Kolumne: Gewerkschaften sind die wahren AfD-Verhinderer!
Viele Arbeiter haben am 1. September 2024 der AfD zur ihren Wahlerfolgen in Sachsen und Thüringen verholfen. In Thüringen machen sie die größte Wählergruppe aus und konnten sogar noch mal deutlich zulegen. Bei der diesjährigen Europawahl sah es ähnlich aus. Soziale Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung waren, laut Umfragen, wahlkampfentscheidende Themen. Statt diese Themen zu besetzen und zu diesen Fragen Lösungen zu finden, haben fast alle Parteien beim rassistischen Diskurs der AfD eingestimmt – und ihr damit Rückenwind verschafft.
Mitgliederzuwachs bei Gewerkschaften
Im Betrieb und auf persönlicher Ebene leisten Gewerkschaften beim Abwehrkampf gegen die AfD viel und sind mitverantwortlich dafür, dass die Wahlergebnisse nicht noch viel schlimmer ausgefallen sind. Sie verteidigen demokratische Mitbestimmung, laden zum Mitgestalten ein, zum Beispiel mit Betriebsratsarbeit. Gewerkschafter stellen sich oft gegen rechte Positionen und haben in den vergangenen Jahren die Folgen der Inflation abgefedert. Das schafft Vertrauen und unterscheidet sie von den meisten Politikern. So haben die meisten Gewerkschaften in den letzten Jahren wieder einen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen. Aber das reicht schon lange nicht mehr.
In wenigen Tagen startet die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie – mitten in einer drohenden Rezession. In die anstehende Tarifrunde für rund 3,9 Millionen Beschäftigte der deutschen Metall- und Elektroindustrie zieht die IG Metall mit einer Forderung nach sieben Prozent mehr Gehalt. Das wird eventuell zu wenig sein, um die Bürgergeld-Diskussion, die auch die IG Metall erlebt, im Keim zu ersticken. Die Arbeitgeber wiederum haben schon signalisiert, dass sie die Forderung zu hoch finden, und genau in diese Stimmung kommt jetzt die Nachricht, dass der größte Automobilhersteller Europas, Volkswagen, Werke schließen will. Das war absehbar: Die schwache Nachfrage nach Neuwagen führt zu immer größeren Problemen.
VW-Werk in Zwickau
In Zwickau ist die aktuelle Entwicklung bei VW schon längst da: Dort hängt nicht nur das Werk, sondern auch die Zulieferer in der Gegend an einem E-Auto-Modell, das sich nicht verkauft. Das wird eine zähe Tarifrunde, an deren Ende selbst beim Erfolg der Gewerkschaft keine längerfristige Lösung steht. Ängste und Spannungen werden also noch zunehmen, von denen aktuell vor allem Faschisten und andere Rechte profitieren. Was folgt daraus, dass das Auto keine Zukunft mehr hat?
Eine Lösung ist, dass die IG Metall endlich den Schritt nach vorne wagt und die sozial-ökologische Transformation offensiver mitgestaltet. Klimapolitik und Abstiegsängste dürfen nicht gegeneinanderstehen. Viele in der Gewerkschaft arbeiten bereits dazu, aber eine Gesamtstrategie steht noch aus, vielleicht auch, weil die Gewerkschaft sich dafür viel mehr mit ihrer scheinbar natürlichen Verbündeten SPD anlegen müsste. Das passiert noch nicht.
Tesla in Brandenburg
Dabei werden dort, wo aktuell re-industrialisiert wird, von der SPD nicht mal Tarifverträge zur Bedingung gemacht, wie bei Tesla in Brandenburg. Dass mit der Ampelregierung eine massive Aufrüstung umgesetzt wird, die das Argument, für Transformation sei kein Geld da, ad absurdum führt, müsste der nächste Konflikt sein.
Die IG Metall wurde am 1. September dieses Jahres 75 Jahre alt, an dem Tag, an dem die Faschisten in Deutschland zwei Wahlen gewonnen haben. Am 1. September 1949 musste sich die Gewerkschaft nach dem Nationalsozialismus neu erfinden. Damals wurde die Sozialpartnerschaft, ein ausgleichender Klassenkompromiss, geboren. Heute muss sich die IG Metall wieder neu erfinden, und zwar als Vorkämpferin einer sozial-ökologischen Transformation. Bestimmt gegen den Widerstand der Anleger. Aber für und vor allem mit den Beschäftigten.