Konstituierende Bundestagssitzung: Gysi wünscht sich Bundestag „ohne Beleidigungen, ohne Beschimpfung“



Eric Voigt
Eric Voigt

Gysi fordert Feiertag am 8. Mai

Alterspräsident Gregor Gysi fordert gegen Ende seiner Rede auch die Erinnerung an die Befreiung Deutschlands vom Faschismus. „In diesem Jahr begehen wir den 80. Jahrestag der Befreiung von der Hitlerdiktatur und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges„, sagte Gysi. „Richard von Weizsäcker hat als Bundespräsident als erster im Bundestag erklärt, dass es sich um eine Befreiung auch des deutschen Volkes handelte. (…) Deshalb schlage ich vor, den 8. Mai zumindest in diesem Jahr, aber eigentlich generell zu einem bundesweiten gesetzlichen Feiertag zu erklären„, sagte Gysi.

Anna-Lena Schlitt
Anna-Lena Schlitt

Gysi fordert Entschuldigung bei neuen Bundesländern 

Gregor Gysi machte sich in seiner Eröffnungsrede auch für Ostdeutschland stark. „Die neu zu wählende Kanzlerin oder der neu zu wählende Kanzler“ müsste sich für die Demütigung, die die Menschen in der ehemaligen DDR nach der Wiedervereinigung erfahren hätten, entschuldigen, fordert er. Aus der DDR seien nur Sandmännchen, Ampelmännchen und der grüne Abbiegepfeil übernommen worden. „Damit sagte man aber den Ostdeutschen, dass sie außer diesen drei Punkten nichts geleistet hätten“, sagte Gysi. Mehr Wertschätzung „hätte zu deutlich mehr innerer Einheit geführt.“

Es müsse „endlich eine Gleichstellung von Ost und West“ geben

, sagte er. „Es muss Schluss sein mit unterschiedlichen Tarifverträgen.“ Alle Menschen in Deutschland hätten das Recht, für die gleiche Arbeit in gleicher Arbeitszeit auch gleich entlohnt zu werden. 

Eric Voigt
Eric Voigt

„Wir müssen bei der Gleichstellung von Menschen weiterkommen“

Alterspräsident Gregor Gysi spricht in seiner Rede auch die Rechte von Menschen und die Gleichstellung der Geschlechter an. „Wir müssen bei der Gleichstellung von Menschen weiterkommen„, sagte Gysi. „Weder die Hautfarbe noch die Nationalität, noch die Religion, noch die sexuelle Orientierung dürfen eine Rolle spielen. Ich bin dafür, die Diversen ins Grundgesetz aufzunehmen, damit sie in ihren Grundrechten geschützt werden“, fordert der Alterspräsident.
„Wichtig ist, was Menschen tun und hinterlassen und welchen Charakter sie haben. Nur danach dürfen sie beurteilt und bewertet werden.“

Gregor Gysi

Anna-Lena Schlitt
Anna-Lena Schlitt

Gysi warnt vor Vertrauensverlust in Politik

Der Alterspräsident hat dazu aufgerufen, die von Armut betroffenen und gefährdeten Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Inflation, Energiekrise und hohe Lebensmittelpreise seien eine „ungeheure Belastung“ – gerade für Geringverdiener, Sozialleistungsbezieher und Menschen mit geringer Rente, sagte Gregor Gysi. „Sie verlieren das Vertrauen in die etablierte Politik, wenn keine ernsthaften Maßnahmen dagegen unternommen werden“, sagte er.
„Ich finde den Wettbewerb, wer am meisten bei den Ärmsten kürzt, unwürdig für den Deutschen Bundestag.“ 

Gregor Gysi

Fabian Albrecht
Fabian Albrecht

Bismarck, Marx und Gysi

Gregor Gysi wirbt in seiner Rede dafür, sich von Dogmen zu lösen und aufeinander zuzugehen. Vielleicht könnten ja auch mal Linke darauf verzichten, gegen die Benennung einer Straße nach Otto von Bismarck zu protestieren. Auf der anderen Seite könnte man nach Karl Marx wenigstens eine Uni benennen – „vielleicht die, die sich in seiner Geburtsstadt in Trier befindet“, schlägt Gysi vor. „Das verpflichtet niemanden, an der Universität marxistisch zu werden.“ Da schmunzelt selbst Friedrich Merz.

Nora Ederer

Wissing sitzt auf der Besuchertribüne

Der ehemalige Verkehrsminister Volker Wissing (parteilos) sitzt an diesem Vormittag auf den Besucherrängen, eine Reihe hinter dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD) und dem früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU). Gleich zu Beginn der Sitzung blickt Wissing auf den ehemaligen Platz der FDP-Fraktion im Saal. Dort sitzen nun die Abgeordneten der Union. Immer wieder wird sein Blick an diesem Vormittag dorthin wandern. Die FDP, aus der Wissing im November ausgetreten ist, ist im 21. Deutschen Bundestag nicht mehr vertreten.

Eric Voigt
Eric Voigt

Alterspräsident wünscht sich mehr Glaubwürdigkeit

Gregor Gysi spricht in seiner Rede auch die politische Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern an. „Wenn wir mehr Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung erreichen wollen, sollten wir in unserer Sprache das Maß wahren und nicht immer bei Menschen mit anderer Auffassung das Übelste unterstellen„, sagte Gysi. „Unsere Sprache muss auch allgemein verständlich werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen verstehen, worüber wir hier diskutieren“, fordert der Linkenpolitiker.

„Ferner müssen wir alle ehrlicher werden“, sagte der Alterspräsident des Bundestages und spricht dabei indirekt die Abstimmung über das Sondervermögen im alten Bundestag an. „Man muss die wahren politischen Beweggründe für Entscheidungen angeben und nicht die falschen, von denen man meint, dass sie eine Mehrheit trägt. Es ist auch überhaupt nicht nötig, im Wahlkampf Forderungen zu stellen, Bedingungen zu nennen und dann das Gegenteil zu betreiben„, sagte Gysi.

Anna-Lena Schlitt
Anna-Lena Schlitt

Gysi sieht „schwere Zeit“ für neuen Bundestag 

Gysi zeigte sich besorgt angesichts von internationalen Krisen. „Der neu gewählte Bundestag, der sich heute konstituiert, muss in einer schweren Zeit agieren“, sagte Gysi mit Blick auf den Ukrainekrieg, kriegerische Auseinandersetzungen im Nahen Osten und viele bewaffnete Konflikte in Afrika.

„Wir brauchen eine neue Sicherheitsstruktur, eine neue Friedensordnung in Europa“
, sagte Gysi. Wie man diesen Frieden erreiche, dazu gebe es im Bundestag unterschiedliche Ansichten. „Wir müssen einfach lernen, zu respektieren, dass es diese Unterschiede gibt.“

Eric Voigt
Eric Voigt

Gysi dankt zu Beginn seiner Rede Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Der Alterspräsident des Bundestages, Gregor Gysi (Die Linke), beginnt seine Rede mit einer Danksagung an die alte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. „Ich möchte im Namen aller Anwesenden der Präsidentin des 20. Deutschen Bundestages, Frau Bärbel Bas, herzlich für ihre faire und kluge Leitung unseres Parlaments danken„, sagte Gysi. „Ich begrüße auch alle ehemaligen Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages auf den Besucherrängen und danke Ihnen für die von Ihnen geleistete Arbeit.“

Gysi verwies auch auf seine erste Legislaturperiode als Bundestagsabgeordneter. Er war dort 1990 erstmals in den Bundestag gewählt worden.

Fabian Albrecht
Fabian Albrecht

Bundestag lehnt AfD-Antrag zum Alterspräsidenten ab

Schon vor der offiziellen Konstituierung des Parlaments hat die AfD ihre erste Abstimmung im neuen Bundestag verloren. Der erste Antrag im 21. Bundestag, der darauf zielte, Alexander Gauland statt Gregor Gysi zum Alterspräsidenten zu ernennen, wurde von den anderen vier Fraktionen abgelehnt und ist damit gescheitert.

Iven Fenker
Iven Fenker

Görke wirft AfD „Trickserei“ vor

Der Linken-Politiker Christian Görke forderte die AfD bezogen auf ihren Antrag auf, mit der „Trickserei“ aufzuhören. Gregor Gysi nannte er einen „Mann, der aufgrund seiner ausgefeilten Rhetorik, seiner oft auch amüsierten Schlagfertigkeit und vor allem wegen seiner durchaus beachtenswerten Biografie über Parteigrenzen hinaus geschätzt wird.“ 

Anna-Lena Schlitt
Anna-Lena Schlitt

Grüne lehnen AfD-Antrag ab

Irene Mihalic (Grüne) hat der AfD vorgeworfen, mit ihrem Antrag Chaos stiften zu wollen. Der AfD-Antrag „mit der damit verbundenen Chaotisierung“, sei der beste Beweis dafür, „dass wir sehr gut beraten sind, bei der Eröffnung der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages nicht auf das Lebensalter zu setzen, sondern auf langjährige parlamentarische Erfahrung und Routine“. Die AfD habe weder ein Interesse an geordneten Wahlvorgängen noch an einem würdevollen Ablauf der konstituierenden Sitzung, sagte Mihalic. Die Grünen lehnten den Antrag geschlossen ab.

Eric Voigt
Eric Voigt

Katja Mast unterstützt ebenfalls Gregor Gysi

Auch die SPD unterstützt die Wahl von Gregor Gysi als Alterspräsident des Bundestages. Die Abgeordnete Katja Mast springt in ihrer Rede Thorsten Frei zur Seite: „Wir haben alle im letzten Herbst erlebt, bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags, wie wichtig es ist, dass nicht nur das Alter im Mittelpunkt steht bei dieser Frage„, sagte Mast.

Eric Voigt
Eric Voigt

Thorsten Frei erinnert an AfD-Alterspräsidenten im Thüringer Landtag

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, unterstützt die Wahl des Alterspräsidenten Gregor Gysi.

„Wir konnten ja beispielsweise bei der Eröffnung und bei der Eröffnungssitzung des thüringischen Landtages sehen, was es bedeutet, wenn ein AfD-Alterspräsident zur Chaotisierung der Eröffnungssitzung beiträgt„, sagt Frei. „Und der thüringische Verfassungsgerichtshof dem Alterspräsidenten in den Arm fallen musste, um die Ordnungsmäßigkeit der Parlamentseröffnung sicherzustellen. Das war würdelos, und das wollen wir im Deutschen Bundestag nicht erleben„, sagte der Unionspolitiker.

Anna-Lena Schlitt
Anna-Lena Schlitt

AfD fordert, dass Gauland die Sitzung leitet

Alexander Gauland am 25. März 2025 im Bundestag
Alexander Gauland am 25. März 2025 im Bundestag. Kay Nietfeld/dpa
Die AfD hat gefordert, dass das älteste Mitglied des Bundestags die konstituierende Sitzung leiten sollte. Das wäre der 85-jährige Alexander Gauland (AfD). Üblich ist es seit 2017, dass das dienstälteste Mitglied des Bundestags die Sitzung leitet. Das ist derzeit Gregor Gysi (Die Linke).

Bernd Baumann von der AfD bezeichnete die Änderung als „erbärmlich“ und „perfide“. Gauland sei der „in jahrhundertelanger Parlamentstradition rechtmäßige und wahre Alterspräsident hier im Hause“, sagte Baumann. „Aber der heutigen Union ist eine Galionsfigur der radikalen Linken lieber als ein verdientes Urgestein aus ihren eigenen Reihen.“