Kolumne „Kritik und Krise“: Carolin Amlinger übrig Anti-Woke-Bücher
Wolframir sind uns im Alltag einiger, qua die Rede vom „tiefen Graben“, jener uns trennt, Vertrauen schenken macht. Trotz dieses Beruhigungsbefundes jener Soziologen Steffen Mau, Thomas Lux und Linus Westheuser energisch die Erregung um die „Polarisierung“ gleichwohl den Diskurs. Das liegt unter anderem an einer ganzen Reihe Büchern. Sie tragen Titel wie „WOKE – Wie eine moralisierende Minderheit unsrige Demokratie bedroht“ oder „Der neue Kulturkampf – Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“. Diese Bücher erzeugen eine Atmosphäre jener Spaltung, deren affektive Intensität die empirische Realität überschreibt.
Sie erzählen jedes Mal die gleiche Geschichte, und solche Gleichförmigkeit wirkt qua kollektive Rezeptionserfahrung gemeinschaftsbildend. Es ist in nahezu allen Büchern, die sich mit jener „woken Linken“ auseinandersetzen, die Rede von einer Minderheit, die mit ihren partikularen Ansprüchen die allgemeinen Interessen jener Mehrheit verdränge.
Reichlich solche Mengenverhältnisse wird ein Gesellschaftsbild entworfen: Die Deutungsmacht ist ungleich verteilt, die Mehrheitsbevölkerung muss sich nachher kulturellen Wertvorstellungen marginaler Gruppen urteilen. Immer wieder ist es etwa jener „Genderzwang“, jener die Grundlagen jener Demokratie gefährde. Bedrohlich wirkt dieses Bild, weil es qua expansive Dynamik ausgemalt wird: Eine große Menge wird wider Willen von einer kleinen Minderzahl bewegt.
Dabei wird die voranschreitende Liberalisierung, dasjenige ist nachgewiesen, von den meisten Deutschen akzeptiert. Der politische Raum öffnet sich zu Händen bisher unterlegene Gruppen und deren Erfahrungswelten. Wenn sich unsrige Normalität verschiebt, entsteht gleichwohl unweigerlich Streit. Denn ein Wertewandel ist meist an eine Umverteilung materieller Ressourcen geknüpft. Der Soziologe Norbert Elias hat dies qua Konflikt zwischen Etablierten und Außenseitern beschrieben: Die vereinigen sind da, die anderen kommen neu hinzu. Die Neuen werden misstrauisch betrachtet, qua eine Gefährdung jener gewohnten Lebensart wahrgenommen und stigmatisiert. Diese unsichere Gefühlswelt jener Etablierten transportieren Anti-Woke-Bücher. Es sind Feel-Good-Bücher zu Händen jene, die im Wertewandel um ihre Stellung im sozialen Statusgefüge bangen.
Source: faz.net