Konkurrenz aus China: Scholz kann Autozölle nicht verhindern

Einen letzten Anlauf wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherlich noch unternehmen, um die Schutzzölle auf Elektroautos aus China noch zu verhindern. An diesem Mittwoch trifft er den französischen Prä­sidenten Emmanuel Macron in Berlin zum Mittagessen. Der ist eine der treibenden Kräfte hinter den Zöllen. Offiziell steht das Thema zwar nicht auf der Tagesordnung, heißt es in Diplomatenkreisen. Aber wenn Scholz vor dem entscheidenden Votum der Mitgliedstaaten zu den Zöllen am Freitag in Brüssel noch etwas erreichen will, muss er jede Gelegenheit nutzen.

Am Freitagmorgen kommt der zuständige Ausschuss zusammen, um über die von der Europäischen Kommission im Juli vorgeschlagenen Zölle abzustimmen. Die sollen die schwächelnden Hersteller in der EU vor dem nach Ansicht der EU-Kommission unfairen Wettbewerb durch die hochsubventionierten Konkurrenten aus China schützen. Aufschläge von bis zu 35 Prozent zum Standardsatz von aktuell 10 Prozent sieht die Kommission vor.

Kommission hat in Handelsfragen große Macht

Scholz stand dem von Anfang an skeptisch gegenüber. Die Sorge des Kanzlers ist, dass die Zölle Peking zu Gegenmaßnahmen verleiten, was nicht nur die deutschen Premiumhersteller in einem besonderen Maße träfe. Tatsächlich hat Peking die EU-Staaten bearbeitet, um die Zölle zu verhindern, und diverse Handelsverfahren gegen europäische Produkte ein­geleitet. Die Palette reicht von Schweinefleisch über Käse bis zu Autos mit besonders großen Verbrennungsmotoren, wie sie Porsche, Mercedes und BMW nach China ausführen.

Seit Wochen telefoniere das Kanzleramt deshalb mit den Staats- und Regierungschefs der anderen 26 Staaten, um die Zölle zu verhindern, heißt es in Brüssel. Viel erreicht hat man dabei allerdings bisher nicht. Zwar hat die Kommission den Text angepasst, über den die Vertreter der EU-Staaten am Freitag abstimmen. Es findet sich nun ein Absatz darin, der explizit vorsieht, dass die Zölle wieder ausgesetzt werden, wenn Brüssel und Peking sich doch noch auf eine Verhandlungs­lösung einigen. Das ist letztlich aber eine Selbstverständlichkeit.

Eine gesichtswahrende Lösung für Scholz?

Diplomaten rechnen indes nicht damit, dass die Zölle noch aufzuhalten sind. Die Hürde ist hoch, weil die Kommission in Handelsfragen große Macht hat. Eine Mehrheit von 14 Staaten könnte die Zölle zumindest ausbremsen. Dann müsste noch einmal abstimmt werden. Um sie komplett zu stoppen, müssten 15 Staaten dagegenstimmen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Im Juli hatten sich bei einer Probeabstimmung nur vier Staaten, darunter Ungarn, die Slowakei und Zypern, gegen die Zölle gestellt.

Die Hoffnung des Berliner Kanzleramts ruhte darauf, dass sich elf weitere Staaten enthalten hatten – darunter auch Deutschland. Hätte man diese alle auf die Seite der Nein-Sager ziehen können, wären die Zölle noch zu verhindern gewesen. Tatsächlich waren allerdings viele Ent­haltungen wohl vor allem dadurch zu erklären, dass sich die betroffenen Mitgliedstaaten nicht offen gegen China stellen wollten, obwohl sie die Zölle gutheißen. Die Staaten wollten allein verhindern, dass sie anschließend von Peking mit Ge­genmaßnahmen belegt würden. An diesem Kurs können sie auch am Freitag festhalten. Eine Enthaltung zählt bei diesem Votum faktisch wie eine Zustimmung zu den Zöllen.

Geschwächt hat Scholz, dass es auch in seiner Koalition Stimmen für die Zölle gab. Sowohl Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben sich öffentlich hinter die Kommission gestellt. Deshalb dürfte sich auch Deutschland am Freitag in der Abstimmung enthalten. Es gebe noch keine klare Weisung aus Berlin, heißt es. Alles laufe aber auf eine Enthaltung hinaus. Für Scholz könnte das am Ende auch eine gesichtswahrende Lösung sein, weil er damit nicht im Ex­tremfall allein mit Staaten wie Un­garn oder der Slowakei gegen die Schutzzölle stimmt.