerdings noch hohe Wertminderungen im Agrargeschäft gegeben, was zu einem Verlust von 4,18 Milliarden Euro geführt hatte.
Das Agrargeschäft erweist sich als robust
Gerade das Agrargeschäft zeigt sich operativ robust: Um mehr als ein Fünftel legten die Umsätze mit Maissaatgut zu, und auch die Herbizide, die Bayer als Alternative zu Glyphosat vermarktet, konnten ein Umsatzwachstum von sieben Prozent verbuchen. Das Geschäft mit Glyphosat wuchs zwar leicht, aber nur dank gestiegener Preise bei sinkendem Absatz. Für das vierte Quartal erwartet Bayer, dass das Unkrautvernichtungsmittel noch besser verkauft werden dürfte, das wiederum belastet aber gleichzeitig die Marge. Denn glyphosathaltige Produkte sind schon lange nicht mehr patentgeschützt, da kämpft Bayer gegen Nachahmerprodukte vor allem aus China. Mehr verdienen kann das Unternehmen daher mit anderen Produkten. Nicht nur wegen des Rechtsrisikos ist Glyphosat perspektivisch eher ein Auslaufprodukt, wenngleich es heute noch unverzichtbar ist vor allem für Landwirte in den USA und Südamerika.
Während im Pharmageschäft vor allem dank gut laufender Neueinführungen der Umsatzrückgang der Blockbuster-Präparate Xarelto und Eylea kompensiert werden konnte – für den Gerinnungshemmer und die Augenspritze laufen Patente aus –, steht die Sparte mit rezeptfreien Medikamenten zunehmend unter Wettbewerbsdruck. „Für Consumer Health wird das Marktumfeld immer herausfordernder, vor allem in den USA und China“, sagte Anderson. Für die kleinste Sparte im Konzern rechnet Bayer mit einer Umsatzspanne zwischen minus einem bis plus einem Prozent, auf den operativen Gewinn soll sich das aber nicht auswirken.
Für 2025 rechnet Bayer unverändert mit einem Umsatz von 46 bis 48 Milliarden Euro sowie einem bereinigten operativen Gewinn von 9,7 bis 10,2 Milliarden Euro. Positiv wirke auch das laufende Umbauprogramm, was Effizienzen bringe und Kosten spare: So hat Bayer rund 13.500 Stellen abgebaut, insgesamt beschäftigt Bayer noch rund 88.500 Menschen, davon gut ein Fünftel in Deutschland.