Konkurrenz zum Besten von Nvidia: KI-Chip-Welle aus China kommt

Die chinesischen Konkurrenten von Nvidia schwimmen auf einer Welle. Der Pekinger Chipentwickler Moore Threads hat am Freitag einen enorm erfolgreichen Börsengang hingelegt. Es handelte sich um den zweitgrößten auf dem chinesischen Festland in diesem Jahr. Der Aktienkurs des Unternehmens, das von früheren Nvidia-Entwicklern gegründet wurde, versechsfachte sich am ersten Handelstag zeitweise. Zum Handelsende hatte sich der Kurs immer noch verfünffacht, die Marktkapitalisierung erreicht umgerechnet rund 34 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Damit läge das Unternehmen im Dax-Mittelfeld zwischen dem Chemiekonzern BASF und dem Pharmakonzern Bayer.

Erst am Donnerstag hatte Cambricon , ein weiterer chinesischer KI-Chip-Entwickler, die Börsen in China und anderswo überrascht. Das Unternehmen will laut der Nachrichtenagentur Bloomberg seine Produktion von KI-Chips im kommenden Jahr mehr als verdreifachen. Cambricon legte daraufhin am Donnerstag um knapp drei Prozent zu. Die Auswirkungen reichten bis nach Europa, wo die Kurse einiger Chiphersteller zulegten. Cambricon bringt aktuell knapp 70 Milliarden Euro auf die Börsenwaage, also fast so viel wie Rheinmetall und mehr als Mercedes oder BMW.

Für die Chiphersteller tut sich gerade ein Fenster auf. Die USA untersagen Nvidia den Verkauf seiner neuesten KI-Chips in China. Die Sanktionen, die Washington gegen Cambricon, Moore Threads und andere chinesische Chip-Entwickler verhängt hat, haben diese Unternehmen weitgehend abgeschüttelt. Gleichzeitig hat Peking signalisiert, dass sein Interesse an der Rückkehr von Nvidia gering ist und man die heimische Chipindustrie inzwischen für gut genug hält.

Chinas Tech-Konzerne kaufen chinesisch

Chinesische Tech-Konzerne wie Alibaba oder Bytedance und KI-Entwickler wie Deepseek und Moonshot AI werden stattdessen dazu angehalten, heimische KI-Chips zu kaufen und so die Nachfrage zu schaffen, die die Start-ups brauchen. Deepseek-Gründer Liang Wenfeng hat laut chinesischen Medien selbst bei ­Moore investiert. Bytedance gilt als größter Kunde von Cambricon.

Gleichzeitig pumpt die Regierung selbst hohe Summen in die Branche. Als größter Geldgeber gilt der sogenannte Big Fund, der im vergangenen Jahr in die dritte Phase ging und mit umgerechnet rund 40 Milliarden Euro für fünf Jahre ausgestattet ist. Darüber hinaus haben viele Lokalregierungen weitere Investmentvehikel aufgesetzt, mit denen sie Halbleiterunternehmen fördern. Moore Threads gehört laut einer chinesischen Datenbank zu acht Prozent staatlichen Unternehmen, bei Cambricon sind es sogar knapp 16 Prozent.

Cambricon und Moore Threads sind an der Börse zwei der schillerndsten Namen. In der Bugwelle der beiden machen sich gerade weitere Entwickler von KI-Chips bereit für einen Börsengang. Meta X, ein von AMD-Veteranen gegründeter Entwickler von KI-Chips, steht in Shanghai in den Startlöchern, Kunlunxin, das zum Baidu-Konzern gehört, in Hongkong. Einige weitere haben ihre Unterlagen für einen Börsengang schon eingereicht.

Mehr Unternehmen drängen ins Chipgeschäft

Zudem entwickelt der Huawei -Konzern, der nicht an der Börse notiert ist, selbst KI-Chips und gilt als die größte Hoffnung. Viele weitere Tech-Konzerne wie Xiaomi und Autohersteller wie der Volkswagen-Partner Xpeng sind ebenfalls in das KI-Chip-Rennen eingestiegen, im Fall von Autokonzernen jedoch mit Fokus auf das autonome Fahren.

Doch sosehr die Unternehmen auf einer Welle schwimmen, ohne Hürden und Risiken ist die Entwicklung nicht. Viel hängt davon ab, ob der chinesische Halbleiterhersteller SMIC seine Produktion tatsächlich so zuverlässig hochfahren kann, wie es für die Nachfrage der Chipentwickler nötig wäre. Laut Berichten von Ende August ist SMIC dabei, die Produktion von Sieben-Nanometer-Chips im kommenden Jahr zu verdoppeln. Auch Huawei beginne mit der Produktion eigener KI-Chips. In jedem Fall hängen die Unternehmen gegenüber Nvidia und dem taiwanischen Hersteller und Weltmarktführer TSMC aber deutlich zurück, manche Analysten schätzen den Rückstand auf rund sieben Jahre.

Zudem gibt es auch in China Warnungen vor einer KI-Blase. Es handle sich bei Moore Threads zwar um einen „jener wegweisenden Börsengänge, die in die Geschichte eingehen und in Erinnerung bleiben werden“, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg Shao Qifeng, Chief Investment Officer bei Ying An Asset Management. Shao warnte aber gleichzeitig: Nicht immer seien solche Börsengänge ein gutes Zeichen. „In einigen Bereichen können sie ein Anzeichen für Überhitzung sein.“

Denn die meisten der Chipentwickler sind entweder nicht profitabel oder werden zu Bewertungen gehandelt, die kaum durch das eigentliche Geschäft zu rechtfertigen sind. So kam das mit 34 Milliarden Euro bewertete Moore Threads in den ersten neun Monaten auf einen Umsatz von weniger als 100 Millionen Euro – in etwa der Umsatz des Bayer-Konzerns am Tag – und erwirtschaftete in dem Zeitraum einen fast ebenso hohen Verlust. Doch weil der Umsatz um 180 Prozent zulegte und der Fehlbetrag sich um ein Fünftel reduzierte, sieht sich das Unternehmen auf einem guten Weg, schon in zwei Jahren profitabel zu wirtschaften. Cambricon könnte hingegen schon in diesem Jahr profitabel werden.