Klingbeil verkehrt den Klimaschutz ins Gegenteil


Versucht zu tricksen: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

Foto: Carsten Koall/Getty Images


Die Regierung plant einen Rekordhaushalt und trotzdem reicht das Geld vorne und hinten nicht. Statt in die Zukunft zu investieren, betreibt sie Klientelpolitik. Jetzt plündert sie auch noch die Mittel für den Klimaschutz: Ein Kommentar


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Das geht sogar den Unionspolitikern zu weit: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) plant mit seinem Haushaltsentwurf für 2025, Strafzahlungen wegen unterlassenen Klimaschutzes ausgerechnet mit dem „Klima- und Transformationsfonds KTF“ zu bezahlen – jenem zentralen Finanzierungsinstrument, das doch eigentlich Mittel für gelingenden Klimaschutz bereitstellen soll. „Der Posten darf nicht in den KTF verschoben werden“, fordert beispielsweise CDU-Parteivize Andreas Jung. Und ist sich mit Bündnisgrünen oder Klimaschützern einig.

Es geht um den sogenannten Lastenausgleich der EU, eine Vereinbarung der 27 Mitgliedsstaaten, wer wie viel Treibhausgase einsparen muss, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Deutschland tut seit Jahren vor allem im Gebäude- und Verkehrsbereich zu wenig, und dieser Lastenausgleich sieht vor, dass die Sünder bezahlen müssen, wenn die Ziele verfehlt werden. Konkret geht es um Emissionszertifikate, die von jenen Staaten zur Verfügung gestellt werden können, die besonders viel für den Klimaschutz tun – ihr Soll also übererfüllen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es einen Anreiz gibt, das Ziel – minus 90 Prozent bis 2040 – auch tatsächlich zu erreichen.

Abgerechnet wird für die erste Hälfte dieses Jahrzehnts im Jahr 2028, für die zweite Hälfte 2033. Im Entwurf des Bundeshaushaltes 2025 sind dafür nun im „Klima- und Transformationsfonds“ null Euro eingestellt. Das ist kein Kunststück: Die Regierung hat mit dem seit 2021 gültigen „Bundesbrennstoffemissionshandelsgesetz“ über die Jahre genügend Zertifikate angespart, um das eigene Versagen im Gebäude- und Verkehrssektor zu kaschieren. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts sieht das aber anders aus: Nach Berechnungen des „Expertenrats für Klimafragen“ werden dann Zertifikate für 224 Millionen Tonnen Treibhausgase aus diesem Sektor notwendig.

Die Regierung Merz plant Rekordausgaben

Fachleute haben berechnet, dass dies Deutschland um die 20 Milliarden Euro kosten wird. Wenn Klingbeil mit seinem Buchungstrick durchkommt, stehen dann diese Milliarden für Investitionen in den Klimaschutz nicht mehr zur Verfügung. Statt technische Innovationen anzureizen, werden die Fehler der Vergangenheit finanziert. Das ist schuldenfinanzierte Politik von vorgestern, die verhindert werden muss.

Der Plan Klingbeils ist ein weiterer Beleg dafür, wie diese Regierung den „Klima- und Transformationsfond“ plündert: Der Bundeshaushalt 2025 sieht Ausgaben in Höhe von rund 503 Milliarden Euro vor. Das sind, abgesehen vom Pandemiejahr 2021, so viele Mittel wie noch nie. Vor zehn Jahren lagen die Ausgaben noch bei 300 Milliarden. Zudem kommt heute noch das Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ mit weiteren 500 Milliarden Euro dazu. Und tatsächlich werden Ausgaben aus dem Kernhaushalt in den KTF oder das Sondervermögen ausgelagert, wie die Beispiele belegen.

„Wir leben über unsere Verhältnisse“, hatte Kanzler Friedrich Merz (CDU) erklärt, und gleich mal einen kräftigen Schluck aus der Pulle „Zukunft“ genommen: Seine Regierung hat die Gasspeicherumlage abgeschafft. Wer im Winter seinen Haushalt mit Erdgas beheizt, bezahlte bislang dafür, dass die Erdgasspeicher bevorratet werden. Nun kommt das Geld aus dem Bundeshaushalt – konkret aus dem KTF: 3,4 Milliarden Euro jährlich. Bezahlen müssen damit auch die, die ihre Wohnung gar nicht mit fossilem Erdgas beheizen, sondern beispielsweise auf eine klimafreundliche Wärmepumpe umgestiegen sind.

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine schuf die Ampelregierung eiligst eine Infrastruktur für Flüssig-Erdgas, englisch „Liquefied Natural Gas“ LNG. Um es herzustellen, wird sehr viel Energie benötigt, denn das geförderte Erdgas muss auf unter Minus 161 Grad Celsius abgekühlt werden. Dadurch wechselt das Gas den Aggregatzustand, dieselbe Energiemenge braucht dann nur ein Sechshundertstel so viel Platz, der Schiffstransport rentiert sich. Allerdings ist diese Energie dadurch in etwa genauso klimaschädlich wie die Kohle. Bislang wurden die deutschen LNG-Terminals, jene Häfen, an denen die Schiffe anlanden, aus dem Haushalt finanziert werden. Künftig aber sollen sie aus dem neuen Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ finanziert werden.

Geschenke für die Konzerne

An diesem Mittwoch nun hat die Regierung die Netzbetreiber gepimpert, das Bundeskabinett wird ihnen im kommenden Jahr 6,5 Milliarden Euro überweisen. Auch dieses Geld kommt nicht aus dem Haushalt, auch dieses Geld kommt aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ – steht damit also nicht für den Kampf gegen die Klimakrise zur Verfügung. Ziel ist es, dass die vier Monopolisten Transnet, Tennet, Amprion und 50Hertz ihre Netzentgelte senken – um eben diesen Betrag. Ob sie das dann tatsächlich tun und wie das überprüft werden soll, ist unklar.

Vielleicht liegt das Dilemma daran, dass die Mittel für Klimaschutz im neuen Bundeshaushalt gar nicht Klimaschutzminister Carsten Schneider (SPD) unterstellt sind: Die Ausgaben sind laut Entwurf im Einzelplan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eingeplant. Das untersteht der CDU-Politikerin Katherina Reiche (CDU), die vor vier Monaten noch Managerin eines Fossilkonzerns war. Dass diese Regierung weitere Mittel, die eigentlich dem Klimaschutz dienen sollen, zweckentfremden will, zeigt jedenfalls, wie Ernst ihr Zukunftsinvestitionen in den Klimaschutz sind: Es kümmert sie einen feuchten Kehricht.